Bochum-Weitmar. Unbekannte Täter besprühen immer wieder Skulpturen des weltbekannten Bildhauers Richard Serra. „Das läuft wie in Wellen“, sagt eine Zeugin.
Das weiße Gekritzel ist nicht zu übersehen: „Heute Morgen war es noch nicht da“, sagt Eva Wruck, Kuratorin der Stiftung Situation Kunst, und fährt mit dem Daumen über die Stahlplastik des weltberühmten Bildhauers Richard Serra im Schloßpark Bochum-Weitmar. Mit weißem Filzstift, dessen Spuren schwer zu entfernen sind, hat darauf irgendwer sein ganz eigenes Zeichen hinterlassen, was für die Mitarbeiter der benachbarten Kunstgalerie erneut bedeutet: Sie müssen das Werk mühevoll reinigen. Und das hat in diesem Sommer erschreckende Dimensionen angenommen.
Vandalismus im Schloßpark Bochum-Weitmar nimmt zu
Es vergehe kaum noch ein Tag, in dem die Serra-Plastiken in der Sylvesterkapelle neben dem Haus Weitmar nicht von Unbekannten besprüht oder beschmiert würden. „Das läuft wie in Wellen“, berichtet Eva Wruck. „Wenn einer anfängt, kommen andere nach, und so geht es dann immer weiter.“
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Die beiden Plastiken müssen daraufhin mit Hochdruckreiniger und einer Speziallösung von den Schmierereien befreit werden, womit der Haustechniker sowie ein Mitarbeiter der Situation Kunst oft lange beschäftigt sind. Das ist nicht nur zeitintensiv und kostet Geld, es setzt auf Dauer auch den Kunstwerken erheblich zu.
Einige Risse sind auf der Oberfläche der Skulpturen schon zu erkennen. „Das ist wie bei einem Kleidungsstück“, so Wruck. „Je öfter man es wäscht, desto mehr leidet die Qualität.“ Und die Sorge ist groß, dass die Werke beim ewigen Reinigen dauerhaften Schaden nehmen: „Das ist zwar massiver Stahl, aber irgendwann schmilzt er uns hier noch weg.“
Stahlblöcke stammen aus der Henrichshütte
Dabei müsste es eigentlich das vordergründige Ziel sein, die Serra-Werke im Schloßpark so gut wie möglich zu erhalten. Denn welch kostbarer Kunstschatz hier für jedermann frei zugänglich zu finden ist, wissen viele vermutlich gar nicht (und die Graffiti-Sprayer wohl am wenigsten).
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Seit November 2012 steht die Installation „O.I.C. (Oh, I see)“ in der restaurierten Sylvesterkapelle. Die beiden rostigen Stahlblöcke wurden 1999 in der Henrichshütte in Hattingen gegossen und wiegen jeweils sieben Tonnen. Das Besondere daran: Die Blöcke sind exakt gleich groß, wurden aber so kunstvoll zueinander gedreht mitten im historischen Kirchenschiff aufgestellt, dass sie wie zwei völlig verschiedene Körper wirken. Innerhalb der idyllischen Ruine der Kapelle ist es ein Erlebnis, die beiden massiven Stahlblöcke an diesem besonderen Ort auf sich wirken zu lassen.
„Das ist zwar massiver Stahl, aber irgendwann schmilzt er uns hier noch weg.“
Als Dauerleihgabe aus Privatbesitz wurde die Installation der Stiftung Situation Kunst zur Verfügung gestellt und bildet seither einen wertvollen Beitrag zur Kunst im öffentlichen Raum. „Man kann daran vorbeigehen oder man kann sich damit tiefer auseinandersetzen. Beides ist möglich“, sagt Eva Wruck. Schwer erträglich sei hingegen, dass dieser Ort dauernd für Schmierereien und offenkundig auch für längere Partys missbraucht wird, wie der ganze Müll beweist, der dort hinterlassen wird. „Die Skulpturen müssen damit leben, aber es wertet den Ort einfach ab.“
Doch was kann man dagegen tun? Eine Möglichkeit wäre gewiss, bessere Beschilderungen anzubringen, damit die Kunstwerke überhaupt als solche zu erkennen sind, was die Stiftung Situation Kunst aber eher vermeiden möchte: „In dem Ambiente des Parks sollen Kunst und Natur von allein, ohne zusätzliche Erklärungen wirken.“
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Kunstführung durch den Schloßpark
Bislang gibt es nur eine App, die die Besucher zu den Werken im Schloßpark führt. Regelmäßig werden auch Kunstführungen angeboten, denn neben den beiden Stahlblöcken von Richard Serra finden sich im Park noch viele weitere Werke von renommierten Künstlern: etwa von Erich Reusch, Lee Ufan und Giuseppe Spagnulo.
Die nächste Kunstführung durch den Weitmarer Schloßpark findet statt am Sonntag, 29. September, um 16 Uhr. Treff im Foyer des Museums unter Tage (Nevelstraße 29d). Teilnahme: drei Euro. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Anmeldung: 0234 29 888 901.
Polizei: „Das ist Sachbeschädigung“
Die Polizei hat in den letzten Wochen verstärkt Fälle von Vandalismus im Schloßpark Weitmar registriert. „Bislang haben wir keine Tatverdächtigen ermittelt, aber wir sind da dran“, sagt Sprecher Jens Artschwager.
Denn das Bekritzeln und Beschmieren von Kunstwerken sei kein Kavaliersdelikt: „Das ist Sachbeschädigung und steht unter Strafe.“ Hinweise von Zeugen nimmt die Polizei entgegen: 0234 909-8405 und 909-4441.