Bottrop. Das Neun-Euro-Ticket gilt ab sofort, ist aber nicht für alle Pendler attraktiv. 40.000 Kunden der Vestischen haben es bislang gekauft.
Ab sofort gilt das Neun-Euro-Ticket in Bussen und Bahnen. Ist es, parallel zu den hohen Preisen an den Tankstellen, ein Anlass für Pendler, endlich vom Auto auf die Öffentlichen umzusteigen? Nicht unbedingt, zeigt das Beispiel einer Bottroperin, die für ihren Teilzeit-Job nach Dinslaken pendelt.
Und das liegt an den wenig komfortablen, Zeit fressenden Verbindungen im öffentlichen Nahverkehr. „Mit dem Auto fahre ich eine halbe Stunde, und normalerweise gibt es keinen Stau“, erzählt die Betreuungsassistentin, die in einer Senioreneinrichtung in Dinslaken-Bruch arbeitet. Das ist per Bus und Bahn utopisch: Es müssten jeweils mehrere Verkehrsmittel genommen, die Anschlüsse abgepasst werden, und das zu Schichtbeginnzeiten etwa auch sonntags.
Rabatt auf Benzin ab 1. Juni: Preise an Tankstellen vorher angezogen
Eine Verbindungsrecherche bestätigt: Die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln kann sich bis zu eineinhalb Stunden hinziehen – weil die Busverbindungen in Dinslaken nicht aufeinander abgestimmt sind, man drei bis vier Mal umsteigen muss oder vom Bahnhof zwei Kilometer läuft.
„Es müsste wenigsten ein Schnellbus einmal pro Stunde direkt nach Dinslaken durchfahren, dann wäre der Umstieg vom Auto interessant für mich“, sagt die Bottroperin. Und das, obwohl sie die hohen Spritpreise schon sehr deutlich im Portemonnaie spüre. Auf die Senkung der Energiesteuer ab heute, durch das Benzin um circa 30 Cent und Diesel um knapp 14 Cent günstiger werden soll, setzt die Pendlerin zudem erst einmal keine allzu großen Hoffnungen: „Ich finde, die Mineralölkonzerne haben die Preise mit Näherrücken des 1. Juni noch mal richtig aufgestockt.“
Vestische hat 40.000 Neun-Euro-Tickets verkauft
Ein Nutzer der WAZ-Bottrop Facebook-Seite gehört zu denen, die als Pendler vom Billig-Ticket zumindest teilweise profitieren. Er pendelte früher gerne per Rad von Gladbeck nach Bottrop. Indes: „Nun leb ich im Essener Süden, attraktive Radwege sind leider nur in Verbindung mit langen Umwegen vorhanden. Die Strecke fahre ich daher entweder mit dem Auto oder nutze bei gutem Wetter die S9 in Verbindung mit dem Rad. Durch das Neun-Ticket wird es wesentlich günstiger.“
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Insgesamt hat die Vestische bis einschließlich 30. Mai rund 40.000 Neun-Euro-Tickets verkauft. Sie ist für den öffentlichen Nahverkehr in Bottrop, im Kreis Recklinghausen und in einem Teil von Gelsenkirchen zuständig. „Wir gehen nicht davon aus, dass das auch 40.000 Neukunden sind“, stellt Jan Große-Geldermann klar, stellvertretender Pressesprecher der Vestischen. So mancher Kunde zum Beispiel, der sich sonst vielleicht monatlich ein Ticket im Kundencenter kaufe, dürfte nun auf das Sonderticket umgestiegen sein.
Vestische ist mit Personal am Limit
„Die Frage ist ja auch: Wie wollen die Menschen das Ticket nutzen?“, so Große-Geldermann. „Planen sie Ausflüge am Wochenende oder werden sie zu Stoßzeiten den Bus statt das Auto nehmen?“ Für die Vestische sei jedenfalls noch nicht abzuschätzen, wie sich die Situation auf den Buslinien entwickele. „Das wird mit Riesenspannung erwartet“ – und genau beobachtet. „Sobald wir merken, es gibt irgendwo Spitzen, werden wir versuchen zu reagieren“, kündigt der Vestische-Sprecher an. Allerdings sei das nur begrenzt möglich, „wir agieren bei Bussen und beim Personal beinahe am Limit“. Am Wochenende aber beispielsweise gebe es in den in den Bussen genug Kapazitäten.
Das Neun-Euro-Ticket kann weiterhin erworben werden, es gilt jeweils für Juni, Juli und August. Eine Limitierung gibt es nicht. Verkaufsstellen: Kundencenter der Vestischen, private Vertriebsstellen, Fahrkartenautomaten, Busfahrer/-innen, digital über die App oder im Ticketshop.