Bottrop. Alleen, Rasen in Vorgärten – in der Gartenstadt Welheim ist selbst die Geländerfarbe vorgeschrieben. Nun zurrt der Bottroper Rat die Regeln fest.
Die Gartenstadt Welheim soll bleiben wie sie ist und ihren Denkmal-Charakter behalten. Deshalb sichert der Bottroper Stadtrat jetzt das Erscheinungsbild der historischen Arbeitersiedlung im Bottroper Südosten für die Zukunft weiter ab. Damit will die Stadt dafür sorgen, dass die denkmalgeschützten Arbeiterwohnungen mit ihren großzügigen Gärten sowie das viele Grün und die zahlreichen Bäume entlang der Plätze und Straßen in der Gartenstadt dominierend bleiben. Mit ihrem einstimmigen Beschluss schließen die Ratsmitglieder daher eine Neubebauung in der Gartenstadt Welheim weitestgehend aus.
Schönste Siedlung
Die Gartenstadt Welheim wurde von 1914 bis 1923 für die Bergleute der damaligen Schachtanlage 1/2 der „Zeche Vereinigte Welheim“ gebaut. Die Bergarbeitersiedlung wurde im Zweiten Weltkrieg wurde stark zerstört, fast ein Viertel der Häuser musste wieder neu aufgebaut werden.Im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Emscherpark wurde die Siedlung modernisiert und die Wohnqualität durch die Zusammenlegung von Wohnungen sowie den Einbau von Bädern gesteigert. Seit 1993 greift für die Siedlung der Denkmalschutz.Geografie-Studentinnen und Geografie-Studenten der Universität Hamburg erklärten die Gartenstadt Welheim nach ihrem Besuch vor Jahren zur schönsten Zechensiedlung des Ruhrgebietes.
Vorschriften zur Gestaltung dieses historischen Stadtviertels gibt es schon lange. Nicht nur die Häuser, die die Stadt und das Land in den 1990er Jahren bis kurz nach der Jahrtausendwende modernisieren ließen, stehen unter Denkmalschutz, sondern zum Beispiel auch Vorgärten und Baumreihen. Allerdings sind Klagen der Anwohner über immer neue Verstöße gegen diese Regeln, die neben der korrekten Auswahl von Hecken oder der richtigen Farbe von Geländern sogar das Aussehen der Treppen vor den Haustüren festlegen, fast so alt wie diese Vorschriften selbst.
Wohnungsunternehmen verkaufte denkmalgeschützte Häuser
Der Schutz vor unerwünschten Eingriffen in das Erscheinungsbild der Gartenstadt war aber rechtlich nicht mehr auf dem neuesten Stand. Die Stadt sah sich außerdem zum Einschreiten gezwungen, weil viele der neuen Eigentümer Ausbaupläne und Umbauwünsche für ihre Gebäude anmeldeten, nachdem das Wohnungsunternehmen Vonovia seit 2005 mehr und mehr der historischen Häuser in der Siedlung verkauft hatte. Außerdem gebe es auch immer wieder Anfragen für diverse Neubauten auf den freien Flächen in der Gartenstadt, berichtet die Stadtverwaltung.
Die Stadt will aber verhindern, dass das jetzige Erscheinungsbild der historischen Siedlung, die so zu Beginn des 19. Jahrhunderts gebaut worden war, durch solche Neubauten im Inneren oder am Rand der Wohnblöcke zunichte gemacht wird und schließt diese nun auch mit Hilfe eines neuen Bebauungsplans aus.
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Um den Charakter der Gartenstadt Welheim als reine Wohnsiedlung zu erhalten, sind etwa Hotels und Pensionen ebenso nicht erlaubt wie Verwaltungsgebäude sowie Gewerbebetriebe bis hin zu Gartenbaufirmen. Handwerksbetriebe, die nicht stören, und Läden zur Versorgung der Siedlung lässt die Stadt allerdings zu, außerdem Sportstätten, Kirchengebäude und soziale Einrichtungen.
Carports haben in Welheimer Vorgärten nichts verloren
Um den parkähnlichen Charakter des Straßenbildes zu sichern, das inklusive der Vorgärten bis an die Hausfronten heranreicht, erlaubt die Stadt auch Stellplätze vor den Häusern nicht überall. Garagen oder Carports dürfen Eigentümer – von Ausnahmen wie dem Laden an der Gungstraße abgesehen – nur ab Höhe der Rückfront ihrer Häuser bauen.
Selbst die Mulden zur Versickerung von Regenwasser, das von den Dächern und Hofflächen abfließt, sind unter Schutz gestellt. Die Hauseigentümer müssen diese Mulden auf Dauer erhalten und pflegen. Ihre versiegelte Grundstücksflächen dürfen nicht wieder an die städtische Kanalisation angeschlossen werden – und bereits überbaute Versickerungsmulden sind wiederherzustellen.