Bottrop. 1500 Widersprüche gegen Grundsteuerbescheide sind schon bei der Stadt eingegangen. Weitere werden folgen. Warum die Steuer auch die Mieter trifft.

Anfang Februar hat die Stadt Bottrop die Grundsteuerbescheide verschickt. Wie erwartet: Es hagelte Widersprüche. Ebenfalls wie erwartet gingen die meisten Widersprüche an die falsche Adresse, sagt Kämmerer Jochen Brunnhofer. Einige dieser Widersprüche hat Katrin Göttemeier eingelegt. Sie berichtet von Bescheiden, die zehnmal so hoch ausfielen wie im Vorjahr.

Katrin Göttemeier und ihr Bruder besitzen etliche Eigentumswohnungen in der Innenstadt. In den vergangenen 20 Jahren haben sie viele dieser Wohnungen kernsaniert. „Und dafür werden wir vom Finanzamt jetzt bestraft“, sagt die Ex-Bottroperin, die inzwischen in Köln lebt. 2023 hat sie schon für 15 Wohnungen beim Finanzamt Bottrop Widerspruch eingelegt gegen die aus ihrer Sicht viel zu hohen Grundstücksmesswerte. Das Gleiche hat sie jetzt bei den städtischen Bescheiden getan: „Da geht es um das Acht- bis Zehnfache der bisherigen Forderungen.“

Hendrik Dierichs

„Die Systematik der Wertermittlung erschließt sich nicht.“

Hendrik Dierichs
Bezirksbürgermeister von Kirchhellen

Den Denkansatz, dass eine Kernsanierung den Wert eines Altbaus erhöht, kann Katrin Gottemeier noch nachvollziehen. Doch ansonsten lässt sich die Logik der Wertfestsetzungen nicht nachvollziehen. „Die Systematik erschließt sich nicht“, sagt auch Kirchhellens Bezirksbürgermeister Hendrik Dierichs nach vielen Gesprächen mit frustrierten Eigentümern.

Widersprüche haben keine aufschiebende Wirkung: Erstmal müssen Eigentümer zahlen

Widerspruch hin oder her: Erstmals muss Katrin Göttemeier zahlen. Denn ihre Widersprüche haben keine aufschiebende Wirkung. Die Eigentümerin geht in Vorleistung und legt die Grundsteuer mit der Nebenkostenabrechnung auf die Mieter um. Sie hat ihren Mietern empfohlen, schon jetzt höhere Nebenkosten zu überweisen, „um nächstes Jahr keine fette Nachzahlung auf dem Tisch zu haben.“

Die Schmerzgrenze ist bei einer Mieterin schon überschritten. Sie müsse kündigen, berichtet Göttemeier: „200 Euro Nebenkosten für eine 50 Quadratmeter große Wohnung könne sie sich nicht leisten.“

Stadtkämmerer Jochen Brunnhofer.

„Da stets der jeweilige Einzelfall intensiv geprüft werden muss, müssen sich die Grundstückseigentümer auf eine gewisse Bearbeitungszeit einstellen.“

Jochen Brunnhofer
Stadtkämmerer

Eine der wenigen gute Grundsteuer-Nachrichten für den Stadtkämmerer: Einige der 1500 Widersprüche sind unkompliziert, weil etwa nach einem Erbfall der Grundbucheintrag. noch nicht umgeschrieben war. Die anderen Eigentümer bittet der Kämmerer um Geduld: „Da stets der jeweilige Einzelfall intensiv geprüft werden muss, müssen sich die Grundstückseigentümer auf eine gewisse Bearbeitungszeit einstellen.“

Das hatten der Kämmerer und sein Fachbereichsleiter Finanzen genau so erwartet: Die meisten Widersprüche beziehen sich „auf die Auswirkungen der Grundsteuerreform. Dabei kristallisiert sich heraus, dass in den meisten Fällen die Höhe des Grundsteuermessbetrages beanstandet wird. Fast ebenso häufig wird die korrekte Festlegung der Grundstücksart in Frage gestellt“, also die Festsetzung als Wohn- oder Nichtwohngrundstück.

Bei den meisten Widersprüchen ist die Stadt die falsche Adresse

Bei all diesen Widersprüchen verweist die Stadt die Eigentümer ans Finanzamt. „Da die Grundsteuerfestsetzung der Stadt Bottrop auf der Grundstücksbewertung des Finanzamtes aufbaut, ist ein Widerspruch bei der Stadt Bottrop in diesen Fällen bei der falschen Behörde angesiedelt und rechtlich unzulässig“.

Wenn das Finanzamt nach einem Widerspruch einen Bescheid nachbessert, braucht der Eigentümer selbst nichts zu tun, sagt Brunnhofer: Die Stadt bekommt eine Meldung vom Finanzamt „und ist dazu verpflichtet, die Grundsteuerfestsetzung entsprechend abzuändern“.

Bei der Stadt an der richtigen Stelle sind nur die bisher 15 Widersprüche gegen die differenzierten Hebesätze, die der Rat im Dezember beschlossen hat. Diese Widersprüche werde die Stadt zunächst zurückstellen und die Urteile zu den bereits angekündigten Musterklagen abwarten.

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Und dann ist da noch der Ärger bei den Kirchhellener Landwirten. Die müssen für einige Flächen statt der günstigen Grundsteuer A jetzt die höhere Grundsteuer B bezahlen. Auch daran kann die Stadt nichts ändern, sagt der Kämmerer: „Die Zuordnung folgt den gesetzlichen Bewertungsgrundlagen und diesbezügliche Fragen können nur durch die Finanzbehörden beantwortet werden.“