Duisburg-Altstadt. Start-up-Viertel, historisches Quartier oder innenstadtnahes Wohnen im Grünen: Planungsbüros stellen Visionen für die Duisburger Altstadt vor.
Wie soll die Zukunft der Duisburger Altstadt aussehen? Diese Frage beschäftigt Politik, Stadtplaner und Duisburger seit vielen Jahren. Die beiden Büros „Pesch Partner Architekten “ und „Junker + Kruse Stadtforschung“ aus Dortmund haben nun drei Szenarien entworfen, was in dem Gebiet zwischen Innenhafen und Innenstadt aus ihrer Sicht denkbar wäre. Die Ideen sollen in einen neuen Rahmenplan einfließen, auf dessen Grundlage die Stadt Duisburg neue Fördergelder für die Altstadt beantragen möchte. Zwischen neuem „Central Park“ oder szenig-smartem Start-up-Viertel scheint viel denkbar.
In einer Online-Bürgerveranstaltung, zu der die Stadt eingeladen hatte, wurden die Ideen nun vorgestellt. Schnell war klar: Der Ort, der sich Altstadt nennt, ist für viele Auswärtige gar nicht als solche erkennbar, da dort vor allem Gebäude aus der Nachkriegszeit das Bild prägen.
Schwierige Rahmenbedingungen für Duisburger Quartier
Andreas Mayer, Leiter der Abteilung Stadtplanung bei „Junker+Kruse“, erklärt, wie sich die Altstadt für ihn und seine Kollegen präsentiert: „Der Einzelhandel ist kaum zukunftsfähig, der Hotelmarkt weitestgehend ausgereizt, Gastro ist an der dieser Stelle konzeptionell möglich.“ Der Bedarf nach hochwertigem Wohnraum sei hingegen weiterhin vorhanden und werde bei allen drei Konzepten bedient. Die öffentlichen Bildungs-, Beratungs- und Gesundheitseinrichtungen, die bereits jetzt in der Altstadt ihren Sitz haben, sollten miteinbezogen werden.
Ein weiteres Problem der Quartiers: Es ist umschlossen von der Steinschen Gasse, der Schwanen-, Plessing- und Unterstraße. Als Verbindung zum Innenhafen kennen viele den Bereich vor allem als Durchgangsort. Die Verkehrssituation soll bei der künftigen Umgestaltung ebenfalls geändert und eine größere Aufenthaltsqualität geschaffen werden.
Szenario 1: Auf den Spuren alter Zeiten in der Duisburger Altstadt
Die Stadtplaner verpacken ihre Visionen in hübsche „Erzählungen aus der Zukunft“. In diesem sind die fiktiven Duisburger Rita und Klaus mit Besuchern aus Bayern in der Altstadt unterwegs und zeigen ihnen das historische Herz der Stadt. „Neben trendigen Lokalen gibt es romantische Gassen an der Stadtmauer, gemütliche Plätze mit Flair und eine neue Hafenpromenade“, heißt es beispielsweise.
Die Duisburger Stadtmauer liest sich wie ein offenes Buch Die alte Struktur, die sich durch kleinteilige Gebäude, Gassen, Plätze und die historische Stadtmauer auszeichnete, würde reaktiviert. „Das Angebot wird durch kleine Handwerksbetriebe mit angeschlossenen Ladenlokalen ergänzt, die ursprünglich typisch für historische Innenstädte waren“, schlagen die Stadtentwickler vor. Über Münzstraße und Münzplatz könnte man über den neuen Boulevard Schwanenstraße zum Alten Markt schlendern. In den ruhigeren Straßen im westlichen Teil würde das Thema „innerstädtisches Wohnen“ eine größere Rolle spielen.
„Dieses Szenario zielt auf eine klassische Altstadt-Atmosphäre. Neue und alte Gassen, Straßen, Plätze sorgen als qualitätsvolle Stadträume für Charme und Individualität. Für Frequenz und Belebung sorgt ein bewährtes Nutzungsprofil aus Klein- und Gastgewerbe, Gastronomie, Tourismus, Freizeitangeboten und Wohnen. Rathaus und neues Stadthaus setzen wichtige Akzente im neuen und alten Herz der Stadt“, denken die Stadtplaner voraus.
Umgekehrt würde dieser Plan aber auch bedeuten, dass die ehemaligen Kaufhäuser wahrscheinlich weichen müssten, um großflächig Platz zu schaffen.
Szenario 2: Ein Ort zum Durchatmen: Grünes Wohnen am Duisburger Innenhafen
Die Geschichte aus der Zukunft für dieses Szenario handelt von Fabian, Astrid, der kleinen Emma und Leon, die auf der Suche nach einer neuen Stadtwohnung sind. Im grünen Innenhof können die Kinder prima spielen, die Wohnung liegt im Grünen und doch mitten in der City. „Die Nachbarschaft trifft sich im Quartierspark am Wasser, eingekauft wird um die Ecke. Die Grundschule im Central Park liegt mitten im Viertel und bringt mit Bäumen, Gärten und Wiesen frischen Wind auch im Sommer.“
Die heute baulich stark verdichteten, nicht mehr benötigten Blockinnenhöfe sollen entkernt und zurückgebaut werden. „Die Altstadt wird so zu einem grünen Wohnstandort am Innenhafen.“ Den Planern schweben „attraktive Hochbauten“ vor, die für ein positives Image der Innenstadt als Wohnstandort für Duisburg sorgen sollen. „Grüne Block-Innenbereiche, Parks und baumbestandene Straßenzüge schaffen ein familienfreundliches Wohnumfeld und sorgen für ein angenehmes Stadtklima.“
Das Szenario entspreche auch dem „entspannten“ Investitionsklima in der Innenstadt und bilde keine Konkurrenz zu den anderen Wohnbauentwicklungsflächen in Duisburg. „In der Altstadt wird für eine maßvolle Entwicklung mit Rückbau einiger nicht mehr benötigter und wenig zukunftsfähiger Strukturen gesorgt, die Münzstraße wird zum Stadtteilzentrum, der Hafen zum Erholungsbereich für das Quartier und die Stadt.“
Begrünung der Straßenräume innerhalb der Altstadt wären denkbar sowie die Aufwertung der umgebenden Straßen durch Alleen und Grünflächen. Quartiersgaragen an den Rändern ermöglichen eine Verkehrsberuhigung im Quartier.
Szenario 3: Neues Leben hinter alten Fassaden – die Altstadt als Zukunftslabor
Dieser Zukunftsvision zufolge fährt Klaas mit dem Wassertaxi aus Alt-Homberg zu seinem Start-up, das er gemeinsam mit Joko gegründet hat. Ihr Büroloft liegt im Obergeschoss des neuen Gründerzentrums im ehemaligen C&A-Gebäude. Sie vertreiben dort erfolgreich Mini-Gärten für den Anbau von Lebensmitteln in Stadtwohnungen. Sie fühlen sich in dem hippen Szeneviertel wohl, sind digital mit den umgebenden Betrieben, Ideenschmieden und den Bewohnern des Quartiers vernetzt. Das Viertel ist weit über Duisburgs Grenzen hinaus bekannt und ziehe Menschen mit neuen und mutigen Ideen „magisch an“, so der märchenhaft-visionäre Wunsch.
In die alten riesigen C&A-, Unipolster- oder Knüllermarkt-Gebäude könnten Co-Working-Flächen, Forschungseinrichtungen oder moderne City-Logistik-Standorte entstehen. Für ein gesundes Stadtklima würde die Energie klimaneutral durch dezentrale Solarenergie- und Windkraftanlagen, Geothermie oder Blockheizkraftwerke produziert. Experimentelle Wohnformen und genossenschaftliches Zusammenleben könnten ebenso gefördert werden wie E-Mobilität. Vorbild für diese Quartiersentwicklung könnte Rotterdam sein.
>> Wie geht’s weiter?
- Duisburger können sich die Pläne noch bis Ende Mai auf der Seite www.duisburg.de/Zukunftsbilderaltstadt anschauen und ihre Meinung dazu äußern. Die Ideen polarisieren – innerhalb kürzester Zeit gab es rund 150 Rückmeldungen. Die Stadtplaner betonen, dass sie bewusst die Visionen überzeichnen und die einzelnen Vorschläge auch miteinander vermischt werden können.
- Bis Ende des Jahres sollen die Ideen von der Politik diskutiert werden und dann als Grundlage für eine Fortführung des Integrierten Handlungskonzeptes Innenstadt dienen. Um die Visionen umzusetzen, möchte die Stadt Duisburg in den nächsten fünf Jahren dann weitere Fördergelder beantragen.