Bottrop. Vonovia will ein Haus auf den Gartenflächen von Mietshäusern in der Bottroper Boy bauen. Die Mieter sollen ihre Gärten räumen – und sind empört.
Auf einmal machten sich fremde Leute in dem Gartenland hinter ihren Wohnungen zu schaffen. Als Kai-Peter Süßmuth das sah, lief er schnell hinter das Mietshaus an der Kraneburgstraße 73 und wies die Leute vom Hof. Seither fürchten die Mieter um ihre kleinen Gärten. Denn es waren Vermesser und Gutachter, die sich abwechselnd auf dem Grünland tummelten. Der Immobilienkonzern Vonovia will dort ein neues Mietshaus bauen lassen. Doch die zehn Mietparteien der beiden nebeneinander liegenden Häuser davor wussten lange von nichts. Inzwischen haben sie es schriftlich, dass sie bis zum Ende des Jahres die Gärten frei räumen sollen. Dagegen wollen die Mieter sich jetzt aber wehren.
Anwohner Dieter Jansen kennt das Gelände schon aus seiner Jugendzeit. „Die Gärten waren immer schon da“, sagt der 65-Jährige. Auch er hat sich so einen Garten eingerichtet. Das sei alles korrekt, betonen die Mieter. Schließlich müssten sie ja auch in ihren Nebenkostenabrechnungen für Gartenpflege bezahlen. Jansens Nachbarn haben ihre Gärten von ihren Vormietern übernommen. Einer der Nachbarn habe auch noch einen Anhang zu seinem Mietvertrag, in dem die Gartennutzung verankert sei.
Bottroper fürchten um Gärten: Neubauten nicht erlaubt
„Natürlich möchten wir das bisschen Grün hinterm Haus behalten“, betont Kai-Peter Süßmuth. Er hat gerade Urlaub und spielt gern mit Sohn Kay in seinem Garten. Ringsherum gibt es zwischen den kleinen Gartenlauben Sandkästen, einen kleinen Pool, eine Schaukel und ein Trampolin, an denen nicht nur der siebenjährige Grundschüler Freude hat. „Nachbarkinder kommen ebenfalls gern zum Spielen, auch welche aus den neuen Häusern hier“, sagt Kai-Peter Süßmuth. Der Bottroper und seine Nachbarn können nicht begreifen, dass das alles weg soll, weil es womöglich Neubaupläne stören könnte. „Und was passiert, wenn hier am Ende gar nicht gebaut werden darf?“, fragt Dieter Jansen.
Die Mieter weisen auf ältere Bebauungspläne hin, nach denen Neubauten im Hinterland ihrer Mietshäuser nicht erlaubt seien. Anderseits stehen die Kraneburgstraße entlang längst mehrere neue Häuser auch in zweiter Reihe. Die Anwohner haben allerdings auch den Verdacht, dass die Probleme durch den hohen Wasserspiegel in den Böden um ihre Miethäuser herum zugenommen haben, seit die Neubauten dort stehen. „Die Keller sind hier immer schon mal nass geworden, wenn es stark geregnet hat. So voll gelaufen wie jetzt, sind sie früher aber nicht“, meint Jansen, „wenn sie hier im Garten graben, stoßen sie inzwischen ja auch ab einem Meter zwanzig auf Wasser“.
Vonovia informiert per Hauswurfsendung – aber zu spät
Besonders stört die Mieter jedoch der Mangel an Information. Daran hätten auch Nachfragen bei der Stadtverwaltung nichts geändert, bedauert Kai-Peter Süßmuth. Immerhin habe der Vonovia-Konzern inzwischen per Hauswurfsendung seine Absichten etwas präziser gefasst. Allerdings habe das Schreiben mit Datum August erst in den Briefkästen gelegen, nachdem Vermessungsteams ohne Einhaltung von Terminen schon da gewesen waren und ihre Markierungen vorgenommen hatten, ärgern sich die Mieter über solche Rücksichtslosigkeiten.
Aus dem Vonovia-Schreiben geht die Absicht hervor, hinter der Kraneburgstraße 73 ein neues Mietshaus zu bauen. Außerdem kündigt der Konzern an: „Um eine ausreichende Fläche für die sichere Umsetzung und Realisierung des Neubaus zu haben, werden die Mietergärten voraussichtlich ab dem 1. Januar 2022 als zusätzliche Abstell- und Arbeitsfläche verwendet“.
Und was geschieht anschließend mit den dafür freigeräumten Gärten?, fragen sich die Mieter. Der Vonovia-Konzern hat zwar im selben Schreiben auch die Einladung zu einer Mieterversammlung angekündigt, sobald es die Sicherheitsbestimmungen wegen der Corona-Krise zu lassen, doch das zugesagte Mietertreffen steht noch aus.