Duisburg. Hotspot-Impfungen sind ungerecht und belohnen nur Regelbrecher? Solche Parolen sind tendenziös. Ein Kommentar zu den Impfungen, die allen helfen.
Nagt die Ungeduld nicht an uns allen, sofern wir noch nicht immun sind und geimpft werden wollen? Und Neid grassiert hierzulande ja beständiger als das Coronavirus. Menschlich ist es auch, dass viele derer, die seit über einem Jahr solidarisch Opfer bringen und mitunter große Belastungen ertragen, hellhörig werden, wenn sie erfahren: Die Stadt spritzt 3800 Dosen Einmal-Impfstoff in sozial benachteiligten Corona-Hotspots, zunächst in Marxloh. Einzige Voraussetzung für den Piks: Man muss in Marxloh, Bruckhausen, Hamborn oder Neumühl wohnen. Für Impfneid aber gibt es keinen Grund. Im Gegenteil:
Kein Duisburger wird benachteiligt, schon gar niemand aus den Priorisierungsgruppen 1 und 2: Für die Hotspot-Impfungen stellt NRW nach einem erfolgreichen Test in Köln ein Extra-Kontingent Vakzine – für Menschen, die aufgrund ihres Wohnortes ein erhöhtes Risiko für Infektionen und schwere Verläufe haben. Die wesentlichen Gründe: Armut, Bildungsferne, Informations- und Sprachbarrieren, beengte Wohn- und prekäre Beschäftigungsverhältnisse – unfreiwillige Nachteile, die vor Corona doch die meisten Unbetroffenen auch nicht kümmerten.
Von Hotspot-Impfungen profitieren Benachteiligten und alle anderen Duisburger auch
Auch die höhere Anzahl an (unabhängig von der Herkunft nunmal oft renitenten) Jugendlichen und Kindern spielt eine Rolle. Besonders die Kleinsten können sich schlechter schützen und stecken – oft unbemerkt infiziert – Gleichaltrige und Familienmitglieder an.
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Die in (un)sozialen Netzwerken gern verbreitete Klage, es würden nun all jene geimpft, die sich nicht an die Regeln halten, ist tendenziös, undifferenziert, ungerecht. Aus den – richtig: offenbar vermehrten – Regelverstößen, etwa bei Familienfeiern in Marxloh, darf kein Generalverdacht abgeleitet werden.
Und es gibt viele Argumente für Vorab-Impfungen in Brennpunkten: Das Virus wird dort bekämpft, wo es sich am stärksten vermehrt. Dadurch schützt ein Piks viel mehr Menschen als anderswo und trägt besonders effizient dazu bei, die Inzidenz in ganz Duisburg zu senken. Wovon jeder Duisburger profitiert.
Zudem können Impfteams vor Ort Menschen erreichen, die es nicht in eine Praxis oder ins Impfzentrum geschafft hätten. Und die Impfskepsis sowie der Einfluss von Fake News zum Thema sind nirgends so weit verbreitet wie in den Vierteln, in denen viele arme Südosteuropäer sowie Duisburger mit türkischem und arabischem Hintergrund leben.
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Noch ein Gedanke für Impfneider im Homeoffice: Gerade wer die Arbeit der am schlechtesten Bezahlten auch in der Pandemie gern wie selbstverständlich in Anspruch genommen hat, sollte Paketboten, Fastfood-Zubereitern, Reinigungskräften und Friseuren vom anderen Ende der Stadt die Spritze doch gönnen können.