Bottrop. Die Verwaltung schlägt überraschend eine Containerunterkunft in Grafenwald vor. Drei Standorte stehen zur Auswahl, dafür fällt ein anderer raus.

Überraschung im Sozialausschuss: Die Verwaltung schlug den Ausschussmitgliedern in der Sitzung am Dienstag vor, eine Unterkunft für Flüchtlinge in Grafenwald zu realisieren. Drei mögliche Standorte hat sie ins Auge gefasst. Realisieren ließe sich die Unterkunft an allen drei Stellen, doch es gibt eine Prioritätenliste. Noch müssen Details geprüft werden.

Am liebsten wäre es der Verwaltung, die Unterkunft auf dem Parkplatz an Schacht neun am Vossundern aufzubauen. Ebenfalls in Frage käme ein Bereich an der Brandenheide, wo derzeit das neue Gewerbegebiet entsteht. Dritter möglicher Standort – der aber nur im äußersten Notfall genutzt würde – sei der Hans-Söller-Platz, so Sozialamtsleiterin Karen Alexius-Eifert. Doch darauf werde man nur zurückgreifen, wenn alle Stricke reißen, versicherte sie dem Ausschuss. Man wolle den Bürgern eigentlich keinen Festplatz wegnehmen, wenn es sich irgendwie verhindern ließe. Das gilt nicht nur für Grafenwald.

Standort in Bottrop-Fuhlenbrock wird stattdessen fallengelassen

Gleichzeitig zeigt die Entwicklung im Sozialausschuss auch, wie dynamisch die Situation ist. Zunächst hatte die Sozialverwaltung drei Standorte vorgeschlagen. In der Boy an der Körnerschule entsteht ein Containerdorf, zusätzlich will die Stadt von der RAG das Direktionsgebäude an Schacht 10 am Alten Postweg in Kirchhellen anmieten. Außerdem hatte man von der RAG ein Gebäude auf Franz Haniel im Fuhlenbrock anmieten wollen. Das jedoch hätte nur bis Jahresende zur Verfügung gestanden.

Das Direktionsgebäude von Schacht 10 am Alten Postweg – hier im Vordergrund des Fotos – wird nun zur Flüchtlingsunterkunft umgebaut.
Das Direktionsgebäude von Schacht 10 am Alten Postweg – hier im Vordergrund des Fotos – wird nun zur Flüchtlingsunterkunft umgebaut. © www.blossey.eu | Hans Blossey

Als man der Stadt nun doch noch eine Containerunterkunft angeboten habe, habe man sich umentschieden und sich auf die Suche nach einem Standort gemacht. Dafür verzichtet man nun auf die zeitlich so eng begrenzte Unterbringung auf Franz Haniel. Argumente, denen die Ausschussmitglieder folgen konnten. Einstimmig sprachen sie sich für die drei Unterkünfte in Kirchhellen, Grafenwald und in der Boy aus, wobei man der Verwaltung bei der endgültigen Entscheidung in Grafenwald Vertrauen entgegenbringt und ihr freie Hand lässt.

Diskussionsbedarf zur Flüchtlingsunterbringung am Alten Postweg in Kirchhellen

Zuvor gab es vor allem über den Standort am Alten Postweg Diskussionsbedarf. Der verursachte einigen Ausschussmitgliedern „Bauchschmerzen“, wie es Liane Beyer von den Grünen formulierte. Ihr wären zentrale Unterbringungen lieber gewesen. Dafür brachte sie das Karstadt-Haus in der Innenstadt oder auch – je nachdem wie es dort weitergeht – das derzeitige Impfzentrum im Südring ins Gespräch. Auch Festplätze wie im Bereich der Scharnhölzstraße oder Kirchen sollten geprüft werden.

Tatsächlich, so Karen Alexius-Eifert, habe man auch Festplätze auf dem Schirm – nur wolle man den Bürgern auch ihre Plätze zum Feiern lassen, so weit es möglich ist. Ausschussvorsitzender Matthias Buschfeld (SPD) urteilte zu den anderen großräumigen Unterkunftsideen: „Dann sind wir kurz vor Zelt.“

Hintergrund: Hier müssten für die einzelnen Geflüchteten und deren Familien mittels Bauzäunen Abteile abgetrennt werden. Von Privatsphäre kann in solchen Räumen keine Rede mehr sein. Deswegen würde die Stadt auch als Erstes – wenn irgendwann möglich – die Unterkunft in der Albrecht-Dürer-Schule aufgeben. Denn dort leben derzeit in den ehemaligen Klassenräumen zwei Familien, notdürftig getrennt durch blickdichte Bauzäune.

Unterbringung in Zelten will man in Bottrop vermeiden

Unterstützung erhielt Buschfeld von Uwe Rettkowski, jetzt Sprecher der SPD im Sozialausschuss, früher Geschäftsführer des Roten Kreuzes in Bottrop. Er erinnerte an die großen Unterkünfte in der Tennishalle an der Knippenburg oder im Saalbau während des Flüchtlingsstroms 2015/16, die teils vom DRK betreut wurden. Da habe man die Erfahrung gemacht, dass diese Art der Unterbringung nicht ideal sei, es dabei zu Konflikten kommen könne. Und Zelte, das ist bisher parteiübergreifender Konsens, will man in Bottrop zur Unterbringung nicht.

Am alten Postweg dagegen, so Karen Alexius-Eifert, gebe es diese Probleme nicht. Nach Beseitigung der Vandalismusschäden eigne sich die Unterkunft für bis zu 175 Menschen, die entsprechend räumlich getrennt dort leben können. Sie wies außerdem darauf hin, dass Flüchtlinge aus der Ukraine – im Gegensatz zu Menschen aus anderen Herkunftsländern – nicht selten auch motorisiert seien. Zudem sei die Anbindung des Standorts an den ÖPNV geplant.

Ausschussmitglieder wünschen Sicherheitsdienst und Raum für Ehrenamt

Aus dem Grund legten die Ausschussmitglieder ein Augenmerk auf Sozialarbeit und Betreuung, gerade am Standort Alter Postweg. Marianne Dominas (ÖDP) warb für Sicherheitskräfte und Anette Bunse (CDU) warb dafür, am Standort auch einen Raum für Ehrenamt zu schaffen, wo sich engagierte Bottroperinnen und Bottroper mit den Flüchtlingen treffen und Angebote machen können. Gleichzeitig mahnte Andreas Mersch (FDP) an, die Nachbarn rechtzeitig zu informieren und mitzunehmen. Das sei geplant, so die Zusage.

Zufrieden zeigten sich die Ausschussmitglieder parteiübergreifend, dass es bisher gelungen sei, die Flüchtlingsunterkünfte gut im Stadtgebiet zu verteilen. 2015/16 hatte es Kritik gegeben, weil viele Unterkünfte im Süden der Stadt waren. Die Verteilung sei nun besser gelungen, so das einhellige Lob.