Duisburg. Ab sofort sind Octeo-Sicherheitsmitarbeiter in Duisburg bewaffnet. Was sie im „Schlagstock-Seminar“ lernen und wie sie die Waffe künftig anwenden.
„Was ist das für ’ne Scheiße!“, brüllt der Fahrgast und marschiert schnurstracks auf Dennis zu. Das laute „Stopp!“ aus Dennis‘ Mund interessiert ihn kein bisschen, also greift der Octeo-Sicherheitsmitarbeiter an seinen Gürtel. Ein Schwung aus dem Handgelenk und der Abwehrstock, im Beamtendeutsch EKA (Einsatzstock kurz, ausziehbar), fährt bedrohlich klickend aus. Auch das juckt den aggressiven Fahrgast nicht im Geringsten, also zielt Dennis auf den Oberarm, schlägt mit Wucht zu – und trifft das Schlagpolster am Arm des Fahrgastes. Alles nur eine Übung, zum Glück.
Aber auch ein Szenario, dass für die Sicherheitsmitarbeiter der Duisburger Stadttochter Octeo alltäglich ist, leider. Die Frauen und Männer sorgen für Sicherheit in den Bussen und Bahnen, dabei werden sie oft selbst zur Zielscheibe. Zu oft, hat Octeo festgestellt, und rüstet seine Mitarbeiter nun mit Abwehrstöcken, im Volksmund Teleskopschlagstock, aus. Eine gefährliche Waffe in den falschen Händen, deswegen lernt das Octeo-Personal in einem viertägigen Seminar bei der AAWID GmbH in Hamborn, wie man den Stock richtig einsetzt.
DVG-Sicherheitsmitarbeiter: „Fühle mich besser mit Schlagstock“
Im besten Falle reicht natürlich der bloße Anblick der Hiebwaffe, damit es sich der Aggressor anders überlegt. „Es ist schon ziemlich eindrucksvoll, wenn der Stock ausfährt“, sagt auch Dennis in einer kleinen Pause. Als Schichtführer patrouilliert er mit seinen Kollegen am Hauptbahnhof, brenzlige Situationen sind für ihn beinahe Alltag. „Das Seminar ist anstrengend“, gibt er zu, „aber sehr wertvoll. Die Griffe, die Maßnahmen, die wir hier lernen, sind sehr hilfreich für unsere Arbeit. Und ich fühle mich schon besser, wenn ich in Zukunft den Abwehrstock dabei habe.“
Trotzdem, das betont Dennis, wird der Teleskopschlagstock das allerletzte Mittel bleiben. „Wir ziehen ihn nur, wenn unser Gegenüber eine Waffe in der Hand hat“, erklärt der Octeo-Mitarbeiter, „und wir haben jährliche Lehrgänge, damit wir im Training bleiben.“
Wieso der „Hochzeitsgriff“ so weh tut
Und damit das allerletzte Mittel nicht das Einzige im Arsenal der Octeo-Mitarbeiter ist, lernen die Sicherheitsleute im Seminar auch, wie sie gegen aggressive Menschen ganz ohne Stock auskommen – zum Beispiel mit dem „Hochzeitsgriff“. Der klingt niedlich, tut aber richtig weh. Seinen Namen trägt er, weil er eigentlich ganz elegant aussieht, eben wie ein Brauvater, der seine Tochter zum Altar führt. Weil aber die Handfläche nach vorne abgeknickt und der Ellbogen am Körper festgeklemmt wird, zwiebelt er richtig.
Im Dreierteam lernen die Octeo-Mitarbeiter außerdem, wie sie störrische Fahrgäste mit ihren neuen Handschellen in Gewahrsam nehmen können. Man kann gar nicht so schnell schauen, wie der Aggressor auf dem Boden liegt, die Hände hinter dem Rücken. „Gesichert!“, rufen sich die Sicherheitsexperten zu, und dann im Kommandoton: „Auf die Knie, Aufstehen!“ Läuft schon ziemlich rund, aber was, wenn der Störenfried nicht so kooperativ ist wie der Kollege, der heute als Trainingspuppe herhalten muss?
Gefährliche Waffe: Mit dem Schlagstock darf nicht überall zugeschlagen werden
Auch dafür gibt es eine Lösung, der dritte Octeo-Sicherheitsmann wirft sich einfach flach auf die Beine des Übeltäters – da ist nichts mehr mit Widerstand. Sogar den Faustkampf übt die Gruppe, und wie man mit dem Teleskopschlagstock Angriffe mit Schlagwaffen blockt, wie man Angreifer abwehrt, die sich für ganz clever halten und den Abwehrstock greifen, und, und, und.
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Sehr beruhigend ist es allerdings, wie besonnen die Frauen und Männer mit der gefährlichen Hiebwaffe umgehen. Das kommt nicht von ungefähr, bevor die Sicherheitskräfte an diesem Tag überhaupt mit dem Stock trainieren durften, gab es erstmal drei Tage Theorie. Die braucht es auch. Der Trainer tippt nur ganz leicht mit dem Stock gegen ein Teilnehmerbein, diesmal ungeschützt, ohne Schlagkissen – man mag sich lieber nicht vorstellen, wie es sich anfühlt, wäre dieser Schlag mit voller Wucht gekommen. „Deswegen“, betont er nochmal, „nur auf den Oberarm, Unterarm, Oberschenkel, Unterschenkel. Alles andere ist tabu!“