Bottrop. .
Die Zeiten ändern sich und damit der Geschmack. „Wenn es früher kesselfrische Graupenwurst gab, haben wir mindestens zehn Kilo am Tag verkauft“, erinnert sich Fleischermeister Ulrich Scharun, „heute sind es vielleicht drei Stück.“ Von Eisbein oder Schweinebacke ganz zu schweigen. „Da haben sich die Leute damals drum gerissen“, bestätigt seine Mutter Margret Scharun. Und heute: „Der Mensch ist ernährungs- und qualitätsbewusster“, weiß Fleischermeister Burkhard Scharun. Und dieser Erkenntnis trug die Familie Scharun 1992 Rechnung – sie sattelte um auf Naturfleisch aus artgerechter Haltung.
Es war nicht nur eine Entscheidung aus purem Geschäftssinn. Vor allem für Margret Scharun (69), die mit ihrem 2010 verstorbenen Mann Willi die Firma zur Blühte verhalf, war es auch eine Frage des Prinzips, des Tierschutzes, „ . . .nachdem ich mit meinem Mann einen Bauernhof mit Massentierhaltung besichtigt hatte.“ Damals, 1992, war Scharun die erste Fleischerei, die im Emscher-Lippe-Raum auf „Bio“ umstellte. Das ließ selbst Umweltministerin Bärbel Höhn nicht ungerührt, die Grünen-Politikerin erwies dem Geschäft des CDU-Ratsherrn Willi Scharun ihre Ehre.
Heute blickt Scharun auf eine 100-jährige Geschichte zurück. Die Wurzeln der „Dynastie“ führt bis ins Jahr 1912 zurück, nach Halberstadt im Harz. Hier legte Gustav Scharun den Grundstein für einen Handwerksbetrieb, der sich bis heute in Familienhand befindet. Nach dem 2. Weltkrieg kehren Scharuns dem unternehmerfeindlichen System der DDR den Rücken. Auf der Johannesstraße eröffnet Willi Scharun sen. 1953 einen Produktionsbetrieb, der Verkauf läuft zunächst auf dem Wochenmarkt. 1958 folgt ein Geschäft an der Lehmkuhler Straße, planverdrängt durch den Brückenbau der A 42 ziehen Willi Scharun jun. und seine Frau Margret 1970 zur Essener Straße. Da existieren bereits Filiale und Produktionsbetrieb am Wienberg. 1980 dann Neueröffnung im Hansazentrum, 1993 in Kirchhellen und im Jahr 2000 an der Poststraße.
„Qualität, Transparenz, individuelle Produkte, das ist unsere Stärke“, erheben die Brüder Ulrich (42) und Burkhard (43) zum Geschäftsprinzip. „Wir produzieren alles selbst, bis auf internationale Spezialitäten wie Parmaschinken.“ Zum Jubiläum wollen sie Jubiläumswurst aus mehreren Generationen anbieten: Halberstädter Würstchen, Thüringer Mett, Westfälische Mettwurst, Bottroper Kutscherwurst.