Bottrop. Wolfgang Pendzich, Jürgen Schajor und Ernst Krichel zeigen Oldtimer auf der Classic-Schau in der City. Wie aus Faszination Sammler-Liebe wurde.

Bottrop – die deutsche Oldtimer-Hochburg. Was manche Insider schon längst wussten oder zumindest gefühlt haben, unterfütterte das „Auto-Medienportal“ schon vor einiger Zeit mit handfesten Zahlen. In keinem anderen Zulassungsbezirk sind prozentual mehr Oldtimer zugelassen als in Bottrop, wie eine Auswertung von Zahlen u.a. des Kraftfahrt-Bundesamtes ergaben – bislang sogar mit steigender Tendenz. Waren 2013 noch 3,1 von 100 zugelassenen Wagen Oldtimer, ist die Zahl 2020 auf 3,8 Prozent gestiegen. Tendenz weiter leicht zunehmend. Im Vergleich: der Bundesdurchschnitt liegt bei 1,8 Prozent (2020).

Aber was sind schon Zahlen angesichts von Herzblut – manche sprechen auch von Benzin im Blut – und wahrer Liebe zu den Autos, die noch Typen waren. In der Stadt geben sich viele stolze Besitzer eher zugeknöpft, was ihre Schätze angeht. Das mag an der westfälischen Neigung liegen, lieber den Pelz innen zu tragen im Gegensatz zum eher ostentativ-extrovertierten Rheinland oder Münchens Schicki-Bussi-Gesellschaft.

Nicht jeder möchte seine Oldies öffentlich zeigen – Neidfaktor nie ausgeschlossen

Vielleicht sollte man den Neidfaktor in einer kleinen Großstadt im Vergleich zu den Metropolen nicht unterschätzen. „Nicht jeder möchte seine Oldies öffentlich präsentieren“, weiß auch Dirk Helmke, neben „Marketing für Bottrop“ und der Volksbank ein „Motor“ der Oldtimershow am 12. August in der Innenstadt. Es brauche immer wieder Überzeugungskraft, manchmal sogar Überredungskünste, obwohl die Schau längst nicht die erste ihrer Art ist, so Helmke.

Drei Vollblut-Fans haben sich zusammengefunden, um nicht nur von ihrer Liebe, die (bei guter Pflege) nie rostet, zu erzählen. Wolfgang Pendzich, Jürgen Schajor und Ernst Krichel bringen nämlich allein schon zehn „Schnauferl“ auf den Rathausplatz – vorausgesetzt, das Wetter spielt einigermaßen mit. Allein schon die sechs Borgwards von Wolfgang Pendzich bilden eine echte Phalanx vor Bottrops gleichfalls historischer Kulisse und verweisen auf die Hochzeit der Autoindustrie mit ihren unzähligen individuellen Marken, die es bis in die 60er Jahre in Deutschland und Europa noch gab.

Lesen Sie weitere Berichte aus Bottrop:

Die Liebe zu Borgward beginnt bei Wolfgang Pendzich schon als Teenager. Er hat bei der Bottroper Vertretung der Bremer Schmiede seine Lehre gemacht und kennt alle Modelle und deren Varianten in- und auswendig. Sogar ein kleiner Lloyd „Alexander“ in Ami-Ausführung gehört dazu. „Andere Leuchten, veränderte Stoßstangen, die Europäer mussten die strengeren amerikanischen Vorschriften einhalten“, so Pendzich.

Auch andere Hersteller können ein Lied davon singen. Das Erfolgsmodell von Carl Friedrich Wilhelm Borgward war aber die legendäre Isabella. Die Schöne (und im Gegensatz zur blasseren Schwester Arabella auch die zuverlässigere) hütet Pendzich gleich in mehreren Varianten: Limousine, Kombi und die Stars: Cabrio und Coupé. Allein deswegen lohnt der Weg ins Rathausviertel an diesem Oldie-Samstag.

Fachleute unter sich: Jürgen Schajor (l.) und Wolfgang Pendzich vor dem fast fabrikneu wirkenden Motorraum einer Borgward Isabella. In Pendzichs Sammlung glänzen eben nicht nur Lack und Chrom. Der Sammler hat vor 65 Jahren noch bei Borgward gelernt.
Fachleute unter sich: Jürgen Schajor (l.) und Wolfgang Pendzich vor dem fast fabrikneu wirkenden Motorraum einer Borgward Isabella. In Pendzichs Sammlung glänzen eben nicht nur Lack und Chrom. Der Sammler hat vor 65 Jahren noch bei Borgward gelernt. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

„Alles selbst aufgebaut oder aufgearbeitet. Manchmal muss man eben Holzschablonen machen, um einen Kotflügel nachzubauen, der sonst nicht mehr zu finden ist“, so der kenntnisreiche wie technisch versierte Sammler, der aber nicht nur nach Bremen, sondern auch Richtung Stuttgart schaut. Was für die Borgwards gilt, ist auch Maxime bei seinen historischen Mercedes-Benz-Modellen.

Auch den Oldtimer-Fans gehen die Schrauber aus

Auch Jürgen Schajor ist schon früh autoversessen. „Mein Vater war Kfz-Meister bei der Bottroper Polizei, damals auf der Prosperstraße. Alle Polizeiautos gingen durch seine Hände und wir waren oft dabei, haben gelernt und auch schon mal ausprobiert, was natürlich nicht immer erlaubt war“, erzählt der Bottroper, zugleich ein bekanntes Gesicht der Bottroper Judo-Szene. „Was in den 50er und 60er Jahren auf der Straße unterwegs war, kennen wir wie unsere Westentasche, wir hatten täglich mit diesen Wagen zu tun, die zum Teil viel älter waren als wir damals.“ Heute in der Oldtimer-Szene ein unschätzbarer Vorteil, denn: „Auch da fehlt der Nachwuchs, oft die Kenntnis oder beides“, so Schajor. „Manche Tücken, die wir von vorneherein an bestimmten Modellen kennen, lernen andere erst mühevoll durch Erfahrung.“ Sein Beitrag zur Classic-Schau wird das wohl älteste Fahrzeug sein: ein Buick von 1923.

+++ Nachrichten aus Bottrop direkt ins Postfach: Hier geht es zum Bottrop-Newsletter +++

Ernst Krichel, der dazu kommt, nickt anerkennend. Im Gegensatz zu den anderen ist er kein Techniker, sondern Enthusiast. „Mein Traumauto war der damals noch fast neue Jaguar MK II.“ Ein wenig erinnert dessen Form an den älteren BMW 501 („Barockengel“), war aber weitaus sportlicher, schneller und luxuriöser ausgestattet. In den 60ern übrigens die schnellste Serienlimousine der Welt. Später, als der Jaguar fast schon das Zeug zum Youngtimer hat, erwirbt Ernst Krichel – übrigens Gründungsmitglied der legendären Band „The Rickets“ – einen MK II, mit der stärksten 3,8 Liter, V-8 Motorisierung. Heute beschränkt er sich auf die alte Sportmarke MG und nennt zwei Roadster der Vorkriegszeit sein eigen. „Bei trockenem Wetter kommen die an die frische Luft.“

Classic-Show mit Begleitprogramm

Oldtimershow am Samstag, 12. August, 12 bis 16 Uhr, auf dem Rathausplatz („Edles Blech“), Kirchheller Straße (Schwerpunkt: Zweirad-Oldies) und Gladbecker Straße (u.a. Lkw, Youngtimer aber auch ein Alfa-Club). Es gibt ein musikalisch-kulinarisches Begleitprogramm.Besitzer eines Oldtimers, die an der Show teilnehmen möchten, können sich noch anmelden: holger.czeranski@mediaundevents.de.