Duisburg. Viele Abiturienten bekommen nicht ihre Wunschfächer – die Gründe. Die Stadt fordert: Ministerium soll den Weg für diese Lösung jetzt frei machen.

Die Bilder der Abiturfeiern zeigen deutlich die Unterschiede: Während bei vielen Gymnasien sowie der Leibniz-Gesamtschule in Duisburg die stolzen Abiturienten in ihren schicken Klamotten kaum aufs Foto passen, weil es überwiegend mehr als 100 Absolventen sind, liegen einige Gymnasien und die meisten Gesamtschulen deutlich darunter.

Jahrgangsstufen mit nicht mal 50 Abiturienten: Wie kann da die Vielfalt bei der Kurswahl hergestellt werden? Müssen Eltern schon in der Grundschule überlegen, welche Schule ideal ist, weil ihr Kind später mit einem Sport-LK besser durchs Abi kommen könnte oder mit Alt-Griechisch? Hinter vorgehaltener Hand sagen manche Schulleiter, dass sie um jeden Oberstufenschüler kämpfen und dass sich manche Standorte geradezu gegenseitig kannibalisieren.

Oberstufenzentren: Schulträger hält sie für „zwingend erforderlich“

Das Amt für schulische Bildung hält deshalb die Gründung von Oberstufenzentren in Duisburg für „zwingend erforderlich“, schreibt Stadtsprecher Max Böttner, fordere das regelmäßig in Düsseldorf ein. Als Oberstufenzentrum gilt ein Standort, an dem mindestens zwei Schulen, die ein Sekundarstufe-II-Angebot haben, gemeinsam eine Oberstufe von Jahrgangsstufe 11 bis 13 nutzen, also von EF bis Q2.

In der Leibniz-Gesamtschule haben sich einige Abiturjahrgänge verewigt.
In der Leibniz-Gesamtschule haben sich einige Abiturjahrgänge verewigt. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

In Rheinhausen etwa wäre wegen der räumlichen Nähe eine Kooperation von Green-, Lise-Meitner- und Heinrich-Heine-Gesamtschule sowie dem Krupp-Gymnasium sinnvoll. Im Norden sind Theodor-König- und Leibniz-Gesamtschule sowie das Abtei-Gymnasium quasi Nachbarn. In Meiderich könnten das Max-Planck-Gymnasium und die Gesamtschule Meiderich zusammenarbeiten.

Vorteile wären vielfältigere und planungssichere Leistungskurse und eine effizientere Nutzung von Schulraum, schreibt Böttner. Aus Schulträgersicht ergeben sich außerdem Synergieeffekte zwischen den Herkunftsschulen. Das Schulgesetz sieht solche Zentren allerdings nicht vor, die Bezirksregierung und das Schulministerium sehen darin keine Option und blocken die Bitten aus Duisburg ab.

Bezirksregierung: Intensivere Kooperation bei Grund- und Leistungskursen

Um Schülern eine größere Auswahl an Grund- und Leistungskursen zu gewährleisten, könne man bei Leistungskursen kooperieren, schreibt eine Sprecherin der Bezirksregierung. In Duisburg hat das schon seit Jahren Tradition, hier arbeiten die Innenstadt-Gymnasien, die Gesamtschulen Mitte und Meiderich sowie das MPG zusammen.

Für Dr. Wibke Harnischmacher, Schulleiterin des Mercator-Gymnasiums, hat die Kooperation mit den anderen Schulen eine „qualitätssichernde Wirkung“. Sie empfinde den Austausch als bereichernd, es sei „ein gutes Miteinander unter den sechs Schulleitungen und Oberstufen-Koordinatoren“.

Anders sieht das Nicole Schlette. Die Schulleiterin der Green-Gesamtschule kann in diesem Jahr erstmals Abiturzeugnisse verleihen. Bewusst verzichtete sie dafür auf Kooperationen. Der Unterrichtsstil ihrer Schule, die auf kooperatives Lernen setzt, ist anders als an anderen Schulen. Das würde nicht gut zusammen passen, glaubt sie.

Schulleiterin Nicole Schlette von der Green-Gesamtschule in Duisburg verzichtet bislang auf Kooperationen in den Abitur-Jahrgängen.
Schulleiterin Nicole Schlette von der Green-Gesamtschule in Duisburg verzichtet bislang auf Kooperationen in den Abitur-Jahrgängen. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Fabian Theiß von der Globus-Gesamtschule hält Kooperationen grundsätzlich für sinnvoll. Einfach sei das aber nicht: „Wir haben Schüler, die eine enge Betreuung brauchen.“

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„Aus 15 gymnasialen Empfehlungen über 70 Abiturienten“

Bernd Beckmann, Schulformsprecher der Gesamtschulen, ist bei dem Thema ambivalent: Für Gesamtschulen sei es wichtig, dass die Kinder, die in der Regel nicht mit einer gymnasialen Empfehlung an die Schule kommen, sich entwickeln und bis zum Abitur durchmarschieren. An der Gesamtschule Meiderich etwa „haben wir aus 15 Gymnasialen Empfehlungen über 70 Abiturienten geformt“, sagt er stolz. Aber rein quantitativ sei die Ausstattung bei so wenig Schülern schlechter, die Wahlmöglichkeit bei den Kursen geringer.

Schulformsprecher Bernd Beckmann, Schulleiter der Gesamtschule Meiderich, findet es wichtig, dass Gesamtschulen ihre Schüler zum Abitur bringen können.
Schulformsprecher Bernd Beckmann, Schulleiter der Gesamtschule Meiderich, findet es wichtig, dass Gesamtschulen ihre Schüler zum Abitur bringen können. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Eingeschränkt wird die Kurswahl auch durch den Wechsel von G8 auf G9: Nur am Mercator-Gymnasium als Bündelungsschule wird es 2026 Abiturprüfungen geben, alle anderen Gymnasien haben 2026 keinen Abiturjahrgang. Gemeinsame Leistungskurse können in diesem Jahr also nur mit den Gesamtschulen stattfinden.

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  • Für die Erprobungsstufe einer Oberstufe (Jahrgangsstufe 11) muss ein Gymnasium oder eine Gesamtschule mindestens 42 Schülerinnen und Schüler vorweisen können. Unerheblich ist, wieviele von ihnen bis zum Abitur kommen.
  • Im April legte die Stadtverwaltung die amtliche Schulstatistik vor. Demnach waren im aktuellen Schuljahr in Jahrgangsstufe 13 die meisten Schüler am Landfermann- (129) und am Mannesmann-Gymnasium (126).
  • Die kleinsten Abitur-Jahrgänge sind demnach an den Gesamtschulen Heinrich-Heine (40), Aletta-Haniel (41) und Globus (43).

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