Bottrop. . Nach und nach werden Häuser in der geschützten Siedlung verkauft. An einigen Stellen ändern sich Kleinigkeiten. Denkmalamt dokumentiert Verstöße.

Die Gartenstadt Welheim gilt als Vorzeigesiedlung und als eines der wichtigsten Denkmäler in der Stadt. Die gesamte ehemalige Zechensiedlung steht unter Denkmalschutz, zusätzlich gibt es eine so genannte Gestaltungssatzung, in der ist genau festgelegt, wie die Häuser und auch die Vorgärten auszusehen haben.

Derart geflieste Hauseingänge sind laut Satzung nicht zulässig.
Derart geflieste Hauseingänge sind laut Satzung nicht zulässig. © Heinrich Jung

So sind zum Beispiel zur Einfriedung des Vorgartens nur die historischen grünen Geländer oder Ligusterhecken zulässig. Außerdem soll der Vorgarten eine Rasenfläche sein. Auch die Art der Treppenanlagen zu den Eingangstüren ist genau festgelegt – graue Betonstufen sollen es sein. Doch gerade hier hat sich schon einiges getan. So fallen immer wieder Eingänge auf, bei denen die Treppen gefliest sind.

Anwohner ärgern sich über Vergehen

Armin Mossner wohnt in der Siedlung und ihn ärgern solche Vergehen. Denn der einheitliche Eindruck gehe so nach und nach verloren. Und tatsächlich, wer wie Mossner, aufmerksam durch die Siedlung läuft, der sieht an einigen Stellen schon, dass manch ein Hausbesitzer es mit der Gestaltungssatzung nicht so genau nimmt. Statt des Rasens wachsen Stauden im Vorgarten, Tore aus Edelstahl sichern Hofzugänge ab und es gibt sogar einen modernen Stahlmattenzaun.

Gärten und Vorgärten
Gärten und Vorgärten © Heinrich Jung

Mossner verweist auf eine Gestaltungsfibel, die die Stadt aufgelegt hat, und die damals an alle Eigentümer verteilt wurde. Darin ist genau aufgeführt, was alles beachtet werden muss und sogar welche Farben für Fassaden und Haustüren genutzt werden dürfen. „Mir geht es darum, dass das einheitliche Bild erhalten bleibt“, sagt der Hausbesitzer. Er macht sich Sorgen, dass diese steten Kleinigkeiten einen Prozess in Gang setzen, der irgendwann nicht mehr aufzuhalten ist.

Passus zum Denkmalschutz in den Kaufverträgen

Die Vonovia, der die meisten Häuser dieser Siedlung gehören, ist dabei, die Gebäude nach und nach zu verkaufen. Doch selbstverständlich gelten die Denkmalschutzauflagen auch für die Käufer. „Deshalb versuchen wir die Häuser auch an langjährige Mieter zu verkaufen, die sich mit dem Charakter der Siedlung identifizieren“, sagt Vonovia-Sprecherin Jana Kaminski. Außerdem würden die Käufer ausführlich informiert, was es bedeutet, so ein geschütztes Haus zu kaufen. Ein Passus im Kaufvertrag stellt zudem noch einmal klar, dass sich der Käufer verpflichtet, sich über die Gestaltungssatzung zu informieren und sie anzuerkennen. Saniert wurde die Siedlung damals auch mit öffentlichen Geldern, die Bindungsfrist ist allerdings abgelaufen.

© DENISE OHMS

Bei der unteren Denkmalbehörde der Stadt ist man alarmiert. Gab es bisher mit der Wohnungsgesellschaft einen Ansprechpartner, der für zahlreiche Gebäude zuständig war, sind es nun viele einzelne Hausbesitzer, mit denen gesprochen werden muss. Und dass es erste Verstöße gegen die Gestaltungssatzung gibt, ist dort auch registriert worden. „Wir machen im Moment eine Bestandsaufnahme und halten die Verstöße fest“, sagt Thorsten Kastrup. Gerade die Themen Vorgärten und Hauseingänge habe man auf dem Schirm. „Und dann werden wir dagegen vorgehen.“ Er sieht den wachsenden Drang zur Individualisierung als einen möglichen Grund für das Problem.

Stadt will Gestaltungsfibel neu auflegen

Deshalb will die Stadt nun auch die Fibel noch einmal neu auflegen – um auch Veränderungen festzuhalten. Denn so sei es inzwischen in Absprache mit dem Landesverband erlaubt, die Eingangsstufen mit Naturstein auszulegen. Denn die Treppenanlage sei ein Schwachpunkt der Siedlung, so Kastrup. Doch trotzdem sind die Besitzer nicht frei in der Materialwahl. „Wir brauchen eine Materialprobe und aus der Ferne muss der einheitliche Eindruck, also die Betonstufen, entstehen.“

Insgesamt umfasst der Denkmalbereich der Siedlung 648 Hausnummern und Nebengebäude, in ganz Bottrop gibt es neun solcher Denkmalbereiche, dagegen steht ein Sachbearbeiter bei der Stadt. Zum Vergleich: In Duisburg gibt es sieben solcher Bereiche, in Düsseldorf zehn. Entsprechend schwierig gestalte sich die Kontrolle“, so Kastrup.

Er macht die Hausbesitzer zudem noch einmal auf Fördermöglichkeiten für Sanierungsarbeiten aufmerksam. Der Stadt steht ein Topf zur Verfügung, aus dem kann sie auf Antrag Zuschüsse an Hausbesitzer auszahlen. Rund 20 000 Euro stehen zur Verfügung, „kein Riesentopf, aber wir sind froh, dass wir ihn wieder haben“.

System zur Regenwasserversickerung

Das Regenwasser von den Dächern der Siedlung fließt nicht in die Kanalisation. Als die Häuser während der Internationalen Bauausstellung Emscherpark saniert wurden, entwickelte die Emschergenossenschaft für die Verantwortlichen ein System, um das Regenwasser auf den großen Grundstücken und Grünflächen versickern zu lassen. Zu dem System gehören auch Senken in den Gärten und Vorgärten der Häuser. In denen wächst Gras, dort sammelt sich das Wasser und versickert.

Nur: In einigen neu gestalteten Vorgärten sind die Senken inzwischen verschwunden. In manchen Gärten haben sich die Hausbesitzer einen Freisitz angelegt und die Senken zugeschüttet. Mossner befürchtet, dass das Wasser von den Dächern sich nun seinen Weg sucht, Nachbargärten versumpfen könnten oder aber für feuchte Kellerwände sorgen könnte, sofern die Hausbesitzer sich nicht wieder an die Kanalisation angeschlossen haben – und entsprechend Gebühren zahlen.

Rechtlich nichts gegen den Rückbau zu machen

Eine Sorge, nicht ganz unbegründet, erklärt Michael Steinbach, der Sprecher der Emschergenossenschaft. Denn das System sei gemeinschaftlich geplant und funktioniere auch nur gemeinschaftlich, so die Warnung. „Aber rechtlich ist gegen den Rückbau nichts zu machen.“ Selbstverständlich sei die Emschergenossenschaft wenig begeistert, wenn das nun in Teilen zurückgebaut werde. „So geht ja Stück für Stück verloren, was bereits erreicht war.“

Steinbach appelliert an die Hausbesitzer, die Senken nicht zuzuschütten. Es sei kein Problem, sie mit Terrassenkonstruktionen zu überbauen, „aber sie einfach zuzuschütten ist die schlechteste Lösung.“ Er hofft, dass die Vonovia in künftige Kaufverträge einen Passus einbaut, nach dem das System zur Versickerung erhalten bleibt