Bochum. Vor dem Landgericht hat ein Fan des 1. FC Köln berichtet, wie bei Auswärtsfahrten getrunken wird. Angeklagt ist ein mutmaßlicher Hooligan.

Den 3:1-Sieg seines Herzensvereins am vorigen Sonntag auf Schalke hat ein leidenschaftlicher Fußballfan (26) des 1. FC Köln in der U-Haft in Bochum erlebt. Dort sitzt er schon seit fast fünf Monaten, nachdem die Bochumer Polizei ihn bei einer Razzia in der Domstadt wegen sehr schwerer Randale am Bochumer Ruhrstadion festgenommen hatte.

Hauptvorwurf: Er soll eine 2500 Grad heiße Seenotfackel auf zwei Polizeibeamte geworfen haben. Nur weil sie ihr Helmvisier herunterklappt hätten, seien sie unverletzt geblieben, heißt es. In der Anklage ist auch von Schlagen und Spucken gegen Polizisten die Rede.

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Zurzeit wird ihm vor dem Landgericht wegen versuchter schwerer Körperverletzung vor einem Spiel beim VfL Bochum der Prozess gemacht. Am Montag sagte sein Fußball-Kumpel (28) aus einer gemeinsamen FC-Ultrafan-Gruppe aus. Und schilderte, wie die Auswärtsfahrt zu diesem Bundesliga-Spiel gleichzeitig ein Trinkgelage war.

Fußballfan: „Immer wieder Bier, immer wieder Schnaps“

„Bier und Schnaps, bunt gemischt“, habe man an diesem 11. November 2023 den ganzen Tag über konsumiert. An jenem Samstag stand nicht nur um 18.30 Uhr das Bundesliga-Spiel beim VfL Bochum an, sondern auch Karnevalsanfang. „Da steht Köln völlig Kopf“, sagte der Zeuge, eine sehr gepflegte Erscheinung, die einem anspruchsvollen Beruf im Personalwesen nachgeht, vor der 4. Strafkammer. Schon morgens habe er mit anderen FC-Fans, darunter der Angeklagte, in einem Café in der Kölner Südstadt rund zehn kleine Bier getrunken. „Wir haben feuchtfröhlich gefeiert.“ Das Trinken habe sich „kontinuierlich steigernd“ fortgesetzt, „immer wieder Bier, immer wieder Schnaps“.

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Kokain im Fanbus? „Das kommt vor, ziemlich regelmäßig“

Im Prozess fiel auch der Name „Terror-Spezi“, ein Mischgetränk. Danach ging es mit der Bahn und einem gemieteten Doppeldeckerbus nach Bochum. „Jeder bringt eine Flasche Schnaps mit, das wird dann geteilt.“ Direkt vor der Busabfahrt in Köln wurde noch ein Getränkehandel besucht. Der Angeklagte soll auch Marihuana-Raucher sein. Auf Nachfrage der Richterin, ob bei diesen Busfahrten auch Kokain eingemommen werde, sagte der Zeuge: „Das kommt vor, ziemlich regelmäßig.“

Polizei: „Gewaltbereite Fans sind nicht anonym“

Die Bochumer Polizei und Staatsanwaltschaft hatten nach den Krawallen eine eigene Ermittlungsgruppe gebildet: „EG Castroper“.

Am 11. April 2024 vollstreckten sie zusammen mit der Kölner Polizei in der Domstadt sieben richterliche Durchsuchungsbeschlüsse, um Beweismittel zu sichern. Dabei wurden insgesamt fünf Mobiltelefone und Tatbekleidung beschlagnahmt. Mehr als 20 Verdächtige aus der Kölner Fanszene wurden identifiziert und 70 Strafanzeigen geschrieben.

Ein Polizeisprecher damals: „Gewaltbereite Fans sind nicht anonym. Wir holen sie aus der Anonymität raus.“

Wie sein FC-Freund im Zeugenstand ist auch der Angeklagte tipptopp gekleidet, sein Haar sorgfältig gescheitelt. Als Kaufmann hat er eine leitende Stellung. Diese Bürgerlichkeit passt so gar nicht zu den Krawallen, die sich damals kurz vor Beginn des Spiels vor dem Gästeblock des Ruhrstadions ereignet haben. Mehrere Überwachungsvideos zeigen eine sehr aufgeheizte Stimmung, nachdem die Polizei nach Problemen bei den Eingangskontrollen aus Sicherheitsgründen die Tore vorübergehend geschlossen hatte. Zahlreiche FC-Fans pöbelten die Polizei an, die von einem Blocksturm spricht. Einige warfen Bierbecher auf die Beamten. „Man hat uns beschimpft und beleidigt“, sagte ein Polizist (30) den Richtern. Dann zitiert er Vokabeln aus der Gossensprache.

Angeklagter hatte schon zweimal ein Stadionverbot

Mittendrin: der Angeklagte. Auf einem Video ist er deutlich zu erkennen. Schon zweimal hatte er ein Stadionverbot gehabt (zwischen 2017 und 2020), einmal vom FC, einmal vom DFB, wie er sagt. An die Vorgänge rund ums VfL-Spiel könne er sich nur bruchstückhaft erinnern. Für sein Verhalten damals schäme er sich. Die U-Haft sei „die Schande meines Lebens“.

Der Prozess ist bis 23. September terminiert