Bottrop. Drei heiße und trockene Jahre haben den Beständen stark zugesetzt. Die Fichte ist bereits eine seltene Baumart. Schädlinge noch in Wartestellung.

Ein kühler und vor allem feuchter Mai wird den Wirten, die jetzt gerade wieder ihre Außengastronomie öffnen dürfen, eher Tränen in die Augen treiben. Bottrops Förster und vor allem der Wald selbst nehmen das Wetter ganz anders wahr. „Der nasse Mai bedeutet für den Wald geradezu eine Atempause“ sagt Werner Meemken. Der Förster ist für gut 2100 Hektar Waldfläche des Regionalverbands Ruhr (RVR) zuständig und weiß, wie sehr vor allem die letzten drei trockenen Jahre und extrem heißen Sommer den Forstbeständen zugesetzt haben.

Die Fichte ist in Bottrop mittlerweile ein seltene Baumart

Die Fichte sei so gerade in der Kirchhellener Heide bereits zur seltenen Baumart geworden. Die Bestände seien vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg als schnell wachsendes Wirtschaftsholz angepflanzt worden und hätten im Gegensatz zum hier üblichen Mischwald wegen geringer Wurzeltiefe und dazu noch dem Borkenkäferbefall besonders gelitten, so Meemken.

Aber auch ältere Eichen, Buchen, Kiefern und manchmal sogar die fast unverwüstliche Birke seien dem Extremwetter zum Teil zum Opfer gefallen. „Bei alten Eichen oder Buchen ist es wie bei alten Menschen: Die können einfach auf drastische Veränderungen nicht mehr so gut reagieren.“ Insgesamt hätten sich 120 Hektar, also etwa fünf Prozent der RVR-Waldfläche in Bottrop gelichtet oder seien gänzlich kahl.

RVR-Förster Werner Meemken auf einer vom Sturm zerstörten Waldfläche im vergangenen April. Damals herrschte wegen der Trockenheit schon im Frühjahr Waldbrandgefahr.
RVR-Förster Werner Meemken auf einer vom Sturm zerstörten Waldfläche im vergangenen April. Damals herrschte wegen der Trockenheit schon im Frühjahr Waldbrandgefahr. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Aber auch dort passiert natürlich etwas. „Die Hälfte erneuert sich durch Naturverjüngung, auf der übrigen Fläche sorgen wir durch Bepflanzung für Neubewaldung“, sagt Werner Meemken. Fast 70 Prozent der Fläche seines Gebietes bestehe ohnehin aus Laubwald und der sei weit weniger stark von Hitze und Trockenheit geschädigt, als beispielsweise Fichtenmonokulturen im Sauerland. Andersherum könnte man sagen: „Der längerfristig angelegte Waldumbau hat sich durch die drei Katastrophenjahre auf einen Schlag erledigt, obwohl eine langsamere Entwicklung sicher besser gewesen wäre“, sagt der Förster.

In 40, 50 Zentimetern Tiefe ist der Boden immer noch trocken

Auch für Werner Meemkens Kollegen Markus Herber vom Landesbetrieb Wald & Holz ist die Witterung zurzeit ideal. „Der Regen seit Januar tut gut, ist aber bis jetzt trotz der zum Teil heftigen Güsse im Mai noch nicht in tiefere Schichten vorgedrungen, nach 30, 40 Zentimetern wird es schon wieder trocken“, weiß der Förster, der sich unter anderem um Bottrops kommunale Wälder wie den Köllnischen Wald oder das Vöingholz kümmert.

Aber auch Waldgebiete von Gladbeck bis Marl, kommunal wie privat, sind darunter. Drei Jahre gemischtes Wetter wären gut. Also das, was man früher als normalen Sommer bezeichnete, mit Wechsel von Sonne, Regen, ab und zu ein Gewitter: „Das würde die letzten Katastrophenjahre rausreißen, aber angesichts des Klimawandels kann man davon ja nicht ausgehen“, sagt Herber.

Fällungen oder Abtransport großer Bäume sind in der Brutphase nicht möglich

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Der Wald als Wasserspeicher, das brauche eben Zeit. Aber wenn der Speicher dann einmal wieder voll wäre, könnte das System Wald auch zwischendurch wieder ein dürres Jahr besser vertragen. Das aktuelle Wetter halte derzeit noch Schädlinge wie Borkenkäfer oder Eichenprozessionsspinner im Zaum.

Aber Frostspanner oder Eichenwickler lassen sich im Augenblick schon wieder gut beobachten. „Vom Borkenkäfer befallene Bäume, vor allem Fichten, versuchen wir derzeit noch abzutransportieren, aber schwere Arbeiten oder größere Fällungen sind gerade jetzt in der Vogelbrutphase nicht möglich, das würde zuviel Brut zerstören.“

Bei Aufforstungen nicht zu sehr auf exotische Arten setzen

Bei Aufforstungen gelte es übrigens, nicht zu stark auf so genannte widerstandsfähige Exoten zu setzen. Denn es gebe ja nicht nur Borkenkäfer und Co. Viele hiesige Insekten und andere Tiere seien auch von angestammten Baumarten abhängig, das müsse bei jeder Neuanpflanzung berücksichtigt werden.

„Zwischendurch mal ein paar Douglasien oder Ähnliches sind ok, das sind wie Fichten auch Wirtschaftsbäume“, so Herber, der auch die Waldbewirtschafter im Auge hat. Aber im Grunde gehe gerade auf den hiesigen Flächen der angestammte Mischwald vor. Neben einem Waldentspannungssommer mit möglichst wenig Tagen über 30 Grad lautet das Zauberwort aber nach wie vor: Regen!