Bottrop. Trotz wachsender Zulassungen machen E-Autos auf Bottrops Straßen nur ein Prozent aus. Ein Händler sagt: Wir könnten viel mehr E-Autos verkaufen.

Auf das Topmodell aus der Elektrofahrzeugflotte gehen die Kundinnen und Kunden im Autohaus Körber zuerst zu. Der neue Renault Megane E-Tech steht direkt hinter der Ladentür. „Elektrofahrzeugen gehört die Zukunft“, sagt André Körber. Zu der Vorhersage gehört für ihn nicht viel.

Die gesamte Branche habe sehr viel in die Produktion von E-Autos investiert. Die Werbung scheint komplett auf die E-Flotten ausgerichtet zu sein. „Wir könnten viel mehr Elektroautos verkaufen“, betont der Bottroper. Einerseits aber kommen die Autokonzerne in diesen Krisenzeiten mit den Lieferungen kaum nach, andererseits verunsicherten die Diskussionen über den Stopp der Kaufprämien die Kundinnen und Kunden sehr.

Die Flotte der E-Autos auf den Bottroper Straßen jedenfalls wächst zum ersten Mal überhaupt etwas schneller als die Pkw-Flotte mit allen Antriebsarten zusammen. Der Zuwachs an puren Elektrofahrzeugen, die in Bottrop zugelassen wurden, war zum 1. Januar 2022 größer als der Zuwachs an insgesamt zugelassenen Pkw. So wuchs die E-Autoflotte um 376 Fahrzeuge und die Gesamtflotte um 357 Pkw. Das geht aus den Zahlenkolonnen hervor, die die NRW-Landesstatistiker beim Kraftfahrtbundesamt hervorgesucht haben.

Zahl der E-Auto-Zulassungen in Bottrop zum zweiten Mal verdoppelt

Danach hat sich in Bottrop die Zahl der reinen E-Autos seit Beginn der 2020er Jahre zum zweiten Mal in Folge verdoppelt. So waren zum Stichtag 2022 zu Jahresbeginn 713 Elektroautos und 2011 Hybrid-Pkw zugelassen. Auf den Tag genau ein Jahr davor waren es 337 E-Autos sowie 1144 Hybrid-Fahrzeuge und Anfang 2020 nur 115 Elektrofahrzeuge und 591 Hybridautos. Der Anteil der Elektroautos in Bottrop ist damit aber noch immer verschwindend gering. Er liegt jetzt bei 1,01 Prozent. Insgesamt waren zum 1. Januar 2022 schließlich 69.922 Pkw zugelassen.

Das Interesse an Elektrofahrzeugen, wie dem neuen Renault Megane E-Tech, ist groß, berichtet Autohändler André Körber. Doch er sieht auch Hindernisse beim Bemühen, mehr Elektrofahrzeuge auf die Straßen zu bringen.
Das Interesse an Elektrofahrzeugen, wie dem neuen Renault Megane E-Tech, ist groß, berichtet Autohändler André Körber. Doch er sieht auch Hindernisse beim Bemühen, mehr Elektrofahrzeuge auf die Straßen zu bringen. © Unbekannt | Norbert Jänecke

Dabei haben die ersten Elektroautos schon einen langen Weg an Jahren hinter sich. Renault-Händler André Körber etwa erinnert daran, dass die französische Automarke schon 2013 mit der ersten Generation des elektrisch angetriebenen Kleinwagens, dem Zoe, auf den Markt kam. „Zoe war in einer Vorreiterrolle. Wir erreichen damit bei Gebrauchtwagenkunden inzwischen gute Erfolge. Die Batterien haben heute noch eine Ladekapazität von 90 Prozent. Da war selbst ich am Anfang ziemlich skeptisch“, sagt der Verkäufer.

Autobranche hat Lieferprobleme in Krisen und Krieg

Der Elektro-Neuwagen-Verkauf sei gerade jetzt in der gesamten Autobranche schwierig. „Das Interesse der Kundinnen und Kunden ist wirklich groß. Da haben sich die Prämien sehr positiv ausgewirkt. Wir könnten daher viel mehr Elektro-Pkw verkaufen, wenn sie denn schnell verfügbar wären“, erklärt der Händler. Die gesamte Branche habe jedoch mit Lieferproblemen zu kämpfen. „Wir leben nun einmal in Krisenzeiten - in der Corona-Krise, in der Ukraine-Krise, in der Chip-Krise“, meint der Autoverkäufer. Nicht nur der weltweite Chip-Mangel führe zu Produktionsverzögerungen, auch der Krieg in der Ukraine wirke sich negativ aus. „Auch die Kabelstränge aus der Ukraine kommen jetzt ja nicht an“, erklärt er.

Die stark gestiegenen Benzinpreise seien für die Kundschaft ein starker Anreiz, auf die günstiger ladbaren Elektroautos umzusteigen, stellt André Körber fest. „Niemand rechnet ja ernsthaft damit, dass die Spritpreise wieder stark sinken“, meint er. Mehr noch weckten die Kaufprämie und der Umweltbonus viel Interesse. Denn die batterieelektrischen Autos bis zu einem Nettolistenpreis von 40.000 Euro werden vom Staat vorerst bis zum Jahresende ja mit 6000 Euro gefördert. Hinzu kommt ein Herstelleranteil von 3000 Euro. Bis zu einem Preis von 60.000 Euro netto fördert der Bund mit 5000 Euro, vom Hersteller kommen 2500 Euro drauf.

Kunden sind wegen Unklarheit über Kaufprämie verunsichert

„Es gibt allerdings gerade dabei auch viel Verunsicherung, weil die Kundinnen und Kunden befürchten, dass die Förderung zum Jahresende ausläuft“, erklärt der Händler. Das sei bei jetzt längeren Lieferzeiten der Hersteller problematisch. „Die Prämie ist ja an die Zulassung gekoppelt, da haben die Leute jetzt die Sorge, dass sie dann im nächsten Jahr noch einige Tausend Euro zuzahlen müssen“, sagte der Bottroper. In anderen Ländern seien die Prämien an den Kauf der Elektrofahrzeuge gebunden. „Wäre das hier auch so, könnten wir viel mehr E-Autos auf die Straße bringen“, ist sich André Körber sicher.

An der Ladesäule am Quellenbusch in Bottrop dürfen die Fahrerinnen und Fahrer ihre Elektroautos mit der Parkscheibe bis zu drei Stunden lang gebührenfrei stehenlassen.
An der Ladesäule am Quellenbusch in Bottrop dürfen die Fahrerinnen und Fahrer ihre Elektroautos mit der Parkscheibe bis zu drei Stunden lang gebührenfrei stehenlassen. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Die neuen Elektroautos seien keineswegs mehr nur etwas für den Stadtverkehr, stellt der Renault-Händler klar. „Der neue Megane hat eine Reichweite von 475 Kilometern. In einer halben Stunde sind 80 Prozent des Ladevolumens wieder erreicht. Den Wagen kann man also auch für die Urlaubsreise nutzen“, sagt er. Potenzielle Käuferinnen und Käufer von Elektroautos kommen gut vorinformiert ins Autohaus am Südring. „Nicht wenige haben Photovoltaikanlagen und lassen sich eine Wallbox in die Garage bauen, an der sie das Auto bequem laden können“, berichtet der Verkäufer.

Discounter stellen Ladesäulen auf ihre Kundenparkplätze

Der Bordcomputer der neuen Elektro-Fahrzeuge weise außerdem auf die öffentlichen Ladesäulen im Stadtgebiet hin, von denen nach Expertenmeinung bis zum Jahr 2025 mehr als 200 zusätzlich gebraucht werden. „Die großen Discounter haben aber inzwischen auch Ladesäulen auf ihren Kundenparkplätzen. Bei einigen kann man sogar kostenlos aufladen“, meint André Körber.

Auch am Autohaus am Südring sei geplant, Ladesäulen aufzustellen, blickt er voraus. Dass die Fahrerinnen und Fahrer von E-Autos ihre Fahrzeuge an den Ladesäulen auf städtischen Parkplätzen gebührenfrei abstellen dürfen, findet der Bottroper gut. Mit Blick auf die Diskussionen um die erste Umweltspur in Bottrop sagt André Körber: „Es gibt Städte, da dürfen E-Autos auf der Umweltspur fahren“.