Bottrop. Eine Dame kann ihren Impfstatus nicht nachweisen. Da darf sie nicht ins Restaurant. Welche Folgen die 2 G plus-Regel in Bottrops Gastronomie hat.

Die Corona-Pandemie hat besonders die Gastronomie hart getroffen und bedroht viele Existenzen. Die seit Mitte Januar geltende 2 G plus-Regelung verschärft die Situation erneut. Doppelt Geimpfte und Genesene dürfen Restaurants und Cafés nur noch mit einem negativen Test besuchen. Ausnahmen bestehen für Besucher mit Booster-Status. Wie gehen Bottroper Gastronomen mit der Regel um, wie wird die Kontrolle gehandhabt, welcher Aufwand ist erforderlich?

Am Samstagabend im ausgebuchten Bahnhof Nord: Nach und nach treffen die Gäste ein und warten geduldig am Vorraum, Restaurantfachfrau Laura Laszetzki legt ihr Tablett mit Getränken ab und kontrolliert die Impfnachweise. Die Gäste wirken entspannt und halten bereits die diversen Unterlagen bereit. Eine ältere Dame in Begleitung ihrer Enkelinnen hat ihren Nachweis vergessen und sucht fieberhaft aber vergeblich in ihrer Handtasche. Trotz aller Beteuerungen und Bitten muss ihr der Eintritt verwehrt werden.

Kontrolleure weisen alte Dame ohne Nachweis ab

Restaurantleiter Christian Küper sicherte den drei Damen zwar zu, den Tisch noch reserviert zu lassen, rechnete aber nicht mit ihrer Wiederkehr: „Das ist auch für uns ein Verlust, das Geld fehlt heute Abend in der Kasse.“ Der Aufwand für die Kontrollen sei groß, besonders in Zeiten des Personalmangels, bei Gesellschaften mit gleichzeitig großen Andrang müsse eine zweite Kraft zur Kontrolle hinzugezogen werden. Auch Geschäftsführer Torsten Stöcker beklagt den Aufwand und erwartet ein Umdenken: „Die Politik muss jetzt handeln.“ Man müsse die Regeln lockern und zur Normalität zurückkehren.

Restaurantleiter Christian Küper - hier im Bahnhof Nord an der Kasse - klagt über den hohen personellen Aufwand für die Kontrollen der Gäste. Dabei fehle dch sowieso schon Personal.
Restaurantleiter Christian Küper - hier im Bahnhof Nord an der Kasse - klagt über den hohen personellen Aufwand für die Kontrollen der Gäste. Dabei fehle dch sowieso schon Personal. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Im Restaurant Große-Wilde auf dem Eigen wird die Kontrolle am Eingang an einem bereit gestellten Stehtisch mit allen Hinweisen durchgeführt. „Hier werden die Gäste rigoros aufgehalten“, erklärt Tina Große-Wilde, „es dauert halt ein bisschen.“ Auch sie beklagt den hohen Mitarbeiteraufwand und die Vielzahl der Vorschriften und Ausnahmen. Das System funktioniere ganz gut, ihre Gäste seien durchweg gerüstet, der größte Teil sei geboostert. „Wir wollen auch unseren Beitrag zur Bewältigung der Pandemie leisten, wir machen seit zwei Jahren alles mit“, aber langsam ginge auch die Geduld aus.

Einer muss wie in der Disco immer die Tür machen

Stefan Bertelwick vom Gasthof Berger in Feldhausen kann die Aussagen nur bestätigen. Der Aufwand zur Kontrolle sei enorm, besonders zu den Hauptzeiten „muss einer die Tür machen, wie in einer Disco.“ Mitarbeiter, die dringend im Service benötigt werden, müssen dafür abgestellt werden. Zusätzlich erfordere die Vielzahl der Möglichkeiten 2 G plus zu erfüllen, genaue Kenntnisse der Regeln und Zeiträume, das Empfangspersonal müsse intensiv und zeitaufwendig geschult werden.

In besonderen Härtefällen könne man zwar auf einen Schnelltest vor Ort zurück greifen, das ist aber noch aufwändiger und soll die absolute Ausnahme bleiben, „um nicht die Hauptperson einer Feier nach Hause schicken zu müssen“, sagt Bertelwick. Die meisten Gäste seien völlig entspannt und hätten ihr Unterlagen schon bereit, berichtet der Gastronom, blieben im Vorraum oder vor den Eingangsstufen stehen und seien sehr diszipliniert.

Dehoga sieht viele Betriebe in ihrer Existenz bedroht

Zumeist kämen aber auch nur Leute, die die Voraussetzungen erfüllen. Bertelwick zeigt Verständnis für die Maßnahmen, weil man damit Gäste und Mitarbeiter*innen schützen würde. Auch die drohenden Strafen seien abschreckend: „Wir müssen damit leben, es ist besser als im Lockdown letztes Jahr.“ Er freut sich auf den Tag, „an dem wir wieder nur am Eingang stehen und unsere Gäste mit Handschlag willkommen heißen können.“

Dezente Beleuchtung im Restaurant Bahnhof Nord in Bottrop: Die Gäste des Restaurants  haben Verständnis für die Kontrollen. Sie wirken entspannt und halten zumeist ihre Unterlagen schon bereit.
Dezente Beleuchtung im Restaurant Bahnhof Nord in Bottrop: Die Gäste des Restaurants haben Verständnis für die Kontrollen. Sie wirken entspannt und halten zumeist ihre Unterlagen schon bereit. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) NRW bezeichnet die 2G plus Regel als „ein wirtschaftliches Desaster für die Gastronomie.“ Viele Betriebe seien in ihrer Existenz bedroht. Etliche Gäste bleiben wegen der Umstände lieber zu Hause und lassen sich Essen liefern. Auch die ausbleibenden spontanen Besuche fehlen in den Abrechnungen der Restaurants. Die 2G plus Regel sei nicht mehr verhältnismäßig, erläutert Tina Große-Wilde als Vorsitzende des Dehoga Bottrop: „Das muss überprüft und überarbeitet werden, wir müssen Perspektiven sehen.“ Viele Betriebe in Bottrop litten unter Personalmangel und durch die Kontrollen „fehlen noch mehr Leute im Laden.“

Große Verärgerung über Regel-Chaos bei 2 G plus

In Restaurant falle das nicht ganz so stark ins Gewicht, weil die Gäste lange blieben, aber in Betrieben mit kurzen Aufenthaltsdauer wie in der Systemgastronomie, sei durch den kürzeren Aufenthalt auch ein Mehrfaches an Kontrollen erforderlich. „Da kann man doch keine fünf Leute hinstellen.“ Tina Große-Wilde weist auch auf die nicht mehr sinngemäße Situation im Hotelbereich hin, in dem immer noch zwischen notwendigen Geschäftsreisen und touristischen Reisen unterschieden wird.

Besondere Verärgerung herrscht laut einer Dehoga-Umfrage über das „Regel-Chaos“ bei 2G plus mit Ausnahmen für Geboosterte oder Geimpfte und Genesene mit Zeitabständen nach Genesung und Zweitimpfung, zeitweilig sorgen die Varianten des Impfstatus für Verwirrung. Besonders die Ausnahmen und Sonderregelungen sorgen für Kopfschütteln, die Kontrollen kosten Nerven, Zeit und Geld.