Duisburg. Im Archivturm im Duisburger Innenhafen lagert auch Literarisches. Eine Ausstellung gibt Einblicke, im Begleitprogramm sind bekannte Namen.
Archiv, das klingt nach Akten, Akten, Akten, jedenfalls nicht nach „Poesie, Prosa und Protest“. Unter diesem Titel zeigt das Landesarchiv NRW am Innenhafen jetzt, dass es auch anderes hütet als dröge Schriften. Für die Ausstellung, das sich der literarischen Überlieferung in Archiv und Bibliothek widmet, und das umfangreiche Begleitprogramm hat sich das Landesarchiv mit der Stadtbibliothek und dem Duisburger Archiv für alternatives Schrifttum (AfaS) zusammen getan. Die Veranstaltungsreihe wartet mit bekannten Namen auf.
Die Ausstellung gibt einen Einblick in die Themen, zu denen es im Archiv Materialien gibt. Da gibt es Kriegstagebücher, Adelsnachlässen oder Briefe, wie sie ein Auswanderer geschrieben hat, der 1880 von das Schiff von Bremerhaven nach New York nimmt und seine ersten Eindrücke der Stadt am Hudson schildert, der „dreimal so breit wie der Rhein“ sei.
Der Staat als Zensor, der Staat als Literaturförderer
Weitere Themen sind die Vermittlung von Literatur, um Eingriffe des Staates, der Schriften als „jugendgefährdend“ verbieten konnte, oder Texte in Mundart, wie sie beim Karneval gepflegt wird. Und es geht um die Förderung von Literatur wie Fotografien von Schriftstellern zeigen, die aus NRW stammen oder mit Preisen ausgezeichnet worden sind. Darunter etwa Heinrich Böll, Paul Celan und Hilde Domin, sie erinnern an Hanns-Dieter Hüsch oder Lew Kopelew.
Die Exponate aus dem AfaS blicken zurück auf Proteste wie den der Frauen nach der Bundestagswahl 1980, bei der nur wenige weibliche Abgeordnete ins Parlament kamen, auch an einen „Mietstreik“ oder Texte aus der 1972 erschienenen Broschüre „Guten Morgen“ der Polit-Rockband „Ton Steine Scherben“.
Frank Goosen und ein Buch über Duisburger Kulturpolitik
Ein ganzes Bündel von Themen also, die sich auch im Begleitprogramm widerspiegeln. Es beginn am Freitag, 13. September, um 20 Uhr in der Zentralbibliothek, wo Jörg-Philipp Thomsa, der an der Uni Duisburg-Essen studiert hat und heute das Günter-Grass-Hauses in Lübeck leitet, seine Dissertation über die Kulturpolitik in Duisburg von 1945 bis 2005 vorstellt. Darüber, was in der „typischen Industrie- und Arbeiterstadt“ unterstützt oder vernachlässigt wurde, diskutiert er mit dem bekannten Schriftstelle Feridun Zaimoglu.
Mit dem Bochumer Frank Goosen, der am 7. November ebenfalls in der Zentralbibliothek aus seinem neuen Roman „Kein Wunder“ liest, der vor und nach der Wende 1989 in Berlin spielt, ist ebenfalls ein Ruhrgebietskenner zu Gast.
Poetry-Slam zu nordrhein-westfälischen Themen
Im Landesarchiv beginnt das Programm am 29. Oktober mit einer Poetry-Slam zu nordrhein-westfälischen Themen. Am 5. November folgt um 18 Uhr der Vortrag „Platt: Gehört Mundart ins Archiv?“ von Dr. Georg Cornelissen, am 12. November, 18 Uhr, werden Aletta Eßer (1934-1990), Schriftstellerin und Aktivistin aus Rheinhausen, sowie der Werkkreis Literatur der Arbeitswelt vorgestellt. Marion Bachmann liest Texte, Dr. Andreas Pilger vom Stadtarchiv, das den Nachlass der Autorin verwahrt, gibt eine biografische Einführung, und Michael Wiegand vom Dortmunder Fritz-Hüser-Instistut für Literatur und Kultur der Arbeitswelt beleuchtet den Werkkreis.
Von Heines „Wintermärchen“ bis hin zu Buchtipps von Christine Westermann
Um Heinrich Heine geht es am 19. November zunächst in einem Workshop zum 175-Jährigen von „Deutschland. Ein Wintermärchen“, abends um 18 Uhr dann im Vortrag „Jeder Vers ein Esel“ von Dr. Sabine Brenner-Wilczek vom Heine-Institut Düsseldorf um Ideenschmugel und Zensur.
Die Journalistin und Autorin Christine Westermann gibt am 26. November um 18 Uhr Buchtipps und erzählt von ihrer Arbeit als Literaturkritikerin. Am 3. Dezember folgt ein Abend mit dem Berliner Singer-Songwriter Max Prosa, und Bibliothekschef Dr. Jan-Pieter Barbian unternimmt am 10. Dezember einen Streifzug durchs Ruhrgebiet in Texten und Fotografien von der Weimarer Republik bis in die Gegenwart unter dem Titel „Vom ,Gigant an der Ruhr’ bis zur ,Wäldernacht’“.