Bottrop. In der Pandemie im Jahr 2021 kommt in Bottrop der erste Kirchhellener Gin auf den Markt. Seitdem ist viel passiert. Ein Besuch in der Brennerei.

Henning Rottmann und Julian Knipping schreiben weiter fleißig an ihrer Erfolgsgeschichte. Aus einer Langeweile in der Pandemie heraus entwickelten beide den Kirchhellener Gin. Mit Schrecken erinnert man sich an Corona-Beschränkungen wie Ausgangssperren oder Kontaktverbot zurück. In dieser Zeit reift bei den Kirchhellenern die Idee, einen eigenen Gin herzustellen.

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Das war im Jahr 2020. Gin ist schon damals ihr Lieblingsgetränk. Beide befassen sich mit dem Thema, lesen viel darüber und tauchen in die Materie ein. Damals herrscht ein regelrechter Hype um das hochprozentige Getränk. Und: Sie erkennen das Potenzial, das der Gin bei der Herstellung und Zusammenstellung der Zutaten bietet.

Mit einer kleinen Kupferdestille (circa zwei Liter) machen sie mehrere Proben, experimentieren mit den Zutaten, wiegen diese mit einer Feinwaage ab – immer auf der Suche nach dem perfekten Geschmack. Die Methode mit der kleinen Kupferdestille wird noch heute angewendet, wenn sie eine neue Idee haben.

Regionales Erzeugnis: Obstbrennerei Böckenhoff als Partner des Kirchhellener Gin

Schnell erkennen sie, dass sie den Gin nicht selber herstellen können. Deshalb suchen sie den Kontakt zu Brennereien. Schon am nächsten Tag meldet sich Dirk Böckenhoff aus Dorsten. Der Edelbrand-Sommelier hat seine Obstbrennerei nur wenige Meter hinter der Stadtgrenze.

Das Beste: Böckenhoff baut selber Weizen an. Aus ihm wird später der geschmacksneutrale Rohbrand, das Ausgangsprodukt für den späteren Kirchhellener Gin. Bei Böckenhoff auf dem Hof erfolgt die Destillation, die Abfüllung und die Verkapselung der Flaschen. Henning Rottmann und Julian Knipping holen die Flaschen ab, kümmern sich um die Etikettierung und den Vertrieb. Die getrockneten Wacholderbeeren beziehen sie vom Gewürzkontor „Hanse & Pepper“.

Im Mai 2021 ist es schließlich soweit. Der Kirchhellener Gin kommt auf den Markt, jedoch nur in kleinen Chargen. „Innerhalb weniger Stunden waren alle Flaschen ausverkauft“, erinnert sich Henning Rottmann.

Wacholderbeeren sind die Grundzutat für den Kirchhellener Gin.
Wacholderbeeren sind die Grundzutat für den Kirchhellener Gin. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Nur an drei Verkaufsstellen (Miermanns Scheune, Raiffeisenmarkt Getränkewelt und in der Obstbrennerei Böckenhoff) ist der klassische Kirchhellener Gin damals erhältlich. „Heute haben wir circa 20 Verkaufsstellen“, sagt Julian Knipping.

Doch nicht alles funktioniert von Beginn an. Mittlerweile habe man Bestandskunden. „Der Anfang war am schwersten“, erinnert sich Knipping. „Wir wussten nicht, wo man die Flaschen kaufen kann.“ Wo druckt man die Etiketten? Wie sollen sie aussehen? Wo erhält man die Zutaten wie die getrockneten Wacholderbeeren?

Inzwischen können nach einer Charge bis zu 160 Flaschen abgefüllt werden. „Der Start war herausfordernd. Wir hatten ja keine unternehmerische Erfahrungen“, so Julian Knipping rückblickend. Inzwischen habe man Routine. „Man musste auf vielen Hochzeiten gleichzeitig tanzen, um die Produkte auf den Markt zu bekommen und zugleich die rechtlichen Gegebenheiten einhalten.“

„Der Start war herausfordernd. Wir hatten ja keine unternehmerische Erfahrungen.““

Julian Knipping, Kirchhellener Gin, über die Anfänge

Nach dem Kirchhellener Gin folgt Ende 2021 der Winter-Gin. Als Basis bleiben die Wacholderbeeren. Aber auch weihnachtliche Zutaten wie Zimt, Vanille und Orange gehören zum Rezept. Die komplette Zusammensetzung bleibt geheim.

Aus Sicht von Knipping und Rottmann ist der Winter-Gin eine sehr gute Alternative zum Glühwein. Ihr Winter-Gin wird beim Kürbisfest auf dem Hof Maaßen (26./ 27. Oktober) und auch wieder beim Kirchhellener Wintertreff ausgeschenkt – serviert mit warmem Apfelsaft.

Die Macher des Kirchhellener Gin haben neue Ideen fürs nächste Jahr

„Wir versuchen immer, unser Produktportfolio zu erweitern“, sagt Julian Knipping. Mitte 2022 kommt „Blue Sensation“ auf den Markt. Dank der blauen Farbe ein echter Hingucker. „Das ist kein Farbstoff“, erklärt Knipping. Eine thailändische Blüte färbt stattdessen den Gin.

Dirk Böckenhoff erklärt, dass in Asien diese Blüte auch für Tee genutzt wird. Der Gin wechselt von blau zu lila, wenn er mit Tonic gemischt wird. „Ein schöner Wow-Effekt“, findet Rottmann.

Die Herstellung des blauen Gin erfordert mehrere Probeversuche

Doch bis zum Endprodukt ist es ein langer Weg. „Für Blue Sensation haben wir die meisten Probeversuche gebraucht“, erinnert er sich. Unter anderem musste getestet werden, wie viele Gramm an Blüten ins Rezept gehören, um den perfekten Geschmack und das perfekte Verhältnis mit den restlichen Zutaten hinzubekommen.

Im vergangenen Jahr folgte schließlich der Lager-Gin in Kooperation mit dem Autohaus Bellendorf. Nach einer Modenschau im Autohaus setzten sich Tobias Bellendorf sowie Henning Rottmann und Julian Knipping zusammen. Unterstützung bei der Herstellung bietet die Firma „Ruhrpott Whisky“, die ihr Hochprozentiges auf der ehemaligen Zeche Schlägel und Eisen in Herten einlagert.

Ein Jahr reift der Gin aus Kirchhellen dort in einem früheren Bourbon-Fass. Eine neue Charge des Lager-Gin ist zurzeit in Produktion. „Wann er fertig wird, wissen wir aber jetzt noch nicht“, sagt Julian Knipping. Für 2025 haben die Beiden bereits die eine oder andere neue Idee, die sie aber noch nicht verraten möchten. Beide wollen sprichwörtlich auf dem Teppich bleiben und nicht abheben. „Wir wachsen stetig“, sagt Knipping. Beide betreiben die Firma Rottmann & Knipping GbR nebenberuflich.

Dreieinhalb Jahre sind seit der Markteinführung des Kirchhellener Gin vergangen. Der Hype um das Getränk „Gin“ ist auf dem Markt ein wenig abgeflaut. Anders beim Kirchhellener Gin. „Die Kurve geht weiter nach oben. Jedes Jahr haben wir einen besseren Abschluss“, sagt Julian Knipping.