Duisburg-Marxloh. Beim Marxloher Kinder- und Jugendgipfel tauschten sich Duisburgs Grüne mit Vereinen, Verbänden und Schulen aus. Was die Teilnehmer jetzt fordern.
Die Corona-Krise trifft alle Duisburger, aber nicht alle gleichermaßen. Insbesondere im armen Norden verschlimmert die Pandemie lange bestehende Probleme. Handlungsbedarf sehen die Grünen vor allem bei der Jugend. Daher haben sie jetzt den digitalen Marxloher Kinder- und Jugendgipfel einberufen, um mit Betroffenen über die aktuelle Situation zu diskutieren und nachzuhören, welche Unterstützung notwendig ist. Zwar blieb die Jugend diesem Format am Donnerstagabend, 20. Mai, fern, doch unter den 30 Teilnehmern waren viele Fachleute, die tagtäglich mit Kindern und Jugendlichen arbeiten.
So waren neben Schulleitern, Lehrern und Eltern etwa der Jugendring, der Flüchtlingsrat, die Lebenshilfe, die Psychiatrische Hilfsgemeinschaft, der Runde Tisch Marxloh und Kulturschaffende vertreten. Schnell zeigte sich jedoch, dass kaum ein Problem unbekannt war.
Wie Sozialarbeiter in Duisburg überforderten Familien helfen „In der Problemanalyse sind wir uns alle einig“, betonte der Marxloher Ratsherr Ralf Buchthal am Ende der rund zweistündigen Online-Veranstaltung und schloss darin nicht nur die Teilnehmer ein, sondern auch andere politische Parteien. So sind in der Krise derzeit alle Familien stark belastet, wie die Ergebnisse zeigen, doch gerade in Stadtteilen wie Marxloh steigt die häusliche Gewalt, die Nachfrage an psychiatrischen Therapieplätzen und ganze Schuljahre gehen an Schülern vorbei. „Den Kindern und Jugendlichen geht es schlecht, sie rasten aus, weil sie mit der Situation nicht zurecht kommen“, so Ratsfrau Anja Jungermann.
Anderer Umgang mit Fördergeldern in Duisburg soll Projekte nachhaltiger machen
Dass etwa außerschulische Bildungs- und Freizeitangebote helfen können, schilderte der Kinderliedermacher Marc Oliver Höh, der als Buddy Ollie seit mehreren Jahren etwa das Schrottorchester oder inklusive Feriencamps anbietet. Solche Projekte stehen und fallen mit Fördergeldern und sind daher meist auf ein Jahr begrenzt. Weil er in Marxloh zuletzt Kinder „von der Pupswindel bis zur zweiten Klasse“ begleitete, wisse er, wie wichtig Nachhaltigkeit bei solchen Projekten sei.
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„Duisburg ist ein Globalisierungsverlierer“, begründete Christina Wieda (Grüne), weshalb die einstige Montanstadt von Fördergeldern abhängig bleiben werde. Sie forderte einen anderen Umgang mit Fördergeldern, diese müssen demnach in Duisburg besser koordiniert und Projekte untereinander vernetzt sowie strategisch gedacht werden. Zwar gebe es städtische Koordinierungsstellen, sie seien aber völlig überlastet. Vielmehr brauche es dafür eine Stabsstelle an der Rathausspitze. So will der Gipfel erreichen, dass künftig deutlich weniger Geld in Marxloh versickert, ohne dass den Menschen effektiv und nachhaltig geholfen wird.
Wie Jugendzentren in Duisburg Kindern während Corona helfen Bei der Wirksamkeit und Vernetzung von Projekten setzt auch der SPD-Antrag an, mit dem Marxloh als sogenannter Ankunftsstadtteil anerkannt werden soll. Darin findet sich außerdem ein weiteres Ergebnis des grünen Jugendgipfels: dass die Schulen bei Ausstattung und Personal besonders gut sein müssen. So soll einerseits Bildungsgerechtigkeit hergestellt werden. Andererseits ist die Schule der zentrale Ort, wo man Kinder, Jugendliche und deren Eltern niederschwellig erreicht. So sind dann auch die Erwartungen an den künftigen Campus Marxloh entsprechend hoch.
Angebote für Kinder und Jugendliche aufrechterhalten und verstetigen
„Die Angebote für Kinder und Jugendliche müssen aufrecht erhalten, verstetigt und deutlich niederschwelliger werden“, benennt Bürgermeister Sebastian Ritter ein Hauptergebnis des Diskussionsabends und verspricht, die Probleme, aber auch Lösungsvorschläge in politischen Gremien anzusprechen. Damit sollen Hilfen auch im Kleinen und ganz konkret spürbar werden – etwa durch mehr Sozialarbeiter in den Wohnvierteln.
Während die Grünen bereits über eine Neuauflage nachdenken, zieht der Liedermacher Buddy Ollie eine positive Bilanz: „Ich freue mich über gute Perspektiven für die Kinder in Marxloh.“
>> MEHR MIT DEN DUISBURGERN SPRECHEN ALS ÜBER SIE
● Zwar ging es beim Gipfel vor allem um konkrete Unterstützung vor Ort, doch Felix Banaszak, der Landesvorsitzende aus Duisburg, betonte ein großes Missverhältnis auf Bundesebene. Er missbilligte, dass die Regierung in der Corona-Krise deutschlandweit nur zwei Milliarden Euro für Kinder und Jugendliche bereitstellte, während sie die Lufthansa mit neun Milliarden Euro rettete.
● Bürgermeister Sebastian Ritter plädierte dafür, in der Politik mehr mit als über die Menschen zu sprechen. Mit Blick auf die Kommunalwahl 2020 sagt er: „Wenn gut 60 Prozent nicht zur Wahl gehen, haben wir ein riesiges Demokratieproblem.“