Bottrop-Kirchhellen. Kirchhellener Züchter kämpfen mit den Folgen der Inflation. Ihr Wunsch an die Verbraucher: Lieber selten gutes Fleisch kaufen als dauernd billig.
Der Verbraucher spart, die Landwirte sind in Sorge. Nicht nur Direktvermarkter von hochwertigem Fleisch wie Burkhard Sagel und Claus Stratmann kämpfen zurzeit mit den Auswirkungen der Inflation. Sagel verzeichnet im Vergleich zu 2020 zwischen 20 bis 30 Prozent weniger Umsatz.
Das vergangene Jahr kann aus seiner Sicht nicht als Vergleichsgröße herhalten. „2021 war eine Berg- und Talfahrt. Wir hatten Monate, da ist der Verkauf durch die Decke gegangen und es gab Monate, da war es das genaue Gegenteil.“ Nun fährt der Umsatz langsam wieder in Richtung Tal. „Es geht auf die Sommerferien zu. Alle sparen für den Urlaub“, vermutet er als einen möglichen Grund. Und sicherlich seien auch die Preisanstiege der Lebensmittel Schuld an der Entwicklung. „Die Leute halten ihr Geld zusammen.“
Bauer Sagel: „Hochwertige Lebensmittel werden in Deutschland nicht wertgeschätzt“
Eine Sache will ihm dennoch nicht in den Kopf: „Nahrungsmittel sind meistens das erste, woran man spart.“ Er verstehe nicht, warum hochwertige Lebensmittel in Deutschland so wenig wertgeschätzt werden. „Der Bezug der Kunden zum Produkt ist nicht mehr gegeben.“
Er selbst betreibt tierfreundliche und soziale Landwirtschaft. Bei ihm genießen die Tiere ein Leben ohne Angst und Stress. Das, was er macht, bezeichnet er als „Nischenprodukt“. Der Konsum von Fleisch ist für ihn generell eine Einstellungsfrage. Wenn Fleisch bei den Leuten auf dem Teller kommen sollte, dann selten und bitte schön hochwertig – quasi ein Genuss mit gutem Gewissen. „Der Großteil der Bevölkerung will aber vom Fleisch billig satt werden“, meint Sagel. Dabei wüssten sie nicht mehr, was sie essen und wo es hergestellt wird.
Einmal verbal in Fahrt schaltet er einen Gang höher. „In solchen Momenten denke ich mir immer: Leute, dann esst doch lieber Pappe. Die hat keine Kalorien und ihr könnt noch Geschmacksstoffe beigeben.“ Außerdem ist er der Meinung: „Wir haben Lebensmittel, die viel zu billig sind. Und auf andere Dinge wird viel mehr Wert gelegt.“ Hier nennt er: Zigaretten oder teure Kleidung. Zum ersten Mal findet in den Sommerferien bei ihm kein Verkauf auf dem Hof statt. „In den Sommerferien sind die Leute mit ihren Gedanken woanders.“ 2021 hatte er maximal 50 Kunden. Das würde sich für das Geschäft nicht lohnen.
Claus Stratmann: „Früher hatten wir 20 Vorbestellungen, jetzt nur eine“
Ähnliche Umsatzeinbußen wie Burkhard Sagel registriert Claus Stratmann aus Grafenwald mit seiner „Manufaktur“, wie er es nennt. Er züchtet 14 schottische Hochlandrinder. Zwei bis drei Tiere werden im Jahr geschlachtet und von „Nose-to-tail“, also von Nase bis Schwanz, verarbeitet. Am 11. Juni steht er mit einem Verkaufsstand auf dem Bottroper Wochenmarkt. „Ich habe die Sorge, dass wir das Fleisch nicht verkauft bekommen.“ Diese alte, naturbelassene Rasse ist bei ihm 365 Tage im Jahre an der frischen Luft und wächst langsam heran. Dadurch bildet sich ein kurzfaseriges, zartes Fleisch.
Die Leute können oder wollen sich jedoch dieses hochwertige Produkt nicht mehr leisten. Ganz anders war die Situation vor der Inflation und Preisexplosion. „Damals hatten wir keine Absatzprobleme. Wir hatten circa 20 Vorbestellungen, bis jetzt nur eine“, sagt Claus Stratmann.
Kontakt zu Züchtern
Das Fleisch seiner schottischen Hochlandrinder wird Claus Stratmann am Samstag, 11. Juni auf dem Bottroper Wochenmarkt in der Innenstadt verkaufen. Bestellungen sind auf www.der-waldschrat.net oder unter 0171/ 6404346 möglich.Bauernhof Sagel: Informationen zum Fleisch, Bestellung und Versand sind zu finden unter www.bauernhof-sagel.de. Nächste Verkaufstermine auf dem Hof sind am 10./11. und am 25. Juni. Bitte rechtzeitig vorbestellen. Anschließend ist Sommerpause bis Freitag, 12. August. Außerdem bietet Burkhard Sagel verschiedene Veranstaltungen an wie Grill-Sessions, Eselwanderungen und Kuhkuscheln.