Bochum. 96 Schulabgänger in Bochum suchen noch eine Ausbildung, 387 Lehrstellen in der Stadt sind noch unbesetzt. Woran es hapert und was zu tun ist.
Mehr als 6000 Bewerbungen um einen Ausbildungsplatz gehen jedes Jahr bei der Stadtverwaltung Bochum ein. Überhaupt können sich Verwaltungen und große Unternehmen in der Stadt über mangelndes Interesse junger Menschen an einer Ausbildung nicht beklagen – auch wenn die Bewerberzahlen rückläufig sind. „Aber Klein- und Kleinstunternehmen haben ein Riesenproblem. Viele von ihnen bekommen überhaupt keine Bewerbungen mehr“, weiß Katja Fox, die der Hauptgeschäftsführung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittleres Ruhrgebiet in Bochum angehört.
Nicht einmal jeder fünfte Betrieb in Bochum bildet aus
Das ist einer der Gründe dafür, dass die Zahl der ausbildenden Betriebe immer weiter zurückgeht. Nur noch 1530 sind es, die mindestens einen Azubi haben – gerade einmal 19,5 Prozent aller Betriebe in Bochum, wie aus einer Statistik der Agentur für Arbeit hervorgeht (Grafik). Damit bleibt die Ausbildungsbetriebsquote im Sinkflug. Seite 2013 ist sie von 23,4 auf mittlerweile unter 20 Prozent gefallen, d.h. nicht einmal mehr jeder fünfte Betrieb in der Stadt bildet aus.
„Vielleicht hat der eine oder andere Betrieb schon resigniert, dass er keinen Azubi mehr findet“, mutmaßt Christopher Meier, Vorsitzender Geschäftsführer der Agentur für Arbeit in Bochum. Er sagt aber auch: „Das können wir uns gar nicht leisten. Ausbildung war nie so wichtig wie heute. Wir brauchen jeden.“ Und dafür muss es auch entsprechende Angebote geben.
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33.000 Beschäftigte in Bochum gehen bis 2034 in Rente
Längst ist die Rede vom Fachkräftemangel, den der demografische Wandel mit verursache. „Dabei kommt dieser Wandel erst noch“, so Meier. Wie dramatisch die Lage in einigen Jahren werden könnte, lässt sich an diesen Zahlen ablesen: Allein in Bochum erreichen in den nächsten zehn Jahren etwa 33.000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte – überwiegend Fachkräfte, Experten und Spezialisten, d.h. gut ausgebildete Menschen – das 65. Lebensjahr. Die meisten gehen dann in Rente. Binnen 20 Jahren werden voraussichtlich 43,1 Prozent der Beschäftigten aus dem Berufsleben ausscheiden. Sie müssen von jungen Leuten ersetzt werden, die wiederum vorher ausgebildet werden müssen.
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Allerdings wird die Ausbildung junger Menschen offenbar immer anspruchsvoller und mitunter auch anstrengender. „Es gibt immer Auszubildende mit psychischen und psychosozialen Belastungen“, sagt Katja Fox von der IHK. Die Kammer setze daher jetzt ein Projekt auf, „um die psychisch belasteten Azubis über Coaches aufzufangen“ und trainiere die Ausbilder, „weil die Corona-Generation schon mit viel mehr psychischen Herausforderungen zu kämpfen hat“.
387 Ausbildungsplätze in Bochum sind noch nicht vergeben
Aktuell sind noch 96 junge Bochumerinnen und Bochum auf der Suche nach einer Lehrstelle, 387 Lehrstellen sind noch unbesetzt. Rechnerisch ein Stellenüberhang. Allerdings ist das „Matching“ von Angebot und Nachfrage weiterhin eine der größten Herausforderungen auf dem Ausbildungsmarkt. „Beide Seiten müssen Abstriche machen, damit es passt“, sagt Arbeitsagentur-Chef Meier. In den Top Ten der offenen Lehrstellen stehen Verkäufer (49), Kaufleute im Einzelhandel (48), Zahnmedizinische (30) und Medizinische Fachangestellte (28) an der Spitze.
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Insgesamt wurden für das aktuelle Ausbildungsjahr 2024/25 im Bereich der IHK Mittleres Ruhrgebiet (Bochum, Herne, Hattingen, Witten), 2005 Ausbildungsverträge abgeschlossen, nur 0,2 Prozent weniger als im Vorjahr. Allein in Bochum waren es 1195 Verträge (-0,4 Prozent).
1200 Ausbildungsverträge wurden im Bereich der Kreishandwerkerschaft geschlossen. Auch das sind beinahe so viele wie im Vorjahr (-0,2 Prozent). „Das ist eine sehr gute, stabile Zahl“, sagt der stellvertretende Kreishandwerksmeister Hans-Joachim Draht. Handwerk habe verstanden, dass es am Image arbeiten und vor allem auch Eltern überzeugen müsse. Und er weist auf einen Schlüssel für erfolgreiche Ausbildung und gelungenes Werben um Azubis hin: „Handwerk ist Familie. Wir haben viele kleine Betriebe, in denen junge Leute aufgenommen und fast aufgezogen werden.“