Bochum. Bochums Stadtrat hat einen neuen Dezernenten gewählt. Rot-Grün lässt dabei Fingerspitzengefühl vermissen, schimpft die Opposition.
Für ein „Eigengewächs“ hat sich Bochum entschieden. Roland Fischer-Dahl tritt nächstes Jahr die Nachfolge von Britta Anger als Dezernent für Jugend, Soziales, Arbeit und Gesundheit an. Er hat vor 34 Jahren seine Ausbildung in der Stadtverwaltung Bochum begonnen. Blumen und viele geschüttelte Hände gab es für den 57-jährigen gebürtigen Wattenscheider nach seiner Wahl am Donnerstag – aber auch heftige Kritik.
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Die sich freilich weniger gegen den neuen Wahlbeamten selbst wendet, der von 2025 an acht Jahre lang die sozialen Geschicke der Stadt lenken wird. Es war das Prozedere, das einigen Ratsmitgliedern sauer aufstößt. Von einer „Farce“ spricht Jens Lücking, Fraktionsvorsitzender der Wählergemeinschaft UWG: Freie Bürger. Er hatte eine geheime Abstimmung beantragt; womöglich in der Hoffnung, wankelmütige Mitglieder in der Koalition von Rot-Grün könnten gegen den Kandidaten stimmen.
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Formal sei zwar alles korrekt verlaufen. Aber die Wahl von Fischer-Dahl habe doch schon vorher festgestanden, so Lücking. Das sei symptomatisch für die mangelnde Offenheit und das „Postengeschacher“, das die politische Kultur in Bochum zunehmend belaste.
Besonders pikant aus Sicht der Wählergemeinschaft: „Ein Ratsmitglied aus den Reihen der Grünen als neuen Dezernenten zu wählen, zeugt von fehlendem Fingerspitzengefühl und wird auch bei der Amtsführung nachwirken“, sagt Lückings Fraktionskollege Hans-Josef Winkler.
„Herr Fischer-Dahl verfügt nicht im Ansatz über die Führungserfahrung, die nach der Gemeindeordnung für ein solches Amt notwendig ist.“
Gegen die Wahl Fischer-Dahls haben auch die Mitglieder der CDU-Fraktion gestimmt. „Bei aller persönlichen Sympathie haben wir erhebliche Bedenken wegen dieser Personalie“, so Fraktionschef Karsten Herlitz. „Herr Fischer-Dahl verfügt nicht im Ansatz über die Führungserfahrung, die nach der Gemeindeordnung für ein solches Amt notwendig ist.“ Kurz vor Ende der Wahlperiode hätten die Grünen offenbar noch „ein eigenes Ratsmitglied ins Amt hieven wollen“. Mit der CDU habe es im Vorfeld zwar auch Gespräche über die Personalie gegeben. „Aber wir haben keine Pöstchen zu vergeben“, so Herlitz.
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Immer wieder haben die Christdemokraten in der Vergangenheit moniert, dass sie in Bochum im Verwaltungsvorstand um Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) nicht vertreten sind. Keiner der Dezernentinnen und Dezernenten gehören der CDU an oder stehen ihr offenbar nahe. Für keines der Ämter wird der Partei das Vorschlagsrecht eingeräumt.
Grünen-Chef schweigt zu Andeutungen über Gespräche mit der CDU
Grünen-Fraktionschef Sebastian Pewny äußert zwar „Verständnis für das Anliegen der CDU, im Verwaltungsvorstand vertreten zu sein“, wie er sagt. Das würde grundsätzlich auch nicht an seiner Fraktion scheitern. „Dazu bedarf es aber auch eines gemeinsamen Grundverständnisses der Arbeit und Ziele für unsere Stadt“. Nicht kommentieren wolle er „die Andeutung vertraulicher Gespräche zwischen CDU und Grünen“. Und was die Fähigkeiten des neuen Dezernenten angehe, gebe es gar keine Zweifel: „Roland Fischer-Dahl weiß, wie man Verwaltungen effektiv organisiert und managt.“