Bochum. Rüdiger Prenzel hat einen Inexogy-Stromzähler. Als die Stadtwerke diesen gegen ein eigenes Gerät tauschen wollen, fragt er sich: Dürfen die das?
Seinen Strom bezieht Rüdiger Prenzel vom norwegischen Anbieter Tibber. Den Stromzähler stellt ihm die „inexogy smart metering GmbH“ aus Saarlouis zur Verfügung. 2021 hatte er mit dem Dienstleister einen entsprechenden Vertrag geschlossen. Völlig verblüfft war der Bochumer nun darüber, als die Netzgesellschaft der Stadtwerke Bochum angekündigt hat, diesen Stromzähler auszubauen.
Bochumer wundert sich über angekündigten Stromzählerwechsel
„Wie bitte?“, entfuhr es dem 67-jährigen Bochumer spontan, als er ein entsprechendes Schreiben des hiesigen Energieunternehmens in den Händen hielt. Dieses hatte angekündigt, den „von mir geschlossenen Vertrag zu kündigen und den von mir gewählten Zähler gegen ihren eigenen Zähler auszutauschen.“ Seine erster Gedanke: Das geht ja gar nicht.
Er hatte mit dem Messstellenbetreiber einen Vertrag geschlossen, nachdem er eine Wallbox für das Aufladen von zwei Elektroautos an seinem Haus installiert hatte. „Dafür wollte ich einen Zähler, der permanent den Verbrauch an den Stromanbieter liefert, damit der sekundengenau den Stromverbrauch abrechnen kann“, so der Bochumer.
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Auf diese Weise lasse sich viel Geld sparen. Geladen werden die Autos in der Regel dann, wenn der Strom besonders günstig sei. Die Voraussetzung dafür: Der Stromverbrauch wird sekundengenau gemessen und an den Stromlieferanten weitergegeben. Einen entsprechenden Stromzähler und flexiblen Tarif hätten die Stadtwerke Bochum damals noch nicht anbieten können.
Stadtwerke argumentierten, Dienstleister sende Daten nicht fristgemäß
Nun wollte die Netzgesellschaft der Stadtwerke plötzlich einen eigenen Stromzähler einbauen. In einem Schreiben vom 5. September hatte sie den Zählerwechsel für den 23. September angekündigt. Die Begründung: Inexogy sei wiederholt seiner Verpflichtung nicht nachgekommen, Verbrauchswerte fristgemäß an den Stromlieferanten zu senden, „damit wir die Netznutzung an Ihren Stromlieferanten berechnen und dieser wiederum die Liefermengen abrechnen kann.“ Nicht nur Rüdiger Prenzel ist davon betroffen. Etwa 100 Verbraucher in Bochum seien über einen bevorstehenden Zählerwechsel informiert worden, so die Stadtwerke auf Anfrage dieser Redaktion.
„Die Stadtwerke Bochum Netz GmbH schließt als Verteilnetzbetreiber für Strom und Gas in Bochum mit jedem wettbewerblichen Messstellenbetreiber, der in Bochum Zähler zur Abrechnung von Energieverbräuchen installieren will, einen Messstellenbetreiberrahmenvertrag nach den Vorgaben der Bundesnetzagentur ab“, erklärt dazu Stadtwerke-Sprecher Jascha Dröge. Mit 30 Betreibern habe das Unternehmen Verträge geschlossen.
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OLG Düsseldorf entscheidet zugunsten des Dienstleisters
Zu dem angekündigten Wechsel ist es allerdings nicht gekommen. Die Sache ist ein Fall für die Gerichte geworden. Inexogy hat geklagt und in einem Eilverfahren auch recht bekommen. Nachdem erst das Landgericht Dortmund eine Entscheidung zugunsten der Stadtwerke getroffen hat, liegt nun eine einstweilige Verfügung des Oberlandesgerichtes Düsseldorf zugunsten der Saarländer vor. Darin wird „die Kündigung als gravierende Vertragsverletzung seitens der Stadtwerke Bochum bezeichnet“.
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„Die einstweilige Verfügung verbietet es den Stadtwerken Bochum, unsere Messsysteme zu demontieren oder Maßnahmen zu ergreifen, die darauf abzielen, den Messstellenbetrieb bei unseren Kunden zu übernehmen.“ Ebenso sei es den Stadtwerken untersagt, gegenüber Kunden zu kommunizieren, der Messstellenbetrieb durch Inexogy werde künftig von den Stadtwerken Bochum als zuständigem Messstellenbetreiber übernommen.
Stadtwerke haben Zählerwechsel abgesagt
Und nun? „Selbstverständlich kommen wir nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens hinsichtlich der weiteren Vorgehensweise unaufgefordert wieder auf Sie zu“, hieß es zunächst in einem Schreiben der Netzgesellschaft an Rüdiger Prenzel. Mittlerweile hat sich der Fall aber gänzlich erledigt. „In den letzten Tagen haben wir erneut alle betroffenen Kunden angeschrieben und den Zählerwechsel abgesagt“, so Stadtwerke-Sprecher Dröge. Ein Hauptsacheverfahren strenge das Unternehmen nicht an.