Bochum. Steigende Fallzahlen bei Angriffen auf staatliche Bedienstete verzeichnen die Sicherheitsbehörden. Das sagt die Staatsanwaltschaft Bochum.

Pöbeln, bedrohen, beleidigen, schlagen, spucken: Behördenmitarbeiter müssen sich in Bochum regelmäßig mit übergriffigen Menschen auseinandersetzen. Es gibt mehr Ermittlungsverfahren wegen Gewalt gegen Amtsträger, mehr Verurteilungen: In einer Spezialabteilung kämpft die Bochumer Staatsanwaltschaft gegen alle Formen von Angriffen gegen staatliche Bedienstete.

Staatsanwalt Gabriel Klus spricht auf Anfrage dieser Redaktion von einem „zunehmenden Respektverlust in der Bevölkerung“. Und er betont: „Wer sich für den Staat und die Gesellschaft einsetzt, verdient besonderen Schutz, insbesondere durch eine konsequente Strafverfolgung.“

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Auf Bochumer Stadtgebiet wird statistisch an fast jedem einzelnen Tag ein Amtsträger tätlich angegriffen, bedroht oder verbal auf nicht mehr zulässige Weise attackiert. Die Stadt zum Beispiel hat externe Sicherheitskräfte eingestellt und will dies gegebenenfalls ausweiten. Die Fallzahlen der von der Polizei eingeleiteten Ermittlungsverfahren in den vergangenen fünf Jahren liegen zwischen 230 und 300 und sind leicht steigend.

Anzahl der Verurteilungen in NRW steigt an

Steigend war zuletzt auch die Zahl der Verurteilungen auf diesem Gebiet in ganz NRW. Wie das statistische Landesamt vor wenigen Tagen mitteilte, haben die Gerichte im Jahr 2023 insgesamt 2832 Menschen wegen Widerstandes oder tätlichen Angriffen auf Vollstreckungsbeamte verurteilt. Das waren 5,7 Prozent mehr als ein Jahr zuvor (2022: 2680). Zu den Vollstreckungsbeamtinnen und -beamten zählen in erster Linie Polizeibedienstete sowie Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher. Die Zahlen für 2024 liegen noch nicht vor.

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In 39,2 Prozent aller Fälle verurteilten die NRW-Gerichte im Jahr 2023 die Täter wegen des Widerstandes im Zusammenhang mit einer Vollstreckungsmaßnahme, etwa einer Verhaftung. Sie hatten den Einsatzkräften Gewalt angedroht oder angetan.

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Bei 60,8 Prozent der Verurteilungen ging es um körperliche Angriffe auf Beamte, ohne dass eine konkrete Vollstreckung anstand. Dabei ging es zum Beispiel um Randale von gewaltbereiten Fußballfans und Demo-Teilnehmern.

Sonderdezernat der Bochumer Strafverfolger führt auch Verfahren gegen Reichsbürger

Bei der Bochumer Staatsanwaltschaft wurde für alle Fälle dieser Art die Abteilung 320 gegründet, ein Sonderdezernat. Dort kümmern sich spezialisierte Staats- und Amtsanwälte um Straftaten gegen Amtsträger, Angehörige des öffentlichen Dienstes und der Jobcenter sowie Rettungskräfte, wie Staatsanwalt Klus erläutert. Daneben werden Verfahren gegen „Reichsbürger“ geführt.

Auch in der Abteilung 320 sind die Fallzahlen steigend. „Im Jahr 2024 wurden 1263 Verfahren gegen namentlich ermittelte Tatverdächtige neu eingeleitet“, berichtet Klus. Im Jahr davor waren es 1140 Verfahren. Die Zahl bezieht sich auf den gesamten Zuständigkeitsbereich der Anklagebehörde: außer Bochum auch Herne, Witten und Teile des Kreises Recklinghausen.

Dies sind die möglichen Strafen

Die Palette der in Betracht kommenden Strafen bei Übergriffen auf staatliche Bedienstete ist breit. Hier Beispiele:

Bei Beleidigung sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe vor.

Bei Straftaten wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte reicht der Strafrahmen von einer Geldstrafe bis zu drei Jahren Haft; wenn eine Waffe dabei ist, sogar bis zu fünf Jahren.

Bei einem tätlichen Angriff muss ein Täter grundsätzlich mit Strafen zwischen drei Monaten und fünf Jahren Haft rechnen.

Für „gefährliche Körperverletzung“ sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor.

Das Sonderdezernat wurde bereits 2019 eingerichtet. „Verbunden war damit die Erwartung, durch eine fokussierte Bearbeitung eine schnelle, konsequente und nachhaltige Strafverfolgung zu ermöglichen, die der besonderen Gefährdungssituation und Belastung der staatlichen Bediensteten Rechnung trägt“, so Klus. „Diese Erwartung hat sich nach den seither gemachten Erfahrungen erfüllt.“

Anzeigenbereitschaft der Geschädigten steigt

Mit dem Dezernat habe auch ein Netzwerk mit betroffenen Behörden geschaffen werden können. „Die behördenübergreifende Zusammenarbeit hat zu einer erhöhten Anzeigebereitschaft der Betroffenen geführt.“ Somit seien auch Übergriffe ans Licht gekommen, von denen die Justiz sonst nichts erfahren hätte.