Bottrop. Bottrops Schulausschuss hat sich mit der Forderung nach Testzentren an Schulen befasst. Auch Lehrerinnen und Lehrer sprachen sich dagegen aus.
Mobile Teststellen an den Bottroper Grundschulen – das war die Forderung, die die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zuletzt als Reaktion auf das Testchaos an den Schulen erhoben hat. Die Linke hat sich diese Forderung zu eigen gemacht und einen entsprechenden Antrag im Schulausschuss gestellt. Um das Ergebnis vorweg zu nehmen: Diese Testzentren wird es nicht geben. In der Diskussion im Ausschuss wurde deutlich, dass hier vor allem die Praktiker aus den Schulen diese Lösung ablehnen.
Susanne Pyrchalla-Siwek, die stellvertretende Leiterin der Grundschule Welheim, vertritt – im Wechsel mit einer Kollegin – die Grundschulen in dem Gremium. Sie machte deutlich, dass es ihr und ihren Kolleginnen am liebsten wäre, die PCR-Pooltest würden abgeschafft. Stattdessen sollten auch an Grundschulen dreimal in der Woche Antigen-Test, also Schnelltests durchgeführt werden.
Man habe gute Tests, die bei infizierten Kindern auch anschlagen. Derzeit werden die nur angewandt, wenn ein Pool positiv ist. Dann soll über den Antigen-Test das positive Kind herausgefunden werden. Andere, wie auch die Linke, argumentieren mit der größeren Sicherheit von PCR-Tests.
Bei positivem Pooltest saß ein infiziertes Kind schon den ganzen Tag in der Schule
Mehrfach brachte Linken-Vertreter Sven Hermens zudem vor: Nach einem positiven Pooltest würde man wissentlich mindestens ein infiziertes Kind wieder in die Schule rufen, es mit allen anderen testen und dann wieder nach Hause schicken. In keinem anderen Bereich käme man auf die Idee, eine infizierte Person wieder zurückzuholen.
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Widerspruch kam auch hier von der Grundschullehrerin. Ihr Argument: Das Ergebnis eines Pooltests kommt erst am Abend des Testtags. Ist der Pool positiv, hat ein infiziertes Kind schon den gesamten Tag in der Schule und womöglich auch in der Betreuung verbracht. „Was glauben sie, wie belastend es für Kinder und Kollegen ist, dass da den ganzen Tag lang ein positiver Schüler im Klassenzimmer sitzt? Warum können wir da nicht selbst testen?“
Bottroper Lehrerin beschreibt Stress und Anspannung an Pooltest-Tagen
Sie beschreibt, wie sich die Lehrerinnen und Lehrer an den Testtagen fühlen: „Pooltest-Tage sind einfach entsetzlich. Es macht mürbe, es geht an die Substanz.“ Den ganzen Tag über sei man angespannt, warte auf das Ergebnis des Pools und schaue immer wieder auf die App des Labors, in der Hoffnung, dort endlich die Entwarnung zu bekommen.
Susanne Pyrchalla-Siwek ist selbst Mitglied der GEW, doch die Forderung nach Testzentren an Schulen hält sie noch aus einem anderen Grund für falsch. Sie ist überzeugt, dass es für Kinder leichter ist, von Bezugspersonen und in einem gewohnten Umfeld getestet zu werden. Wenn ein Test positiv ausfalle, könne man das Kind so leichter auffangen. „In einem Testzentrum anonym aussortiert zu werden, das halten die Kinder nicht durch.“
Städtetag fordert an Grundschulen dasselbe Testkonzept wie an weiterführenden
Zustimmung erhielt sie von anderen Lehrern in dem Gremium. Auch Dominik Nowak (CDU), Meike Schöps (SPD) und Marianne Dominas (ÖDP) halten Testzentren an Schulen nicht für praktikabel. Tatsächlich gebe es seitens des Städtetages derzeit die Forderung ans Land, auf die Pooltests zu verzichten und auf Antigen-Tests vor Ort zu setzen, erläutert Schuldezernent Paul Ketzer. Auf einer Sondersitzung am Montag habe das Gremium das Land aufgefordert, die Tests an den Grundschulen nach dem Vorbild der weiterführenden Schulen zu organisieren. An den weiterführenden Schule funktioniere das gut, sagt Tobias Matheis, Schulleiter am Heinrich-Heine-Gymnasium.
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Grundsätzlich hätten die Städte dem Land auch deutlich zu verstehen gegeben, dass die Kommunikation schlecht war. Angesichts der Überlastung der Labore bei der Auswertung der PCR-Tests habe niemand infrage gestellt, dass es Änderungen geben musste, „aber die Art und Weise, wie man es kommuniziert hat, haben alle Schulträger kritisiert“.
Bottroper Schulausschuss kann nicht über Pandemiebekämpfung entscheiden
Auch zum Antrag der Linken äußerte sich Ketzer. Ein solcher Beschluss falle schlicht nicht in die Kompetenz des Schulausschusses. Der Antrag der Linken betreffe die Pandemie und deren Eindämmung. Entscheidungen darüber fielen aber in die Zuständigkeit des Krisenstabs. Wäre der Ausschuss der Linken gefolgt, hätte der Oberbürgermeister den Beschluss außer Kraft setzen müssen.
Aber auch der Krisenstab habe sich mit dem Antrag befasst. Man würde aber in die Strategie des Landes eingreifen. Über die könne man, so Ketzer, „geteilter Meinung sein“, aber auch das gehe nicht so einfach. Zumal das Sozialamt, das für die Genehmigung und Überprüfung der Testzentren zuständig ist, eine Umsetzung des Linken-Antrags für unrealistisch halte.
Es gebe auch nicht genügend Anbieter, die sich für Testzentren an den Schulen interessierten. Daher halte der Krisenstab es für nicht sinnvoll und nicht umsetzbar. Stattdessen wolle man auf Testzentrumsbetreiber zugehen und sie ermutigen, möglichst früh zu öffnen, dass Familien, die das wünschen, noch vor Unterrichtsbeginn einen Test machen können.
Unterschiedliche Zahlen
Im Ausschuss nannte Paul Ketzer auch Zahlen. Demnach galten, Stand Donnerstagmorgen, 754 Schüler als positiv. Diese Zahl schließe auch die Verdachtsfälle mit ein. Dazu kämen 25 Lehrerinnen und Lehrer, die positiv getestet waren. Das sind die Zahlen des städtischen Gesundheitsamtes.Die weichen jedoch von den Zahlen das Landes ab. Das hatte 653 positiv getestete Schülerinnen und Schüler gemeldet, dazu noch etwa dieselbe Zahl, die unter Quarantäne steht – Stand 26. Januar. Dazu kamen 65 Lehrkräfte in Quarantäne. Grundsätzlich so Ketzer, wichen die Zahlen der Stadt und des Landes voneinander ab. Der Grund: Schulen melden Infektionen direkt ans Land. Bis die Meldung beim Gesundheitsamt eintreffe vergehe noch Zeit.