Bottrop. Keine theoretische Diskussion – warum SPD-Landes- und Fraktionschef Thomas Kutschaty Innovation City „genial“ findet und sie groß ausrollen will.

Gerade wenn es um den Klimaschutz geht, würden viele theoretische Diskussionen geführt, sagt Thomas Kutschaty. Dafür habe man aber keine Zeit mehr, vielmehr müsse endlich gehandelt werden. Aus diesem sieht der SPD-Landesvorsitzende und Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag auch das Bottroper Klimaschutzprojekt Innovation City als beispielhaft an. Hier würde vor Ort etwas getan und innerhalb von zehn Jahren sei es gelungen, den CO2-Ausstoß um die Hälfte zu reduzieren.

Diesen Ansatz müsse eine zukünftige Landesregierung aufgreifen und auf alle Städte in NRW ausweiten, so Kutschatys klare Aussage. Und wenn der SPD-Landesvorsitzende von einer „zukünftigen Landesregierung“ spricht, dann hat er selbstverständlich das Ziel, dass sie von der SPD geführt wird. Die Idee des Bottroper Klimaschutzprojekts bezeichnet Kutschaty als „genial“. Durch die Herangehensweise vor Ort, das Einbinden der Bürgerinnen und Bürger sei es gelungen, Erfolge zu erzielen. „Wir brauchen niederschwellige Angebote“, ist sich der Chef der NRW-SPD sicher.

Bottrop als Blaupause für ganz NRW

Am Mittwoch war Kutschaty vor Ort, hat sich von Oberbürgermeister Bernd Tischler und Innovation City-Geschäftsführer Burkhard Drescher noch einmal das Projekt, die Erfolge und auch die Maßnahmen, die zu diesen Erfolgen geführt haben, erläutern lassen. Im Anschluss machte er deutlich, dass das aus seiner Sicht „die Blaupause, nicht nur für NRW“ sei. Denn: „Was nützen theoretische Diskussionen rund um Passivhäuser. Deutschland ist gebaut, wir reißen die Städte ja nicht wieder ab.“ Die Mehrheit der Menschen wohne in bestehenden Häusern, vielfach aus den 1960er- und 70er-Jahren.

Heißt im Klartext: Wer im Bereich Wohnen den CO2-Ausstoß senken möchte, der muss bei den bestehenden Häusern und deren Eigentümern ansetzen. Und da setzt auch Innovation City mit seiner kostenlosen Energieberatung und den Zuschüssen, die auch für kleinere Maßnahmen schon gezahlt werden, an. Die Idee, die auch Drescher immer wieder propagiert und die die Innovation City zur Maxime erhoben hat. Der Grundgedanke dahinter: Auch viele kleinere Verbesserungen ergeben am Ende große Einsparungen. Und außerdem seien Hauseigentümer eher bereit, solche Maßnahmen zu ergreifen.

Förderung hat über 20 Millionen-Invest ausgelöst

Vor dem Hintergrund kritisiert Drescher auch regelmäßig die Förderpolitik – etwa auch der KfW-Bank. Die Hürden, hier eine Förderung zu erhalten, seien viel zu hoch, gleiches gelte für den bürokratischen Aufwand. Wie es anders geht habe die Förderung in Bottrop gezeigt. 2,75 Millionen Euro, die die Stadt aus Städtebaufördermitteln in den vergangenen Jahren erhalten hat, hat sie an Bürger weitergeleitet. Diese Summe hat Gesamtinvestitionen von über 20 Millionen Euro im Projektgebiet ausgelöst.

Zahlen und Rechnungen, die in Kutschatys Augen überzeugend sind. „Wir müssen die Förderungssystematik ändern“, so sein Fazit. Er will den Städten wieder die Möglich geben, Städtebaufördermittel für energetische Sanierungen an die Bürger weiterzugeben. „Kleinere Maßnahmen bringen im Verhältnis zum eingesetzten Geld mehr.“ Aus Kutschatys Sicht müssten die Städte die Fördergelder verteilen, sie seien dazu am besten in der Lage.

Fördertopf für Bottrop ist nun komplett ausgeschöpft

Erst vor wenigen Tagen hat die Stadt Bottrop mitgeteilt, dass der entsprechende Fördertopf nun erschöpft sei, keine weiteren Anträge für Modernisierungsmaßnahmen mehr gestellt werden könnten. Allerdings, darauf weisen sowohl Drescher als auch Tischler hin: Nach wie vor gebe es das Angebot einer kostenlosen Energieberatung für alle Bottroper. Ein solches Beratungsangebot wünscht sich Kutschaty ebenfalls flächendeckend in NRW. So lasse sich aus seiner Sicht Klimaschutz auch praktisch in der Fläche umsetzen.

Ergebnisse am 15 Juni

Zum Jahreswechsel endete das auf zehn Jahre angelegte Innovation City-Projekt in Bottrop eigentlich. Nun gilt es Bilanz zu ziehen, ob das angepeilte Ziel, 50 Prozent CO2 einzusparen, erreicht wurde. Am 15 Juni ist die Abschlussveranstaltung geplant, dann soll die Bilanz vorgestellt werden.Aktuell wertet das Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt und Energie die entsprechenden Zahlen aus, so Burkhard Drescher. Parallel dazu werte das Ruhr-Forschungsinstitut in Bochum aus, welche Investitionen Innovation City ausgelöst hat und welche Effekte das Projekt auf die Arbeitsplätze und die Wirtschaft in der Region hatte.

Was den Sozialdemokraten zusätzlich beeindruckt: Dass durch die Bottroper Maßnahmen Mieten nicht übermäßig angestiegen seien, dass es nicht zulasten von Arbeitsplätzen ging – im Gegenteil lokale und regionale Betrieben hätten von den Investitionen profitiert – und auch die Mobilität sei nicht eingeschränkt worden sein. Übrigens: Auch die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken hatte bei ihrem Besuch im Herbst das Klimaschutzprojekt gelobt und als ein Modell dafür bezeichnet, wie man den Wandel organisieren könne.