Bottrop. 1981 wurde es feierlich eröffnet, seit 2010 steht es leer: Das Hansa-Center in Bottrop soll nun – wieder einmal – belebt werden. Die Chronik.
- Das Hansa-Center ist 1981 mit großen Feierlichkeiten eröffnet worden
- 2010 zog mit dem Textildiscounter Zeemann einer der letzten Mieter aus
- Seitdem steht das Einkaufszentrum leer, viele Investoren haben sich daran versucht
- Nun haben die aktuellen Inhaber ein neues Konzept vorstellen lassen
Bei der offiziellen Eröffnung des Hansazentrums am ersten Mai-Wochenende 1981 müssen Kundinnen und Schaulustige den damals neuen Einkaufstempel in der Bottroper Fußgängerzone regelrecht gestürmt haben. Polizisten und Helfer brachten Heintje jedenfalls eilig in Sicherheit.
„Ich bau’ dir ein Schloss“ wird der Schlagersänger nicht gesungen haben, schließlich war der frühere Kinderstar nur zu einer Autogrammstunde ins Hansazentrum gekommen. Doch auch wenn der Stern des Sängers längst nicht mehr so hell strahlte wie zu seinen glorreichen Mama-Zeiten Ende der 60er-Jahre, löste der große Andrang die Sorge aus, die Menschenmassen im Hansazentrum könnten ihn erdrücken.
Diese Szene am offiziellen Eröffnungstag war sinnbildlich für den im aktuellen Kanzler-Neudeutsch sprichwörtlichen Wums, den das neue Einkaufszentrum in Bottrop auslöste. Eine ganze Woche lang feierten Kundinnen und Kunden mit immer neuen Sonderaktionen und Attraktionen der Händlerinnen und Händlern im Hansazentrum und drumherum dessen Einweihung.
Am Eröffnungstag drehte sich ein ganzer Ochse am Bratspieß und gab rund 900 Portionen her. Eigentlich aber stand das Zentrum – bis heute irgendwie typisch für Bottrop – Kundinnen und Kunden bereits seit Monaten offen, bis auch der damalige Oberbürgermeister Ernst Wilczok im Mai das Hansazentrum dann endlich höchstoffiziell eröffnete.
So feierlich es bei der Eröffnung zuging, so deprimierend ist die Entwicklung der vergangenen Jahre. Seit 2010 steht es leer, viele Investoren haben sich daran versucht. Nun sind wieder neue Pläne für das Hansa-Center vorgestellt worden. Und wir blicken zurück auf die vergangenen Jahrzehnte.
Dieser Artikel erschien erstmals im April 2023, wir haben ihn nun aktualisiert.
Ein Brautpaar machte den Weg ins neue Einkaufsparadies frei
Schon Ende November 1980 hatte ein Brautpaar ganz zwanglos den Weg in das Einkaufszentrum freigegeben, damit Kundinnen und Kunden in der Fast-Noch-Baustelle schon einmal groß einkaufen gehen konnten.
Die Geschäftsinhaber mochten sich auch damals das verlockende Weihnachtsgeschäft nun einmal nicht entgehen lassen. Fast 70 Einzelhandelsgeschäfte des normalen und gehobenen Bedarfs sollte das neue Einkaufszentrum zunächst aufnehmen, zur Freigabe Ende 1980 waren es dann 32 und Anfang Mai 1981 schließlich 42 Geschäfte. Darunter war auch ein Lebensmittelsupermarkt, der bis dahin größte der damaligen Schätzlein-Kette überhaupt.
Auch Fleischermeister Willi Scharun eröffnete im Hanszentrum ein Fachgeschäft und einen Imbiss. Das Restaurant „La Romantica“ bot italienische Küche und das Eiscafé von Leandro Ros italienisches Speiseeis. Die Nordsee-Kette eröffnete ein Fischgeschäft und Restaurant. In einer Hussel-Filiale konnten Kunden Schokoladen, Gebäck und Kaffee kaufen. Bei Mühlensiepen gab es Zeitschriften, Tabak, und Spirituosen. Gedecke und Töpfe aus Keramik war in einem Bürgel-Shop zu haben. Es gab ein Spielwarengeschäft und einen Blumenladen. Auch Orientteppiche konnten Interessierte im Hansazentrum kaufen.
Das Sortiment der halben Innenstadt unter einem Dach
Eine Bijouterie bot dort Schmuckwaren an. Der Fotohandel Porst eröffnete ein Geschäft. Boutiquen unter Namen wie Linda Lou, Blaue Perle oder Charel boten Kleidermode und das Sportgeschäft Brandt Kleidung und Sportartikel zum Kauf an. Auch eine Filiale der früheren Textil-Supermarktgruppe Brons war vertreten. Eine Änderungsschneiderei bot Service und am Mister-Minit-Stand reparierte jemand Schuhe.
Papierwaren von Postberg gab es dort ebenso wie Zeitschriften in der Montanus-Buchhandlung. Einen Drogeriemarkt, eine Parfümerie und einen Friseurladen fanden Kundinnen und Kunden in dem Zentrum. Auch die Post-Apotheke zog in den Neubau um und der Gebäudekomplex hatte auch Platz für drei Arztpraxen sowie zig Wohnungen und Appartements in den oberen Etagen.
Das neue Einkaufszentrum auf seinen zwei Geschäftsebenen in der Bottroper Innenstadt sollte einen Gegenpol zu den großen Einkaufsmetropolen wie Essen bilden, damit mehr Geld der Kundinnen und Kunden in Bottrop selbst bleibt.
„Das Unternehmen Stadt Bottrop wurde zum Höhepunkt gebracht“, sagte der damalige OB Wilczok zu dessen Eröffnung. Das neue Zentrum sei ein Angebot für Bottrop selbst und dessen nähere Umgebung, befand er. Das Geld für das 30 Millionen-Mark-Objekt stammte aus einem von der damaligen Düsseldorfer Real-Gruppe betreuten Immobilienfonds, den überwiegend mittelständische Unternehmer und Freiberufler speisten.
Besitzer verkauften Einkaufstempel mit Millionenverlust weiter
Die Kaufleute im Hansazentrum gründeten ganz fix ihre eigene Werbegemeinschaft und verteilten als erstes Parkgutscheine. „Wir wollen uns gemeinsam mit den anderen Werbegemeinschaften bemühen, das Image der Stadt weiter zu verbessern“, versprach Vorsitzender Willi Scharun. In der Tiefgarage mit Zufahrt von der Poststraße aus hatten rund 300 Autos Platz. Durch drei Passagen fanden Käuferinnen und Käufer zu Fuß in das neue Einkaufszentrum hinein: am Berliner Platz, an der Hansastraße und am Altmarkt.
Gewinnbringend war das Hansazentrum für seine ersten Eigentümer offenbar aber nicht besonders. Etwa drei Jahre nach der offiziellen Einweihung übernahm es die Deutsche Warenhausverwaltungsgesellschaft. Die Rede war davon, dass die Vorbesitzer das Bottroper Einkaufszentrum mit Millionenverlusten verkauft haben sollen.
Vertreter der neuen Eigentümerin kündigten prompt auch einen Umbau an, der gut ein Jahr später in einer Nachtschicht begann. Ein begehbarer Glaspavillon empfing danach die Kunden am Berliner Platz. Auch eine dreieckige Kuppel aus Glas ließ in der Mitte mehr Licht in das Einkaufszentrum hinein.
Die ersten Geschäftsinhaber verabschieden sich schon wieder
Zentrumsmanager Gerhard Ricken stellte schon Mitte der 80-Jahre fest: „Bottrop leidet zur Zeit unter den wenig attraktiven Einkaufsgelegenheiten“. Auch in dem Einkaufszentrum wechselten immer wieder die Geschäftsführer und auch die Geschäftsinhaber. Der Nordsee-Fischhandel etwa verließ es Mitte 1987. Mit dem Discounter Netto war aber schnell ein Nachfolger gefunden. Andere Geschäfte wie Leder Schwarz wechselten die Ladenlokale, um sich zu verbessern, oder machten für neue Anbieter Platz. Mitte März 1988 kam zum Beispiel ein neuer Spielwarenladen aus der Richter-Gruppe hinzu.
Beim ersten Dienstleistungsabend 1989 waren auch im Hansazentrum in fast allen Läden die Lichter länger an. Große Begeisterung über die verlängerten Öffnungszeiten bis 20.30 Uhr herrschte allerdings kaum. So sagte Willi Scharun für die Werbegemeinschaft des Einkaufszentrums: „Wir können es uns nicht erlauben zu schließen, weil die anderen großen Zentren in der Umgebung alle geöffnet haben.“ Doch nach nur einem Jahr stellte er anerkennend fest: Der lange Donnerstag habe sich durchaus gelohnt.
Zur Jahrtausendwende ging ein Pionier von der Fahne
Partylaune herrschte zum zehnjährigen Bestehen des Zentrums, das die Kaufleute mit ihren Kunden im Mai 1991 drei Tage lang feierten. Ohnehin gehörte es zum Prinzip, die Kundschaft zu immer neuen Festen und Aktionen einzuladen. Auch bei Stadtfesten standen die Türen zum Hansazentrum zumeist weit offen. Da war die vorerst letzte große Umbauaktion im Erdgeschoss des Einkaufszentrums gerade abgeschlossen und ein dm-Drogeriemarkt eingezogen. Drei Jahre später gliederte sich auch das Textilhaus Rickert mit einer großen Schaufensterfront am Altmarkt und einem neuen Durchgang an das Hanszentrum an.
Gut 15 Jahre nach der Eröffnung übernahm die nächste Eigentümerin das komplett ausgebuchte Einkaufszentrum. Die Securum Vermögensgesellschaft aus Hamburg ließ es erst einmal für einige Millionen sanieren und setzte vor allem auch auf bessere Beleuchtungen. Dennoch gingen auch im Hansazentrum die Lichter irgendwann wieder früher aus. 1997 war Schluss mit dem späteren Ladenschluss und viele Läden schlossen um 19 Uhr. Dann ging auch noch ein Pionier von der Fahne: Fleischermeister Willi Scharun verließ das Hansazentrum im Jahr 2000 und eröffnete an der Poststraße das bis heute von vielen Kunden geschätzte Fleischereigeschäft.
Leere Ladenlokale bereiten erst nur wenig Kopfzerbrechen
Erste leere Ladenlokale bereiteten Dieter Mürer, dem nächsten Manager des Einkaufszentrums, im Jahr des 20-jährigen Bestehens, das im Mai 2001 eine Woche lang gefeiert wurde, noch wenig Kopfzerbrechen. Es gebe viele Interessenten, schwieriger war es dagegen neue Mieter für das geschlossene italienische Restaurant zu finden. „Zu fragen ist, ob die innerstädtische Abendgastronomie in Bottrop nach dem Centro noch eine Zukunft hat“, meinte er. Noch im selben Jahr standen die nächsten Verkaufsgespräche für das Zentrum an. Auch zwischenzeitlich hatte es schon erneute Besitzerwechsel gegeben.
Auch die GEA-Immobilien GmbH wollte sich nun aber wieder von dem Einkaufszentrum trennen. Zu den Kaufinteressenten gehörte die noch von dem früheren Versandhauspionier Werner Otto gegründete ECE-Gruppe aus Hamburg. Das milliardenschwere Immobilienunternehmen zählte damals mit seinen fast 70 Einkaufszentren zu den größten Betreibern von Shopping-Centern überhaupt. Den Hamburgern war das Hansazentrum für eine bloße Übernahme aber viel zu klein. Sie wollten seine Verkaufsflächen auf 20.000 Quadratmeter mehr als verdoppeln und hatten dafür den Berliner Platz im Auge.
Übernahmepläne des Otto-Konzerns scheiterten
Erst wusste darüber nur der Ältestenrat Bescheid. Als die Baupläne für den Berliner Platz aber dann doch öffentlich bekannt wurden, war die Aufregung groß. Viele wollten den Marktplatz für dieses Projekt nicht hergeben. Schnell stellt sich jedoch heraus, dass aus der Vergrößerung des Hansazentrums sowieso nichts wird, weil es für Bottrop viel zu groß geraten würde. Es dauert auch nicht lange, bis die Zentrumsmanager über weitere Leerstände berichteten. Hennes & Mauritz als Nachfolger wollte die bisherigen Rickert-Flächen im Hansazentrum nicht haben, die Pizzeria und Scharuns frühere Fleischerei standen weiter leer.
Durch die dauernden Wechsel bei Mietern, Eigentümern, und Managern geriet das Einkaufszentrum ohne echte Modernisierungen immer mehr in Turbulenzen. Ende 2004 kam es schließlich unter eine von der Eurohyp-Bank bei Frankfurt veranlasste Zwangsverwaltung.
Zum 25. Jubiläum im Jahr 2006 hoffte dessen Ex-Mieter Willi Scharun – inzwischen Vize-Präsident der Handwerkskammer Münster – noch auf eine Wiederbelebung. „Der Lack ist ab“, stellte aber Einzelhandelsverbandsvorsitzender Karl Reckmann ausgerechnet beim Jubiläumsempfang fest. Ohne falsche Rücksichtnahme nannte er das Einkaufszentrum schon damals „ein schwarzes Loch in Bottrops Mitte“.
Skeptiker glaubten schon 2008 nicht mehr an den Neustart
Neue Eigentümer fand es aber doch. Anfang 2007 kündigte die Unternehmensgruppe 3 C Real Estate AG ihren Einstieg an. Um die 45 Millionen Euro sollten in die Modernisierung fließen. Alle Geschäfte sollten vorher das sich leerende Einkaufszentrum verlassen, damit die Komplettsanierung beginnen konnte. Die meisten Händler waren aber sowieso längst in andere Ladenlokale umgezogen.
Skeptiker glaubten aber auch 2008 schon nicht mehr an die Wiedereröffnung, obwohl bei der von der Gläubiger-Bank Eurohyp AG eingeleiteten Versteigerung noch im selben Jahr als einziger Bieter ein Partner der 3 C Real Estate AG den Baukomplex und die dazu gehörenden neun Grundstücke für 13,5 Millionen Euro ersteigerte: der Apollo Redos Development Fund.
Der Textildiscounter Zeemann verließ 2010 als einer der letzen Mieter das Hansazentrum, im Herbst 2011 sollte der Umbau beginnen. Verträge mit der Elektronik-Fachmarktkette Saturn als neuer Ankermieterin seien unter Dach und Fach, hieß es. Das Steakhaus Drago schloss Weihnachten und zog zur Gastromeile um. Aus der schnellen Neueröffnung des Hansacenters wurde nichts, nächster Termin Spätsommer 2013. Bald stand auch ein Bauzaun vor dem Gebäude und es wurde wirklich gebaut. Der Rohbau war fertig, doch dann – ging die Projektgesellschaft pleite.
Nach der großen Pleite jagt ein Verkauf den nächsten
Es dauert Jahre, bis im Sommer 2016 die Publity AG aus Leipzig den leeren Riesenladen übernahm, und ihn ein Jahr später mit Gewinn wieder verkaufte. Neue Eigentümerin war die Cosimo Gruppe aus Duisburg. Ihre Chefs kündigten die Neueröffnung für den Sommer 2019 an, doch Ende 2019 stellte sich die Fakt AG aus Essen als neue Eigentümerin des noch immer leeren Einkaufszentrums vor. „Wir machen hier einen Neuanfang, und alles, was wir angefangen haben, haben wir auch fertiggestellt“, versprach Fakt-Vorstandssprecher Hubert Schulte-Kemper. Drei Jahre später war die Fakt AG insolvent.
Knapp 16 Monate nach der Insolvenz der Fakt AG ist das Hansa-Center verkauft worden. Es war im Besitz einer Tochtergesellschaft des Essener Unternehmens, der „Fakt Hansa Center Bottrop GmbH“. Auch sie hatte wenige Wochen nach der Zahlungsunfähigkeit des Mutterkonzerns im Dezember 2022 Insolvenz angemeldet.
Übernommen hat das Gebäude der Emerald Mezzanine Fund. Die Investmentfirma mit Sitz in Luxemburg hatte der Fakt AG einen Millionenbetrag geliehen – die Rede ist von 20 Millionen Euro. Als Grundpfand war das Hansa-Center hinterlegt worden. Der Fonds übernahm es schließlich ganz.
Nachdem die Pläne, das Hansa-Center in ein orientalisches Einkaufszentrum verwandeln zu wollen, scheiterten, haben die Investoren den Projektentwickler Multi Germany beauftragt, ein Konzept für das Hansa-Center zu entwickeln. Nun beginnt erneut das Hoffen, dass die riesige Innenstadt-Immobilie wieder mit Leben gefüllt wird.