Duisburg-Friemersheim. Werden Wohnhäuser im historischen Dorf Friemersheim gebaut? Davor hatten sich Bewohner lange gefürchtet. Jetzt ist ein neuer Plan beschlossen.
Kleine hellrote Flächen auf einer riesigen Skizze, die das Stadtgebiet Duisburgs zeigt, hatten große Sorgen bei den Bewohnern des Dorfes Friemersheim ausgelöst. Der Flächennutzungsplan aus 2023 sah vor, eine Ackerfläche, Obstwiese und Teile des Dorfgebiets in Wohnbaufläche zu verwandeln. Neue Häuser im historischen Dorf – ein Albtraum für viele Bürger.
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Doch nun dürfte sich das Schreckgespenst verabschiedet haben. In seiner jüngsten Sitzung hat der Rat der Stadt einen neuen Entwurf des Flächennutzungsplans beschlossen. Darin sind die drei besagten hellroten Flächen anders gefärbt, und zwar gelb, dunkelrot und grün. Heißt: Die Orte im alten Dorf werden wohl doch nicht für den Wohnungsbau eingeplant.
„Wohnen am Kruppsee“: In Friemersheim hätten 120 Wohneinheiten entstehen können
Insgesamt fünf Hektar groß sind die Gebiete in Friemersheim, die die Stadt im ersten Entwurf neuerdings als Wohnbaufläche ausgewiesen hatte. Darauf hätten 120 Wohneinheiten entstehen können, „Wohnen am Kruppsee“ hieß das Projekt. Dafür hätte eine Ackerfläche zwischen Dahling-, Wilhelm- und Ackerstraße neben der Dahlingschule herhalten müssen.
Als Gebiet für den Wohnbau war plötzlich auch eine Obstbaumwiese im Dorf eingeplant, genauso wie ein Teil des Dorfgebiets zwischen Dahling- und Friemersheimer Straße, der bislang nicht nur zum Wohnen, sondern auch gewerblich, land- und forstwirtschaftlich genutzt wird.
Wohnbauflächen in Friemersheim doch zurückgenommen: Das sind die Gründe
Im neuen Entwurf hat die Stadt die Ausweisung der drei Wohnbauflächen aber wieder zurückgenommen. Das Gebiet sei zwar strukturell gut als Wohnraum geeignet, weil sich der Versorgungsbereich Friemersheim sowie Betreuungs- und Bildungseinrichtungen in der Nähe befinden, heißt es in der Begründung.
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Umweltbelange hätten jedoch überwogen: „Eine Nutzung der Fläche zu Wohnzwecken führt zu einer insgesamt erheblichen Konfliktintensität mit den Umweltschutzgütern insbesondere aufgrund des hohen Freiraumverbrauchs sowie der Inanspruchnahme von naturnahen und landwirtschaftlich genutzten Böden.“
Lokalpolitiker: „Das Dorf wird jetzt erst mal in Ruhe gelassen“
Über die verworfenen Wohnpläne freuen sich viele Dorfbewohner, zum Beispiel Klaus Mönnicks, CDU-Lokalpolitiker und Ur-Friemersheimer: „Ich bin glücklich, dass das Dorf unverändert und der dörfliche Charakter so erhalten bleibt.“
Das Dorf zeichne sich durch die Idylle, das Rheinvorland und die umliegenden Wiesen aus. Eine räumliche Abgrenzung zu umliegenden Siedlungen sei den Bewohnern wichtig – und die werde es nun weiterhin geben, „denn mit dem neuen Entwurf wird das Dorf jetzt erst mal in Ruhe gelassen“.
Mönnicks habe viele Abende mit dem Dorfrat verbracht, um zu überlegen, wie die Pläne für das Gebiet verhindert werden können. Der Aufwand habe sich gelohnt: „Die Änderungen sind ein Erfolg, den sich der Dorfrat auf sein Papier schreiben kann.“
Widerstand gegen den Flächennutzungsplan: Dorfrat schreibt Stellungnahme
Tatsächlich können sich die Friemersheimer für die Rücknahme der Wohnbauflächen teils auch selber auf die Schultern klopfen. Als die Stadt den ersten Entwurf im Herbst 2023 öffentlich auslegte, konnten Bürger eigene Stellungnahmen einreichen.
Rund 530 Schreiben hätten die Stadt erreicht, „allein 260 Stellungnahmen betreffen die Wohnbauentwicklungsflächen, vor allem die geplanten Siedlungserweiterungen in den Bezirken Rheinhausen und Süd“, heißt es in der Beschlussvorlage für den Rat.
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Auch die Mitglieder des Dorfrats Friemersheim äußerten ihren Unmut in einem ausführlichen Schreiben. „Wir waren fast wöchentlich über einen Zeitraum von über drei Monaten mit diesem Thema beschäftigt“, sagt Jörg Wefels stellvertretend für den Dorfrat. Am Ende hätten 300 Anwohner die Stellungnahme unterschrieben.
Darin kritisierte der Dorfrat zum Beispiel, dass Wohnbauflächen eine gewerbliche Nutzung erschweren. Die Gewerbe, die rund um die Friemersheimer Straße ansässig sind, seien in Gefahr, hieß es: „Dadurch verlieren alle bestehenden Betriebe ihre historische Existenzberechtigung und es gibt kein Dorfleben mehr.“
Auch die Obstwiese könnte durch Neubauten „für alle Zeiten verloren“ gehen, obwohl sie Besucher „täglich als besonders wertvoll und sehenswert“ empfinden würden.
„Luxus-Wohnraum für Wohlbetuchte“: Friemersheimer wollen Ackerfläche erhalten
Besonders aber störten sich die Bewohner am geplanten Wohngebiet auf der Ackerfläche nahe der Dahlingschule. Die Fläche werde von Bauern aus dem Dorf bewirtschaftet und sei „hochwertiges Ackerland, eine Ressource, die uns in immer größerem Umfang verloren geht“, erklärt Jörg Wefels. Zudem stehe sie teilweise unter Naturschutz.
Wefels und die anderen Mitglieder des Dorfrates wüssten, dass der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum in der Stadt groß ist. An der Ackerfläche „würde aber wohl eher Luxus-Wohnraum für Wohlbetuchte geschaffen, das zeigt der Titel ‚Wohnen am See‘ ja schon deutlich“, findet er.
Nun seien die Bewohner beruhigt, dass das Dorf wohl erst einmal so bleibt, wie es ist. Der Dorfrat wolle sich mit der örtlichen Politik darum bemühen, den geschützten Status auch in Bebauungsplänen festzuschreiben. Jörg Wefels sagt: „Wir müssen wie in der Vergangenheit weiter wachsam sein, wenn wir unser Dorf erhalten wollen.“
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>> Darum nimmt die Stadt Duisburg sechs Wohnbauflächen zurück
- Im Vergleich zum ersten Entwurf des Flächennutzungsplans hat die Stadt Duisburg sechs Wohnbauflächen zurückgenommen, unter anderem in Friemersheim und Bergheim. Damit gehen rund 20 Hektar Wohnbaufläche verloren.
- Trotzdem könne der rechnerische Bedarf an Wohneinheiten bis 2034 zu etwa 98 Prozent gedeckt werden, falls alle verbleibenden Wohnbauflächen entwickelt werden, erklärt die Verwaltung in der Beschlussvorlage für den Rat.
- Die Stadt habe erneut geprüft, welche Gebiete sich „in Verbindung mit den zu erwartenden Umweltauswirkungen“ als Wohnbauflächen eignen und welche zurückgenommen werden können. Aus den Stellungnahmen sei nämlich ersichtlich geworden, „dass insbesondere Anwohner*innen bauliche Veränderungen in ihrer Nachbarschaft grundsätzlich ablehnen“.
- Die besagten sechs Flächen hätten zurückgenommen werden können, weil für sie „eine vergleichsweise geringe Wohndichte vorgesehen war“. Projekte mit einer hohen Wohndichte wie 6-Seen-Wedau und die Duisburger Dünen würden hingegen dazu beitragen, den Bedarf zu decken.