Kirchhellen. . 14 Menschen kommen regelmäßig zum Kuh-Kuscheln an den Dahlberg. Ab März will der Kirchhellener Bauer Kuh-Patenschaften vergeben
Diese Rindviecher haben es mal gut. Bei Bauer Burkhard Sagel auf dem Dahlberg bekommen sie nicht nur viel Platz im Stall und demnächst wieder auf der Weide, sondern zudem reichlich Streicheleinheiten. 14 Menschen wechseln sich dort ab beim Kuh-Kuscheln.
Zum Beispiel Dirk Diedrich. „Für mich ist das der perfekte Einstieg ins Wochenende“, sagt der Hygienetechniker. „Ich mag die sanften Augen und die Zutraulichkeit der Kühe.“ Seine Familie kennt das schon: Im Urlaub auf den österreichischen Almen streichelt er jede Kuh, an die er herankommt. Kuhkuscheln und ein saftiges Steak schließen sich in seinen Augen nicht aus. „Ich freue mich, wenn die Tiere ein gutes Leben haben. Aber dass sie am Ende auf dem Teller landen, ist Teil eines großen Kreislaufes.“
Anton (1) lernt, dass Kühe nicht lila sind
Vanessa Stange sieht das etwas anders. Die Krankenschwester ist wie Diedrich mit Tieren aufgewachsen, hat als Pferdebesitzerin ohnehin keine Angst vor großen Tieren und findet es wichtig, dass Sohn Anton (1) lernt, dass Kühe nicht lila sind. Aber sie mag keine Kühe essen, die sie vorher gestreichelt hat: „Ich bin Vegetarierin.“
Das soll jeder Kuh-Kuschler halten wie er will, findet Bauer Burkhard Sagel. Er hatte die Idee der Begegnung zwischen Mensch und Kuh schon vor Jahren im Hinterkopf, als er seine Schweine abschaffte und mit seinen Kühen die Idee einer „tierfreundlichen Landwirtschaft“ umzusetzen begann. Inzwischen hat er genügend Gleichgesinnte und Geschäftspartner gefunden, das Geschäftsmodell funktioniert.
Kühe genießen das Streicheln
Jetzt geht er daran, weitere Ideen auszuprobieren. Beim Kuhkuscheln geht es ihm darum, den Tieren Zutrauen zu Menschen beizubringen. „Als die Kühe zu uns kamen, standen sie alle hinten an der Stallwand.“ Und jetzt? Sobald die Menschen sich durchs Gatter zwängen, wirft „Sharon“ ihre 700 Kilo Lebendgewicht herum und stellt sich in Position: Sie weiß genau, dass jetzt Streicheleinheiten fällig werden. Sagel nickt zufrieden. „Die Kühe haben etwas davon, die Leute haben etwas davon, und der Bauer freut sich.“
Nächste Idee: Kuh-Patenschaften
„Sharon“ ist übrigens im Wortsinn die Mutter von Sagels nächster Idee. Für ihr Kalb, das Mitte März geboren werden wird, sucht er noch vier „Kuh-Paten“, die sich jeweils zu zehnt den Unterhalt für ein Kalb teilen. Was bekommen sie dafür? „Die Paten können den Namen des Kälbchens aussuchen, es jederzeit besuchen. Und sie entscheiden darüber, wie lange ihre Patenkuh lebt.“ Im Stall will Sagel eine Web- Kamera installieren. So können die Paten sehen, wie „ihr“ Kalb geboren wird, und sein Aufwachsen auch von Zuhause aus begleiten.
Aktion: „Rettet 995“
Paten nach dem gleichen Modell sucht Sandra Niemann aus Hünxe übrigens auch für „Kuh 995“, in die sie sich verguckt hat und die sie vor dem Schlachter retten will, obwohl sie keine Milch mehr gibt. Dafür hat sie im Internet den Blog „Rettet 995“ ins Leben gerufen und am Niederrhein eine ordentliche Medienkampagne ausgelöst. Die Zeitungen, Radio und Fernsehen haben schon berichtet über die ungewöhnliche Rettungsaktion. Die ersten Paten haben sich auch schon gefunden. Was das alles mit Bauer Sagel zu tun hat? Na, raten Sie doch mal, in welchem Stall „995“ seit letzter Woche steht...
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