Kirchhellen. Als „charmanten Resthof“ vermarktet die Volksbank derzeit den früheren Hof Bussmann. Er gehört zu den historischen Hofstellen Overhagens.

Eine der ältesten Hofstellen in Overhagen steht zum Verkauf. Für 1,1 Millionen Euro plus 145.860 Euro Nebenkosten bietet die Volksbank Rhein-Ruhr das Ensemble an der Dorstener Straße mit Haus, Stall und Scheune plus 7280 Quadratmeter Grundstück an. Anders als Nachbar Königshausen (erste urkundliche Erwähnung im Jahr 1222) taucht der „Hof Buschmann“, später Bussmann, allerdings im Archiv des Heimatvereins erst 1660 auf.

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In jenem Jahr ließ der Erzbischof und Kurfürst von Köln, zu dessen Besitz das Vest Recklinghausen gehörte, eine Art Volkszählung im Vest durchführen. Die „Churfürstliche Kellerey Horneburgh“ (manchmal auch als „Kellnerey“ bezeichnet; hatte nichts mit alkoholischen Getränken zu tun, sondern mit Finanzverwaltung) lieferte ein Verzeichnis aller Hofstellen mit Hinweisen auf Besitzverhältnisse, Abgaben sowie Dienstleistungen, zu denen die Kötter verpflichtet waren.

1660: Verzeichnis der Höfe im Kirchspiel Kirchhellen

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So entstand auch ein Verzeichnis der Höfe im Kirchspiel Kirchhellen. Es bestand damals aus dem Dorf Kirchhellen und den Bauerschaften Holthausen, Overhagen, Feldhausen, Ekel und Hardinghausen. Fehlt da nicht ein Ortsteil? Nein.

Grafenwald war damals ein Teil von Holthausen. Vom „Wald des Grafen“ begann man in Kirchhellen erst zu sprechen, nachdem die Abtei Werden 1733 den Vossundern als Lehen an die Grafen von Merveldt und Nesselrode gegeben hatte. Die Ortsbezeichnung „Grafenwald“ taucht erstmals auf im Urkataster (1822-24).

Brandstiftung, Raub und Mord: Die Franzosen kommen

Im Vestischen Lagerbuch ist der „Hof Buschmann“ als Kirchengut verzeichnet. Die Betreiber schulden der Abtei unter anderem zwei Reichstaler „nebens gewöhnlichen Diensten“. Wenige Jahre später fielen die Franzosen im Vest ein und brandschatzten, plünderten und mordeten – auch auf dem Hof Bussmann.

Im Holländischen Krieg (1672 bis 1678), einem Raubkrieg des französischen „Sonnenkönigs“ Ludwig IX, standen sich gegenüber: in der blauen Ecke Frankreich, England, Erzbistum Köln und die Hochstifte Münster und Lüttich; in der roten Ecke Niederlande, Spanien und das Heilige Römische Reich, das damals im Wesentlichen aus Deutschland und Italien bestand.

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Den Menschen im Vest half es wenig, dass ihr Kurfürst auf der Seite Frankreich stand. Als Ende Januar 1672 der französische Marschall Turenne mit seinen „Blauröcken“ die Lippe heraufzog, notieren die Chronisten „Brandstiftung, Raub und Mord“ in Overhagen. Auch auf dem Hof Bussmann, dessen Pächter 33 Reichstaler Schaden anmeldet, das 16-Fache der jährlichen Pacht. Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Als Köln und Münster 1974 die Fronten wechselten, gab es auch von den kaiserlichen Soldaten Einquartierungen, Plünderungen und Gewalttaten.

Ab 1822 wurde Kirchhellen im „Urkataster“ erfasst, in dem sich auch der Hof Bussmann findet.
Ab 1822 wurde Kirchhellen im „Urkataster“ erfasst, in dem sich auch der Hof Bussmann findet. © Unbekannt | Stadtarchiv Bottrop

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1816 kommt Kirchhellen zum Kreis Recklinghausen, 1820 kommt Ekel von Dorsten zurück nach Kirchhellen, 1822 beginnt die Erfassung Kirchhellen im Urkataster, in dem auch der Hof Bussmann verzeichnet ist. Ungefähr um diese Zeit entstand auch das heutige Hofgebäude, vermuten Experten aufgrund eines allerdings verstümmelten Inschriftbalkens, an dem das Datum fehlt: „Aufgrund des Spruches ist anzunehmen, dass der Balken aus der Zeit um 1820 stammt“, heißt es in einer Aufzeichnung im Archiv des Heimatvereins über den „Hof Ostrop-Mehring (früher Bussmann), Overhagen, Dorstener Straße 17“. Bis 1924 sind unter dieser Anschrift im Adressbuch Kirchhellens noch Bussmanns zu finden.

Käufer erwirbt kein Baurecht

Für die Fläche des früheren Hofes Bussmann gibt es nach Angaben des Planungsamtes keinen Bebauungsplan und deshalb auch kein Baurecht. Die Nutzung des Geländes ist gebunden an die strikten Einschränkungen des §35 Baugesetzbuch NRW für „Bauen im Außenbereich“.Nach Einschätzung des Planungsamtes geht dort als gewerbliche Nutzung nur Landwirtschaft. Ein Neubau ist nur unter strengen Auflagen möglich und auf keinen Fall sofort nach dem Kauf. Der Gesetzgeber knüpft an „die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle“ unter anderem die Bedingung, dass „das vorhandene Gebäude seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt“ wurde oder wird. Sachgebietsleiterin Angela Nohner vom Planungsamt formuliert es so: „Das Recht auf einen Neubau müsste ein Käufer sich erst erwohnen.“