Bottrop. Kinderferienzirkus: Die Cassellys werden sich an der neuen Ausschreibung für den Sommer nicht beteiligen. Dennoch wollen sie nach Bottrop kommen.
Die Stadt Bottrop hat entschieden, die städtische Ferienmaßnahme des Kinderferienzirkus ab dem Jahr 2025 als Gesamtveranstaltung auszuschreiben. Sie verweist auf rechtliche Zwänge und hat betont, fest mit einer Beteiligung der Familie Casselly am Ausschreibungsverfahren zu rechnen.
Jetzt aber ist klar: Familie Casselly, die seit rund 30 Jahren mit ihrem Zirkus nach Bottrop kommt, wird sich nicht an der Ausschreibung für den kommenden Sommer beteiligen. Das hat Junior-Chef Alfons Casselly auf Nachfrage der Redaktion mitgeteilt.
Kinderferienzirkus in Kirchhellen will Familie Casselly zu Ostern durchführen
„Unsere Entscheidung ist, dass wir bei der Ausschreibung für die Sommerferien nicht mitmachen“, fasst Alfons Casselly das Ergebnis der Beratung innerhalb der Familie zusammen. Als Grund schiebt er hinterher: „Wir sind schon anderweitig verplant in den Sommerferien und können nicht auf zwei Hochzeiten tanzen.“
Eine Zusammenarbeit mit der Stadt Bottrop für den Ferienzirkus zu Ostern in Kirchhellen plant Familie Casselly aber durchaus. Und die spätere Rückkehr auf den Donnerberg in Alt-Bottrop will Alfons Casselly absolut nicht ausschließen, im Gegenteil: „Ich hoffe, das ist nun nicht ganz vom Tisch.“ Kommenden Sommer aber wird das gelb-blaue Zelt vom Zirkus Jonny Casselly hier wohl tatsächlich nicht aufgebaut.
+++ Wollen Sie keine Nachrichten mehr aus Bottrop verpassen? Dann abonnieren Sie hier unseren WhatsApp-Kanal
Zu dieser Situation geführt hat offenbar eine Zeit, in der sich die Zirkusfamilie in Bottrop nicht mehr richtig wertgeschätzt gefühlt hat. So konnte die Familie neben angedachten Kürzungen im Rahmenprogramm nicht verstehen, dass für die Traditionsmaßnahme nach Jahrzehnten freier Vergabe plötzlich eine Ausschreibung zum Thema wurde.
„Das hätte nicht sein müssen“, findet Alfons Casselly. „Wir haben andere Projekte, da muss das auch nicht gemacht werden. Da war ein interner Fehler. Wir sind auch nicht unbedingt der Zirkus, der sich irgendwo anbietet, weil wir einen Namen haben in der Branche und seit über 30 Jahren auch in Bottrop sind.“
Hier vor allem liege das Gefühl der fehlenden Wertschätzung begründet, dass nicht traditionsgemäß die Cassellys einfach weiter verpflichtet werden. „Es gibt keinen zweiten Zirkus weltweit, der das so anbietet, wie wir das machen“, betont der Junior-Chef. In dieser Situation habe die Familie die Fühler anderweitig ausgestreckt und in Hürth zugesagt, wo die Cassellys seit vier Jahren mit ihrem Winterzirkus gastieren.
In der Zwischenzeit habe sich das Gefühl der Wertschätzung durch und in Bottrop aber durchaus wieder eingestellt. Es habe in diesem Jahr viele Gespräche dazu gegeben, unter anderem mit dem Oberbürgermeister, berichtet Alfons Caselly. Und auch in der Vergangenheit habe die Stadt Bottrop die Zirkusfamilie immer unterstützt – zum Beispiel während der Corona-Pandemie, als der Zirkus auf dem Donnerberg sein Lager aufschlagen konnte.
Stadt Bottrop: Vergaberecht macht Ausschreibung erforderlich
Die Stadt begründet die von den Cassellys so ungeliebte Ausschreibung so: „Dieser Schritt ist notwendig, um das attraktive Angebot für die Bottroper Kinder und Jugendlichen auch in Zukunft rechtssicher durchführen zu können. Die Kosten des Kinderferienzirkus sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen und haben somit relevante Schwellenwerte überschritten. Das Vergaberecht macht dies also zwingend erforderlich.“
Die Gesamtmaßnahme umfasse neben dem Zirkustraining und den Vorstellungen zum Beispiel einen Musik- und Tanzworkshop, die Angebote des Kreativdorfes, die Zelte für das Kreativdorf, Sanitäranlagen, einen Wasserspielplatz und die Möglichkeit der Verpflegung für angemeldete Teilnehmer und Tagesgäste. „Aufgrund einer Empfehlung der internen Rechnungsprüfung werden alle diese Leistungen nun erstmalig zu einer Gesamtmaßnahme zusammengefasst und ausgeschrieben“, teilte die Stadt mit.
Auch interessant
Parallel hatte die Stadtverwaltung mit der öffentlichen Bekanntgabe der Ausschreibung ihr „deutliches Bekenntnis zum Kinderferienzirkus“ unterstrichen. Jugendamtsleiterin Daniela Bockholt dazu: „Wir schauen auf eine langjährige und erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Zirkusfamilie Casselly zurück. Der Ferienzirkus ist seit mehr als 30 Jahren eine Institution in Bottrop.“
Bastian Hirschfelder (CDU), Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses, hat sich mit hohem persönlichen Engagement dafür starkgemacht, die Ferienzirkustradition mit den Cassellys in Bottrop möglichst uneingeschränkt weiterzuführen. Dazu gehört auch das für alle Kinder offene Rahmenprogramm auf dem Donnerberg, das auf die Sparliste des Haushaltssicherungskonzeptes gelandet war. Inzwischen hat sich dafür ein Förderverein gegründet.
- Frühchen Mihra: „So klein und zierlich, aber so stark“
- Lenny (13) geht nicht zur Schule: „Die schlagen mich irgendwann tot“
- Schuldneratlas: So viele Bottroper sind verschuldet
- Neues Konzept auf der Gastromeile: „Pommesbude kann ich nicht“
Hirschfelders Reaktion auf die Entscheidung der Cassellys fällt so aus: „Ich bin schon etwas enttäuscht und traurig, dass die Familie den Schritt geht, im nächsten Sommer nicht nach Bottrop zu kommen. Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass in gewissen Zeiten die Wertschätzung nicht so da war, wie sie sich das vorgestellt hatten. Ich hatte aber das Gefühl, dass wir über den Sommer ihnen sehr deutlich gemacht haben, dass sie zu Bottrop gehören und dass wir sehr wohl weiterhin vertrauensvoll mit der Familie Casselly zusammenarbeiten wollen und die Arbeit sehr wichtig finden, die sie in Bottrop seit über 30 Jahren macht.“
Bastian Hirschfelder kann nachvollziehen, dass die Familie bereits gemachte Zusagen anderen gegenüber einhalten wolle. „Auch so kennen wir die Familie Casselly, dass sie zu ihrem Wort steht und dann mit ganzer Tatkraft für das jeweilige Projekt brennt.“
Der Jugendhilfeausschuss-Vorsitzende ergänzt: „Wir müssen uns mit der Stadt Bottrop dringend Gedanken darüber machen, wie wir auch zukünftig mit langjährigen Vertragspartnern umgehen. Wir müssen dringend miteinander mehr sprechen, dass solche Situationen erst gar nicht entstehen.“
Das müsse gemeinschaftlich geschehen, Partei übergreifend und zusammen mit der Verwaltung. „Ich erwarte aber, dass wir aus Fehlern der Vergangenheit lernen. Wir werden politisch alles daran setzen, dass die gemeinsame Geschichte der Familie Casselly mit Bottrop weiter geht.“