Bottrop. Die Sperrung der Halden Haniel und Beckstraße in Bottrop sorgt für Verdruss. Doch es gibt Argumente für Absperrungen im Freien, sagt der Virologe
Wer in Bottrop auf die Halde Haniel möchte oder die Aussicht vom Tetraeder genießen will, der landet an einer Absperrung. Beide Halden sind bis auf Weiteres nicht zugänglich. Der Krisenstab hat sie sperren lassen, weil zuletzt zu viele Menschen hier unterwegs waren, Abstände missachtet und keine Masken getragen wurden.
Die Entscheidung sorgt für Kritik – nicht nur in den sozialen Netzwerken.
Die ÖDP hatte zuletzt ein Ratsgremium gefordert, das mit in die Beratungen des Krisenstabs einbezogen wird.
Dabei bezog sich Ratsherr Markus Stamm auch auf die Haldensperrungen: „Für viele Bürger ist die Sperrung von Wegen an den Halden nicht nachvollziehbar. Die Bewegung an der frischen Luft ist gesundheitsförderlich, und die Gefahr von zu engen Kontakten ist dort offensichtlich nicht gegeben.“ Freizeitsportler beklagen sich, dass ihnen nun ihr Trainingsareal fehlt.
Viele auswärtige Besucher waren rund um den Tetraeder in Bottrop unterwegs
Zumindest bei der Frage, wie eng die Kontakte dort sind, gehen die Meinungen auseinander. Man sei aktiv geworden, so der Krisenstab, weil sich an ihn viele Bottroperinnen und Bottroper nach dem sonnigen Wochenende mit der Aufforderung gewandt hätten, „dem unverantwortlichen Treiben am Tetraeder und in den Zugängen“, so ein Zitat, Einhalt zu gebieten. Die Kennzeichen der Fahrzeuge auf dem Parkplatz hätten erkennen lassen, dass das halbe Ruhrgebiet auf der Halde unterwegs gewesen sei. Dazu gibt es in den sozialen Netzwerken auch Zustimmung: „Richtig so. Sind Sonntag dran vorbei gefahren – Massen an Menschen unterwegs.“
Auf Nachfrage der Lokalredaktion erklärt Prof. Dr. Ulf Dittmer, Direktor des Instituts für Virologie am Uniklinikum Essen, dass es grundsätzlich durchaus sinnvoll sein kann, auch Außenbereiche abzusperren.
Wenn sich dort immer wieder Menschen aufhielten, die die Abstandsregeln nicht einhalten und auch keine Masken tragen, könne das richtig sein. Dann seien es sicher gefährdete Orte, an denen sich das Virus verbreiten kann.
Niedrige Temperaturen und geringere UV-Strahlung erhöhen Infektionsrisiko im Freien
Zum Winter hin steige das Risiko, sich auch im Freien mit Corona zu infizieren. „Wir wissen, dass es Infektionen außerhalb geschlossener Räume gibt, und mit sinkender Temperatur steigt das Risiko, sich auch an der frischen Luft anzustecken.“ Hinzu komme, dass das Corona-Virus UV-sensitiv ist. Bei hoher UV-Strahlung sei das Virus eher inaktiv. Zum Winter hin sinkt aber die UV-Strahlung.
Wenn bestimmte Orte draußen nun also zu einem Treffpunkt von Gruppen werden, die hier immer wieder zusammenkämen, „dann ist die Schließung eine logische Konsequenz“.
Anders sei es dagegen, wenn es nur darum geht, dass man sich kurz auf schmalen Wegen begegnet und aneinander vorbeigeht. Hier verweist Dittmer auf die Richtlinien des Robert-Koch-Instituts, wonach ein erhöhtes Infektionsrisiko erst nach 15 Minuten direktem Kontakt besteht.
Krisenstab verweist auf weitere Grün- Wald- und Freiflächen in Bottrop
Selbstverständlich wird es auch auf den Halden genügend Menschen gegeben haben, die sich regelkonform und vernünftig verhalten haben.
Doch es habe eben auch andere gegeben, so der Krisenstab.
Und solche großen Flächen wie die Halden seien nun einmal nicht von Ordnungsdienst und Polizei auch nur annähernd zu kontrollieren. Sprich: Um diejenigen zu sanktionieren, die sich falsch verhalten, fehlt es schlicht an Personal.
So bleibt dem Krisenstab nur der Appell, „dass Tetraeder- und Haniel-Halde zwar wichtige, aber bei weitem nicht die einzigen Ziele für Sport- und Freizeitgestaltung sind. Schließlich sind von über 100 Quadratkilometer Fläche Bottrops über 60 Prozent Grün-, Wald- und Freiflächen.“ Zu solchen Flächen gehörten die vielen Wälder in Bottrop, der Stadtgarten, der Volks- und der Revierpark, die Seenbereiche. Die letztgenannten habe der Krisenstab zwar auch in den Blick genommen, aber auf Absperrungen verzichtet, „weil es da zwar auch durchaus voll gewesen, aber nach den zu beachtenden AHA-Regeln durchaus vernünftig zugegangen sei.“
Bottroper Krisenstab überprüft die Maßnahmen regelmäßig
Was die Halden betrifft, bleibt es zunächst bei den Absperrungen. Aber selbstverständlich werde die Maßnahme innerhalb des Krisenstabs immer wieder überprüft.