Duisburg-Rheinhausen. Die Freundschaft zwischen NRW und Großbritannien besteht seit 75 Jahren. Im Krupp-Gymnasium in Rheinhausen gab es nun eine besondere Würdigung.

Freundschaft ist etwas Wunderbares. Wenn diese Verbindung offiziell „Freundship“ heißt, dann wird es interessant. Am Dienstag wurde die 75-jährige Freundschaft zwischen NRW und Großbritannien feierlich in der Aula des Krupp-Gymnasiums in Rheinhausen gewürdigt. Normalerweise werden diese Festakte, genau wie die Veranstaltungsreihe „Europa erlesen“, in der diese Feier verankert ist, in Düsseldorf in der Staatskanzlei gefeiert.

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Doch da der eingeladene Autor Steve Tasane ist und ein Jugendbuch über einen unbegleiteten Flüchtlingsjungen und sein Leben im Camp geschrieben hat, hätte der Ort außerhalb der häuslichen Politikwände nicht besser gewählt sein können. Schließlich ist das Krupp-Gymnasium Europaschule und bietet vielen Flüchtlings- und Migrantenkindern eine intellektuelle Ausbildung und damit Chancen auf eine schöne Zukunft. Beinahe staatstragend mutete die Aula an, geschmückt mit großen Fahnen, professioneller Audioanlage samt Simultanübersetzerin und richtiger internationaler Prominenz.

NRW und Großbritannien: Länderübergreifende Verbundenheit

Dr. Stephan Holthoff-Pförtner, Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, kritisierte in seiner Eingangsrede die vielleicht etwas missglückte Wortschöpfung „Freundship“ als Symbol der länderübergreifenden Verbundenheit, nicht aber deren tiefe Bedeutung. Denn nichtsdestotrotz saßen auch nach 75 Jahren, nach einer gemeinsamen Europa-Erfahrung, einem gemeinsam durchlebten Brexit und vielen anderen gemeisterten Hürden nach wie vor Deutsche Schüler des Krupp- und des Mannesmann-Gymnasiums gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen der englischen St. George´s School einträchtig nebeneinander, um gemeinsam den Autor kennenzulernen, dessen Buch sie alle entweder auf Deutsch oder auf Englisch gelesen hatten.

Der britische Autor Steve Tasane war zu Gast im Krupp-Gymnasium in Duisburg-Rheinhausen. Dort las er aus seinem Werk „Der Junge ohne Name“.
Der britische Autor Steve Tasane war zu Gast im Krupp-Gymnasium in Duisburg-Rheinhausen. Dort las er aus seinem Werk „Der Junge ohne Name“. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Das ist ein schöner Freundschaftsbeweis, egal, welches Wort man dafür hat. Die englischen Gäste trugen ihre Schuluniformen, Steve Tasane eine schwarze Lederjacke und der Rest dunkle Anzüge. Während Minister Holthoff-Pförtner akkurat genormte Sprechkarten abarbeitete, musste sein englischer Botschaftskollege seine Rede aus dem Smartphone heraus improvisieren und das Auditorium verzieh ihm auch das zwischenzeitliche Neueingeben des Passwortes. So sind eben alle verschieden und genau das macht Freundschaft aus.

Britischer Autor liest am Krupp-Gymnasium in Duisburg-Rheinhausen

Um Freundschaft geht es auch in Tasanes Buch, aus dem er einige Passagen vortrug. Als leidenschaftlichen Poetry-Slammer hielt es den eigentlich recht schüchtern daherkommenden Engländer auch nicht wie bei einer klassischen Lesung brav auf seinem Stuhl, sondern er performte stehend, gehend, gestikulierend mit viel Leidenschaft und Herzblut einige Auszüge, die sowohl witzig als auch anrührend waren. „Der Junge ohne Namen“, oder im Englischen besser und sprachlich viel feiner akzentuiert, „Child I“, ist zehn Jahre alt und wurde von seinen Eltern allein auf den langen Fluchtweg in eine bessere Zukunft geschickt.

Ausgeraubt und komplett ohne Papiere strandet er in einem Flüchtlingsheim und hat nun nicht einmal mehr einen offiziellen Namen. Er bekommt von den Lageraufsehern lediglich den Buchstaben I als Identität. Gemeinsam mit seinen Freunden L, G und der etwas älteren V macht sich das Kind nun auf die Suche nach einer neuen Existenz, einer neuen Realität, in die er sich verankern kann. Die sowohl tragische Situation als auch der kindlich naive Optimismus, aus der Gegenwart das Beste zu machen und sich nicht unterkriegen zu lassen, machen die Faszination dieses Buches aus.

Rheinhauser Schüler kommen mit Autor ins Gespräch

Tasane nahm sich viel Zeit, die Fragen der Schüler nach einer möglichen Fortsetzung, nach den Hintergründen der einzelnen Charaktere und vieler anderer Details zu beantworten. Die Unterhaltung gestaltete sich komplett auf Englisch und wahrscheinlich hätte niemand eine Übersetzerin gebraucht, denn genau wie Freundschaft muss auch Kommunikation nicht immer perfekt sein. Nur ehrlich, offen und interessiert. Und wenn Großbritannien und NRW in den nächsten 75 Jahren so miteinander umgehen wie die Teilnehmer der Veranstaltung, dann hält die Freundschaft noch ganz lange.