Bochum-Wattenscheid. Frauen, die unverhofft ihr Kind verlieren, machen sich oft schwere Vorwürfe. Eine Beratungsstelle in Bochum will ihnen neuen Mut machen. Nur wie?
Sie werden „Sternenkinder“ genannt: Babys, die nie einen Fußabdruck hinterlassen werden, sondern bei den Sternen landen. Frauen und Paare, die mit Fehl- und Totgeburten fertig werden müssen, fallen in eine tiefe Trauer. Um dort herauszufinden, gibt es seit Anfang dieses Jahres ein neues Projekt: „Beratung und Begleitung bei Schwangerschaftsverlust“, beim SKFM, Sozialdienst katholischer Frauen und Männer, in Wattenscheid.
Zum Verein fand Susanne Starkmuth aus eigener Erfahrung
Ins Leben gerufen hat es Susanne Starkmuth, und zwar aus ganz persönlichen Gründen. Sie war vor einigen Jahren selbst eine Betroffene, hatte ihr Kind verloren. „Ich habe nach Unterstützung gesucht. Doch damals gab es kaum Beratungsstellen, die so etwas anbieten, selbst online fehlten Angebote.“ So richtete sie selbst 2017 ein Forum ein, bis heute ist es existent. Inzwischen gehört sie fest zum Team des SKFM: Bei Petra Keuthage, die Schwangerschaftsberatung im Verein anbietet, lief sie mit ihrem Konzept offene Türen ein. Zuvor hat Susanne Starkmuth eine Trauerbegleitungsausbildung gemacht.
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
Seit Gründung ihrer Onlineberatung half sie Frauen ehrenamtlich. Dann suchte sie eine Beratungsstelle, wo sie sich professionell andocken konnte, und wurde in Wattenscheid fündig. Und schon seit den ersten vier Wochen hat sie eine Reihe von betroffenen Frauen und Familien, die sie regelmäßig begleitet. Zusätzlich gibt es Gruppenabende, an denen sich die Menschen untereinander austauschen können. „Ich habe mich bei Gynäkologen, anderen Beratungsstellen, Hebammen und in Krankenhäusern vorgestellt, sodass diese bei Bedarf betroffene Frauen an uns weiterempfehlen können.“
Beratungsstelle ist auch für Frauen nach Abtreibung offen
Für Frauen, die ein Kind durch Fehl- oder Totgeburt verloren haben, ist die Suche nach Hilfe in ihrer Trauer alles andere als leicht. „Sie tasten sich heran, sind unsicher und verzweifelt, wie sie mit der Situation umgehen sollen. Viele fallen in ein abgrundtiefes Loch“, sagt Starkmuth. Sie stellt Fragen wie „Gibt es jemanden zum Reden?“. Jemanden, der nicht nur mit Floskeln reagiert wie „Du kannst doch wieder schwanger werden“ oder „Wer weiß, wozu es gut ist“. Sie will den Frauen vermitteln: Du bist nicht allein. Hilfreich dabei ist ihre ruhige Art und die einfühlsame Stimme.

Ganz unterschiedliche Gefühle prasseln auf die Frauen ein. Petra Keuthage erinnert sich an eine junge Frau, die mit ihrer Schwangerschaft anfangs haderte. „Dann verlor sie ihr Kind in der 24. Woche und machte sich die schlimmsten Vorwürfe, glaubte, zum Tod des Kindes beigetragen zu haben.“
Auch Frauen, die eine Abtreibung hatten und trauern, sind beim Verein willkommen, ob online oder vor Ort. Keuthage: „Oft fühlen sie sich schuldig und reglementieren sie sich selbst nach dem Motto: ,Ich habe mich ja so entschieden.‘“
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An der Westenfelder Straße gibt es neben dem Gruppenraum ein kleines Zimmer, das Einzelgesprächen vorbehalten ist und eine freundliche Atmosphäre ausstrahlt. Die Wände hat Susanne Starkmuth mit Sinnsprüchen dekoriert, die zum Thema passen wie Victor Hugos „Du bist nicht da, wo Du warst, aber Du bist überall, wo wir sind.“ Wichtig sei, die Trauer zuzulassen.
Starkmuths Stelle ist auf 15 Wochenstunden begrenzt und wird die nächsten drei Jahre lang vom Deutschen Hilfswerk bezahlt, 8000 Euro muss der Verein selbst durch Spenden dazu schießen.
Kontakt zur Beratung
Die Beratung und Begleitung bei Schwangerschaftsverlust ist online erreichbar über www.fehlgeburt.info, telefonisch unter 0175-7130557, Zentrale 02327 9658460, E-Mail: starkmuth@skfm-wattenscheid.de oder persönlich an der Westenfelder Straße 56.
Hilfe gibt es bei Fehl- und Totgeburten, bei Abbrüchen, bei der Bestattung, bei medizinischen Fragen.
Auf dem katholischen Propsteifriedhof in Wattenscheid an der Saarlandstraße existiert ein Gräberfeld für Sternenkinder.