Bochum. Der langjährige Chef der Bochumer Symphoniker stammt aus Los Angeles und sieht die Nachrichten mit Schrecken. Auch seine Familie ist betroffen.
Es ist eine der schlimmsten Naturkatastrophen der US-Geschichte: Seit über einer Woche brennt es in Los Angeles. Ganze Landschaften und Straßenzüge gleichen Ruinen – und die gefährlichen Winde drohen die Feuer immer weiter anzufachen. Über 9000 Kilometer entfernt bereitet sich der ehemalige Bochumer Generalmusikdirektor Steven Sloane auf sein nächstes Konzert mit den Symphonikern im Musikforum vor, doch die Nachrichten aus seiner Heimatstadt haben ihn sichtlich mitgenommen. „Es ist unvorstellbar, was dort gerade passiert“, sagt er. „Schrecklich!“
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Steven Sloane stammt aus einem beschaulichen Örtchen in Los Angeles
Der amerikanische Dirigent, der 27 Jahre lang die Bochumer Symphoniker leitete, stammt aus Brentwood, einem Stadtteil im Westen von Los Angeles. Seine Stiefmutter, seine Cousins und viele enge Freunde wohnen in dem beschaulichen Örtchen, das von den Feuern bislang weitgehend verschont geblieben sei, wie Sloane erzählt. „Es geht ihnen gut, ihre Häuser sind unversehrt, aber sie sitzen alle auf gepackten Koffern“, erzählt er. „Denn niemand weiß, wie sich die Lage entwickelt und ob die Brände bald auch bei ihnen ankommen werden.“
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Übers Telefon und die sozialen Medien hält Sloane aus Deutschland engen Kontakt zu seiner Familie und Freunden, denen die Schrecken der letzten Tage sichtlich zugesetzt hätten. Ihm fällt es schwer, die Nachrichten und die Bilder aus den betroffenen Brandgebieten anzuschauen. „Das muss man sich mal vorstellen: Pacific Palisades, ein so wundervoller Ort, gibt es praktisch nicht mehr.“ Auch viele Kulturgüter in direkter Nähe seien von den Feuern bedroht: „Etwa das Getty Museum und die Häuser von Igor Stravinsky und Thomas Mann zählen dazu. Horrible!“
Steven Sloane verbrachte seine Kindheit und Jugend in Los Angeles, wo er aufs Gymnasium ging und an der University of California (UCLA) Musikwissenschaften und Bratsche studierte. Mit Anfang 20 ging er nach Israel und lebte viele Jahre in Tel Aviv, doch seine Jugendzeit ließ ihn nie los.
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Enger Kontakt zur Familie in den USA
Noch heute verbringt er fast jeden Sommer in seiner Heimat in Los Angeles. „In der Mittelstufe hatten wir damals einen wundervollen Musikunterricht, der mich für klassische Musik begeistert hat“, sagt er. „Das war mein Glück.“ Später widmete er sich auch Musicals, sang etwa die Rolle des Tony in der West Side Story – und entdeckte nebenher sein Herz für den Sport.
„Ein enger Freund von mir wohnt in West Hollywood. Sein Haus ist weg.“
Noch heute verpasst er kaum ein Spiel seiner beiden Lieblingsvereine: der LA Dodgers, einem Baseballteam, und der LA Lakers, einem erfolgreichen Basketballclub. „Manchmal stehe ich nachts um vier Uhr auf, um mir ein Spiel der Lakers übers Internet anzuschauen“, erzählt er. „Da bin ich ein echter Fan.“
Derzeit verbringt er allerdings die meiste Zeit damit, die Nachrichten aus seiner Heimat zu verfolgen. Denn auch wenn seine Familie von den Feuern bislang weitgehend verschont geblieben ist: Sloane kennt viele, denen es anders geht. „Ein enger Freund von mir wohnt in West Hollywood“, erzählt er. „Sein Haus ist weg.“ Eine Freundin habe ihm davon berichtet, dass ihre ganze Straße praktisch zerstört sei: „Es gibt keinen Strom und kein Gas. Der Bürgermeister sprach neulich davon, dass es 20 Jahre dauern könnte, bis alles wieder aufgebaut ist.“ Viele seien obdachlos: „Manche haben nicht mal mehr einen Pullover.“
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Falls eine solche Katastrophe überhaupt etwas Gutes hat, dann das: Die Menschen rücken wieder stärker zusammen. „Es gibt unglaublich viele Freiwillige. Jeder hilft jedem, das ist schön zu sehen.“ Auch Steven Sloane hat sich fest vorgenommen, seine Heimatstadt schnell wieder zu besuchen.
Matinee am Sonntag
Steven Sloane dirigiert bei seinem nächsten Konzert mit den Bochumer Symphonikern am Sonntag, 19. Januar, um 11 Uhr im Musikforum unter anderem die sechste Symphonie von Dmitri Schostakowitsch. Das Konzert ist ausverkauft, Restkarten falls vorhanden an der Tageskasse.
Danach ist er wieder bei den „Meisterstücken“ am 10. und 11. April im Musikforum am Dirigentenpult zu erleben. Karten und Infos: 0234 910 8666.