Bochum. Der renommierte Bildhauer Richard Serra hat in Bochum viele Spuren hinterlassen. Vor allem sein „Terminal“ ist faszinierend, aber umstritten.

Seine Werke finden sich in der Wüste von Doha, in Paris, Bilbao – und in Bochum: Vor allem sein „Terminal“, das seit 1979 an der vielbefahrenen Kreuzung direkt neben dem Hauptbahnhof steht, zählt bis heute zu den wichtigsten Arbeiten des amerikanischen Bildhauers Richard Serra. Es ist Bochums bekanntestes Kunstwerk. Jetzt ist Richard Serra nach langer Krankheit in seiner Heimat New York gestorben, er wurde 85 Jahre alt.

„Terminal“ von Richard Serra sorgt am Hauptbahnhof Bochum für Aufregung

Die Kontroverse um das Bochumer Terminal ist legendär und bis heute ein Stück Stadtgeschichte. Im Jahr 1977 konzipierte Serra sein Werk für die Documenta 6 in Kassel: Es besteht aus vier riesigen Platten aus Corten-Stahl, die jeweils zwölf Meter hoch sind und scheinbar lose aneinander lehnen. Die tonnenschweren Teile wurde in der Henrichshütte in Hattingen hergestellt. Nach dem Ende der Documenta beschloss die Stadt, den Koloss für 350.000 Mark zu kaufen und mitten in der Bochumer City aufzustellen. Der Sturm der Entrüstung erreichte daraufhin heute kaum mehr vorstellbare Dimensionen.

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Zur Eröffnung am 24. Juni 1979 versammelten sich hunderte Menschen am Hauptbahnhof, um sich über den stählernen Riesen gründlich aufzuregen. Mittendrin: die WDR-Moderatorin Carmen Thomas, die mit ihrer Sendung „Hallo Ü-Wagen“ live vom Ostring berichtete. „Wo genau befinden Sie sich im Augenblick?“, fragte Thomas eine Besucherin. Die Antwort kam prompt: „Ich stehe in einem Haufen Schrott.“

Der Sturm der Entrüstung war riesig, als Richard Serras Terminal 1979 am Hauptbahnhof Bochum aufgestellt wurde. „Für einen Haufen Eisen 350.000 Mark. Für den Erhalt studentischen Wohnraums keine Mark“, stand auf diesem Plakat.
Der Sturm der Entrüstung war riesig, als Richard Serras Terminal 1979 am Hauptbahnhof Bochum aufgestellt wurde. „Für einen Haufen Eisen 350.000 Mark. Für den Erhalt studentischen Wohnraums keine Mark“, stand auf diesem Plakat. © Hartmut Beifuß

Im Laufe der Jahre hat die Aufregung um den vermeintlichen „Schrotthaufen“ merklich nachgelassen, obwohl die Bochumer mit der sperrigen Stahlplastik weiterhin eine Art Hassliebe verbindet. Dabei stellt Serra mit seinem Terminal interessante Fragen. Etwa: Wie gehen wir mit Kunstwerken um? Was bedeuten sie uns? Und besitzt ein Kunstwerk auch dann noch Größe und Glanz, wenn es permanent beklebt, besprüht und bepinkelt wird?

Das ist ein Riesenglück für Bochum
Der Galerist Alexander von Berswordt über das Terminal von Richard Serra

Übrigens lohnt es sich, die vier Stahlplatten einmal aus der Nähe anzuschauen. Wie bei vielen Werken Serras ist auch das Terminal dazu gedacht, es anzufassen und hineinzugehen, auch wenn dies vielleicht etwas Überwindung kostet. Kunst muss nicht immer „schön“ sein, die Schönheit steckt hier im Detail. Vor allem bei Sonnenschein wirkt der Blick durch die zwölf Meter hohe Luke im Inneren absolut magisch. Und die gebogenen, in sich verdrehten Stahlplatten irritieren immer wieder.

Im Weitmarer Schloßpark in Bochum finden sich zahlreiche Werke von Richard Serra, die frei zugänglich sind: darunter zwei massive Stahlblöcke in der Sylvesterkapelle.
Im Weitmarer Schloßpark in Bochum finden sich zahlreiche Werke von Richard Serra, die frei zugänglich sind: darunter zwei massive Stahlblöcke in der Sylvesterkapelle. © WAZ FotoPool | Karl Gatzmanga

Der Galerist Alexander von Berswordt, der Richard Serra über viele Jahre vertreten hat, ist noch immer fasziniert, wenn er am Terminal vorbeikommt. „Das ist ein Riesenglück für Bochum“, sagt er. „Ich glaube auch, dass sich die meisten Menschen mittlerweile damit abgefunden und es vielleicht sogar verstanden haben.“

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Im Weitmarer Schloßpark finden sich viele Werke Serras

Bochum dürfte derweil die Stadt mit den meisten öffentlich zugänglichen Werken Richard Serras sein – und es lohnt sich, sich eingehender mit ihnen zu beschäftigen. Neben dem Terminal finden sich vier weitere im Schloßpark Weitmar. So kann man an der Sylvesterkapelle in nahezu idyllischer Umgebung zwei massive Stahlblöcke Serras unter dem Titel „I.O.C.“ auf sich wirken lassen. In der Weitmarer Situation Kunst ist Serras Objekt „Circuit“, das aus vier massiven Stahlplatten besteht, ein eigener Raum gewidmet. In veränderten Maßen findet sich eine weitere Fassung im New Yorker Museum of Modern Art.

Ausstellung zum Werk von Richard Serra

Wer mehr über das Werk von Richard Serra erfahren möchte, dem sei eine Ausstellung empfohlen, die noch bis zum 12. Mai im Kubus der Situation Kunst (Schloßpark Weitmar) gezeigt wird. Unter dem Titel „Work comes out of work“ sind hier Fotografien von Dirk Reinartz zu sehen, die zur Entstehung von Serras Skulpturen entstanden sind.

Auch der Film „Stahlwerk/Steelmill“, den Richard Serra gemeinsam mit seiner Ehefrau Clara Weyergraf gedreht hat, wird gezeigt. Geöffnet: Mi., Do. und Fr. von 14 bis 18 Uhr, Sa., So. und an Feiertagen von 12 bis 18 Uhr.