Bottrop. Täglich backt das Team der Bäckerei Kläsener in Bottrop weihnachtliche Leckereien. Um die Stutenkerle kümmert sich der Bäckermeister aber selbst.
Das Licht leuchtet grell-weiß von den Deckenlampen herab, die Atmosphäre ist geschäftig: Auf einem länglichen Tisch aus Stahl liegt ein riesiger Teigfladen. Gefüllt ist er mit einer Masse aus Rosinen, Zucker und Butter. Mit flinken Fingern tunkt Brigitte einen Pinsel in ein Schälchen mit roher Eigelb-Mischung, streicht die Innenseiten des Teigfladens damit aus und rollt ihn zu einer Schnecke zusammen.
Dann schneidet sie ihn in dutzende gleich große Stücke: In der Bäckerei Kläsener ist die Weihnachtssaison eingezogen. Und mit ihr viel Stress, aber auch steigender Umsatz. Brigitte ist das gewohnt, sie arbeitet seit über 30 Jahren in der Backstube von Markus Kläsener, der das Familienunternehmen in dritter Generation führt.
Bäckerei Kläsener in Bottrop: Arbeit beginnt um zwei Uhr morgens
Neben ihr sind heute sieben Mitarbeitende in der Backstube in Bottrop-Kirchhellen zugange. Große runde Teigmaschinen aus Edelstahl kneten den Teig durch, ein Team-Mitglied formt aus Teigsträngen Brezel und legt sie auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech. Eine Frau drückt mit mehlig-weißen Fingern Rosinen und Pfeifen auf die Teigmasse der auf einem Backblech ausgelegten Stutenkerle.
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Um zwei Uhr morgens beginnt hier die Schicht, seitdem ist auch Bäckermeister Markus Kläsener in der Backstube. In den ersten drei Stunden der Nacht wird das Brot für den aktuellen Tag fertiggestellt, anschließend nimmt das Team die Backwaren für den nächsten Tag in Angriff. Seit Mitte November vertreibt die Bäckerei Kläsener in ihren Filialen in Bottrop, Gladbeck und Gelsenkirchen wieder Stutenkerle, Martinsbrezeln und Dinkelstollen. Außerdem gibt es Florentiner, also Kekse mit Schokoüberzug, und Mandel-Pangani. Das ist buttriges Mürbeteiggebäck mit Mandelgeschmack.
Bäckerei Kläsener: Team backt weihnachtliche Produkte in Handarbeit
Heutzutage bereitet das Team zur Weihnachtszeit weniger, dafür aber ausgewählte Produkte zu als noch vor ein paar Jahrzehnten: Die Bäckerei Kläsener setzt auf handgemachte Spezialitäten aus Dinkelmehl, das in Raesfeld und Kirchhellen angebaut und gemahlen wird. Familie Kläsener legt großen Wert auf Regionalität – und darauf, die weihnachtlichen Spezialitäten noch traditionell per Hand herzustellen.
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Besonders bei Martinsbrezeln und Stutenkerlen macht das einen Unterschied, so Kläsener: „Die meisten Bäcker haben heutzutage eine Stanze, mit der sie die Stutenkerle ausstechen“, sagt er. Dann erreichten die Stutenkerle aber nicht die gleiche Saftigkeit wie die handgemachten Teigwaren. Durch das Arbeiten und Formen mit der Hand könne der Teig besser aufgehen und der Stutenkerl schmecke insgesamt besser. Das Zubereiten der Stutenkerle ist bei Kläsener Chefsache: „Von Sankt Martin bis kurz vor Weihnachten mache ich nichts anderes.“
Sein Team bietet Stutenkerle auch im Großformat an: Die großen Männchen aus süßem Teig werden nur auf Bestellung produziert und kosten um die 30 Euro. „Pro Jahr verkaufe ich davon mehrere Hundert“, sagt der Bottroper Bäcker. In Kirchhellen sei es zur Tradition geworden, dass Familien die großen zwei Kilo schweren Stutenkerle in der Weihnachtszeit bei ihm bestellen, dazu gibt es Schinken, Mettwurst, Käse und Marmelade. „Von einem Stutenkerl werden zehn bis fünfzehn Personen satt.“
Bäcker Kläsener: „Für mich ist die Weihnachtszeit mit viel Stress behaftet“
Heute Morgen werden die Brezeln und Stutenkerle bei Kläsener erst mal nur geformt. Anschließend kommen sie in einen sogenannten Gärunterbrecher, also einen Kühlschrank, wo sie frisch gehalten werden. Gegen Abend verändert sich die Temperatur dort automatisch und steigt langsam an, sodass die Brezeln über Nacht gären können. Bis zum frühen Morgen ist der Gärprozess abgeschlossen und sie werden in den Ofen geschoben.
Im Hintergrund läuft am heutigen Arbeitstag der Song „Too Sweet“ von Hozier im Radio – zumindest der Titel passt zum buttrigen Weihnachtsgebäck, das hier produziert wird. Hören die Mitarbeitenden in der Weihnachtsbäckerei von Markus Kläsener denn auch mal festliche Weihnachtslieder, um in Stimmung zu kommen? Die Antwort lautet nein. „Für mich ist die Weihnachtszeit nur mit Stress behaftet“, sagt der Chef. An Heiligabend sei er oft besonders matt, weil er zuvor sechzehn Stunden gearbeitet hatte. „Am ersten Weihnachtstag hat man es auch noch in den Knochen und am zweiten Weihnachtstag steht man schon wieder in der Backstube.“
Obwohl er zwischendurch besinnliche Momente mit seinen Kindern genieße, zum Beispiel beim Tannenbaumkaufen, habe die Weihnachtszeit für ihn wenig Besinnliches an sich – jobbedingt. Entspannung erwarte ihn erst nach Silvester, wenn der Trubel nachlasse und es noch ein paar Monate bis zur nächsten Stressphase dauere: der Zeit rund um Ostern. Aber bis dahin wollen erst noch hunderte, vielleicht tausende Brezeln und Stutenkerle gebacken werden.