Bochum-Wattenscheid. Nirgends gibt es so viele arme Kinder wie in Wattenscheid-Mitte. Das zeigt der aktuelle Sozialbericht für Bochum. Die weiteren Erkenntnisse.
50 Jahre ist es her, da ist aus der einstigen Stadt Wattenscheid ein Bezirk von Bochum geworden ist. Viele Wattenscheiderinnen und Wattenscheider sprachen sich damals dagegen aus, bei einer Umfrage waren es sogar 96 Prozent. Doch vergebens, der Landtag beschließt die Eingemeindung. Was hat sich seitdem verändern? Ein Blick auf Zahlen und darauf, wo Wattenscheid heute steht – verglichen mit ganz Bochum.
81.469 Menschen lebten zum 31. Dezember 1974 in Wattenscheid. Fast 50 Jahre später sind es deutlich weniger. Ende 2023, das sind die bisher aktuellsten Zahlen der Stadt, waren es 73.680, ein Rückgang von rund fast zehn Prozent im Laufe der Jahre. 2013 waren es 71.430 Menschen, 2008 rund 73.144. Die meisten Menschen leben in Wattenscheid-Mitte (23.205), gefolgt von Höntrop (17.014) und Westenfeld (10.657)
Jeder fünfte Bochumer lebt in Wattenscheid
Jeder fünfte Mensch, der aktuell in Bochum lebt, kommt aus Wattenscheid. Tatsächlich hat sich dieses Verhältnis in den vergangenen 50 Jahren so gut wie nicht verändert. Auch sonst gibt es einige Parallelen zwischen den Zahlen für Wattenscheid und denen für Bochum. So sind 34,1 Prozent der Menschen in Wattenscheid Ausländer oder haben einen Migrationshintergrund, Bochum-weit sind es 33,8 Prozent.
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Wie viele Menschen in Bochum arbeitslos sind, unterscheidet sich über die Stadtteile hinweg hingegen stark. Die höchsten Werte finden sich in Wattenscheid-Mitte sowie in Werne und Kruppwerke (12,1 Prozent). Niedrig sind die Werte hingegen in Grumme, Weitmar-Mark, Stiepel und auch in Günnigfeld.
In Wattenscheid-Mitte leben 40 Prozent der Kinder in Armut
Besonders auffällig und erschreckend sind im Sozialbericht jedoch diese Zahlen: Nirgends in Bochum gibt es so viele Kinder, die in Armut aufwachsen, wie in Wattenscheid. Am höchsten ist der Anteil mit fast 40 Prozent in Wattenscheid-Mitte. Auch in Günnigfeld, Leithe und Westenfeld gilt mehr als jeder Dritte unter 15 Jahren als arm, die Eltern erhalten das sogenannte Bürgergeld. Zum Vergleich: In Stiepel sind nicht einmal zwei Prozent der Kinder betroffen.
Hinzu kommt: Je weniger Familien in einem Ortsteil Bürgergeld empfangen, desto besser ist die empfohlene Schulform. „Insgesamt erhalten in Bochum durchschnittlich 49 Prozent der Schülerinnen und Schüler eine Empfehlung, die eine bedingte oder vollständige Eignung für ein Gymnasium attestiert“, erklärt die Stadt. In Wattenscheid-Mitte sind es beispielsweise nur 25,6 Prozent, in Stiepel 89,9.
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Einmal pro Jahr veröffentlicht die Stadt den Sozialbericht. Er bilde „die Grundlage für weitere Planungsschritte, etwa für (...) Projekte, die im Rahmen der Bochum Strategie angestoßen wurden“, erklärt Britta Anger, Stadträtin für Jugend, Soziales, Arbeit und Gesundheit. Ein Projekt sei zum Beispiel der Gesundheitskiosk in Wattenscheid. Dieser bietet Beratungsmöglichkeiten zu medizinischen oder sozialen Themen, um die gesundheitliche Lage der Wattenscheiderinnen und Wattenscheider zu verbessern.
Gesundheitliche Herausforderungen in Wattenscheid-Mitte, Westenfeld, Günnigfeld oder Leithe
Denn, auch das zeigt der Sozialbericht: „Insgesamt sind die gesundheitlichen Herausforderungen in Wattenscheid-Mitte, Westenfeld, Gleisdreieck, Kruppwerke, Günnigfeld und Leithe am höchsten.“ Ein Beispiel: Bei den Untersuchungen vor der Einschulung gebe es bei Kindern aus Westenfeld, Wattenscheid-Mitte, Höntrop, Leithe, aber auch Langendreer und Gleisdreieck besonders häufig auffällige Befunde bei der Körperkoordination.
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Unterm Strich zeigt sich: Es gibt einzelne Ortsteile in der Stadt, in denen gleich mehrere soziale Herausforderungen aufeinandertreffen. Bei der Lektüre des Sozialberichtes fällt auf, dass Wattenscheid-Mitte sich immer wieder als Spitzenreiter durchsetzt, in Kategorien wie beispielsweise der Kinderarmut oder Arbeitslosigkeit. Allerdings, so ordnet die Stadt Bochum auch ein: „Die Veränderungen, die dort beispielsweise im Rahmen der Städtebauförderung bereits stattgefunden haben, werden von den Bewohnerinnen und Bewohnern vielfach positiv wahrgenommen und wirken in den Ortsteilen nach, auch wenn sich ihr Effekt meist nicht genau beziffern lässt.“