Dortmund. Die geplante Flüchtlingsunterkunft in Aplerbeck sorgt bei Dortmundern für Fragen, aber auch für Vorurteile. Ein Infoabend wurde zur politischen Bühne.
Die Nachricht überraschte Angestellte und Anwohner: Das „Best Western Hotel Dortmund Airport“ an der Schleefstraße wird in eine zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) des Landes NRW umgewandelt. Bis zu 350 Flüchtlinge sollen hier eine vorübergehende Bleibe finden. Etwa genauso viele Personen besuchten am 10. Dezember eine Bürgerinformationsveranstaltung der Bezirksregierung Arnsberg zu diesem Thema.
Fotoverbot während Veranstaltung zu Dortmunder Flüchtlingsheim
Berufen fühlten sich nicht nur Anrainer aus Aplerbeck und Sölde, sondern zudem zahlreiche Funktionsträger und Vertreter politischer Fraktionen aus Dortmund. Gruppiert nach Gesinnung, füllten sie die Holzbänke der Großen Kirche an der Märtmannstraße fast vollständig. Mitarbeiter eines Security-Dienstes bewachten Eingänge und Innenraum, setzten das angeordnete Bild- und Tonaufnahmeverbot durch, das „zum Schutz aller Anwesenden“ vom Veranstalter verhängt wurde. Dennoch waren diese angehalten, ihren Wortmeldungen eine kurze Vorstellung mit Namen und eventueller Funktion voranzustellen.
Dabei wurde schnell klar: nur die wenigsten Wortführer waren dort, weil ihnen dringende Fragen auf den Nägeln brannten. Obwohl zu Beginn darauf hingewiesen wurde „Bitte nur Fragen – keine politischen oder weltanschaulichen Statements oder Zwischenrufe“, hatte der Moderator seine liebe Mühe, derlei Beiträge in Grenzen zu halten. Richard Franke vom DRK, Dr. Andreas Hohlfeld und Oliver Hoppe von der Bezirksregierung Arnsberg bemühten sich derweil, ernstgemeinte Fragen zu beantworten.
Die Eckdaten zur neuen Einrichtung sind seit Oktober bekannt und wurden eingangs rund 30 Minuten lang erläutert. Dass sie vor vollendete Tatsachen gestellt wurden, stößt manchen Anwohnern allerdings sauer auf. Gleich mehrere äußerten, dass man sich frühzeitig Möglichkeiten zur Beteiligung gewünscht hätte. Eine Frau, die sich als Sozialarbeiterin vorstellte, bewarb sich deshalb an Ort und Stelle für einen Job in der Unterkunft. Andere wollten wissen, an wen sie sich für ehrenamtliche Tätigkeiten wenden können.
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„Umfeldmanager“ soll Ansprechpartner für Anwohner in Aplerbeck werden
Dreh- und Angelpunkt für den Austausch mit der Unterkunft soll künftig ein sogenannter Umfeldmanager sein, der auf den verteilten Flyern zwar bereits eine Telefonnummer hat, jedoch noch keinen Namen. Wie die Vertreter der Bezirksregierung Arnsberg verkündeten, werde vieles noch vor Weihnachten geklärt. So solle die Zuschlagserteilung für diverse Dienstleister noch vor den Feiertagen erfolgen.
Ein Geheimnis bleibt aber die vom Land NRW für die Nutzung des ehemaligen Hotels zu zahlende Miete. „Das werde ich nicht verraten“, sagte Dr. Hohlfeld auf Nachfrage und verwies auf die vertragliche Verpflichtung, Stillschweigen darüber zu bewahren. Was er aber verraten durfte: Für den Betreuungsdienstleister sind rund 200.000 Euro pro Monat vorgesehen, für den Sicherheitsdienst 130.000 pro Monat. Beide seien 24/7 vor Ort, „runde Tische“ mit Vertretern von Kommunal- und Kreisverwaltung, Feuerwehr und Polizei sollen für das Wohlergehen der Bewohner, für Sicherheit und Ordnung sorgen.
Schlagabtausch zwischen Rechts und Links
„Sicherheit“ – offenbar das Stichwort für den Schlagabtausch von Teilnehmenden unterschiedlicher politischer Einstellung. Ein Mann wollte zunächst wissen, wer Anwohner und Bewohner der ZUE denn vor Rechtsextremen schütze. AfD-Ratsherr Heiner Garbe bot sich und seine Fraktion daraufhin als „Remigrationshelfer“ an. Ein Gesinnungsgenosse sprang ihm bei, sorgte sich polemisch um seine Minirock-tragende Nichte („jung, hübsch, blond, kurvig“), womit muslimische Männer angeblich nicht umgehen könnten.
Nicht weniger polemisch geriet der (offenbar gutgemeinte) Versuch einer Anwohnerin, dieses Vorurteil zu relativieren: „Es liegt an uns, diese Männer aufzuklären, wie man sich im Schwimmbad verhält. Die kennen das einfach noch nicht.“ Außerdem finde sie es „verdammt traurig, dass Aplerbeck nicht zusammenhält wie 2015“. Damals habe man die Flüchtlinge im Stadtteil willkommen geheißen und geholfen – „Und nein, die Kriminalität ist nicht höher geworden“. Das bestätigten zwei Personen, die sich als Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes der ZUE in Dortmund-Oespel vorstellten – die Vorgänge in- und außerhalb der Einrichtung würden geradezu als „langweilig“ wahrgenommen.
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Andere befürchteten wiederum, ihnen würden Arzttermine von Flüchtlingen weggenommen – nicht zuletzt, weil CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz diesbezügliche Ängste schürte. Die Vertreter des Regierungsbezirks klärten auf: Einmal die Woche wird ein Arzt in die Aplerbecker Einrichtung kommen, zudem gibt es Unterstützung von ehrenamtlichen Medizinern. Lediglich Fachärzte müsse man sich lokal und regional teilen, was bei nur 350 zusätzlichen Anwohnern wohl kaum ins Gewicht falle.
Nach mehreren Wellen von Buhrufen und Klatschkonzerten endete die Diskussion dann nach gut anderthalb Stunden. Laut Angaben der Veranstalter soll es Ende Januar einen Ortstermin geben, der erste Einblicke in das umfunktionierte Hotel ermöglicht.
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