Bottrop. Georg Kjurdian gibt einen beeindruckend Klavierabend in der Kulturkirche. Versteigerung einer Zeichnung von Brigitte Wiegmann erbringt 1250 Euro.
Nein, eingerostet zeigte sich Georg Kjurdian in der Kulturkirche ganz und gar nicht. Dabei liegt der letzte Konzertauftritt des Pianisten coronabedingt schon zwei Jahre zurück. Dazu hatte der gebürtige Lette für sein Bottrop-Debüt keine leichte Kost ausgewählt - auch für die Zuhörerschaft nicht. Mit den zentralen Werken, Brahms’ Sieben Fantasien op.116 und Beethovens As-Dur Klaviersonate op.110, standen eher subtile Spätwerke denn brillantes „Virtuosenfutter“ auf diesem Doppelprogramm, das es so in Bottrop wohl noch nicht gegeben hat.
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Denn eingebunden in den Soloabend war die Versteigerung des Bildes „Bachs Violinkonzert“ der Bottroper Kulturpreisträgerin Brigitte Wiegmann. Und dafür musste musste der Hausherr der Kulturkirche, Dirk Helmke, nicht einmal groß die Trommel rühren. Denn bereits in der Konzertpause hatten zwei Besucher schon Gebote abgegeben und die konstruktivistische Farbzeichnung auf 500 Euro getrieben.
Auktionserlös fließt in Programm und nächste Sanierungsschritte der Denkmalkirche
Grüblerisch bis melancholisch-aufwühlend kamen zuvor auch Brahms’ Fantasien daher. Überhaupt zelebrierte Kjurdian stets technisch versiert einen Abend der überwiegend langsamen Tempi, der dunklen Stimmungen. Drängend-zupackend stürzte er sich in das einleitende d-Moll-Capriccio, baute den Bogen geschickt über das a-Moll Intermezzo zum wuchtigen g-Moll-Capriccio um dann fast schwelgerisch in den vier Mollstücken zu verweilen. Als analytischer Gestalter zeigte sich der Pianist in Brahms’ geradezu wegweisenden E-Dur-Intermezzo der sieben in sich spannenden Stücke, bevor er im letzten aufbrausenden Capriccio noch einmal kräftig hinlangte, ohne dabei der Versuchung des Show-Effekts zu erliegen.
Fast grüblerisch-versonnen leitete er den zweiten Teil mit Bachs Präludium und Fuge es- und dis-Moll aus dem Wohltemperierten Klavier ein. Die raffinierten Betonungsverschiebungen des äußerst getragenen Präludiums arbeitete er ebenso fein heraus wie die kunstvoll angelegte zwischen Drei- und Vierstimmigkeit changierende Fuge, die in Kjurdians Interpretation romantisch-stimmungsvoll daherkam. Fast nahtlos schuf der Lette den Übergang zu Beethovens As-Dur-Sonate, die besonders im ausgedehnten Schlusssatz mit der Fugentechnik spielt, in die Georg Kjurdian zuvor das Publikum noch moderierend eingeführt hat. „Denken Sie an die schöne Josephine“, ermunterte der Pianist zuvor die Zuhörer und spielte auf Beethovens große - aber unmögliche - Liebe zur seiner adeligen Klavierschülerin an. Mit trotzigen Akkorden und heftigen Arpeggien ließ Kjurdian nach den vorausgehenden auch spieltechnisch anspruchsvollen Finessen den Finalsatz beeindruckend ausklingen. Für den schönen Applaus gab es sogar noch zwei Zugaben.
Alles eine gute Vorlage für den Fortgang der Auktion. Am Ende konnte Dirk Helmke nach mehreren Kunstpausen und einem kleinen Bietergefecht den Hammer fallen lassen: 1.250 Euro für „Bachs Violinkonzert“, die Brigitte Wiegmann ebenso wie den Verkaufserlös einiger Kataloge komplett für das Baudenkmal Kulturkirche zur Verfügung stellte. Ein Ergebnis, das auch die beim Neujahrsempfang anwesenden Mitglieder des Fördervereins erfreute.