Bochum. Ein 37-jähriger Bochumer soll seinen Freund bei einem Trinkgelage tödlich verletzt haben. Die Gerichtsverhandlung ist nichts für schwache Nerven.
Dieser Prozesstag war nichts für schwache Nerven: Vor dem Bochumer Schwurgericht hat am Dienstag (23.) eine Rechtsmedizinerin (38) mit eindringlichen Worten den entsetzlichen Zustand eines zu Tode getretenen Mannes (47) beschrieben und dabei auch Fotos gezeigt. Auf einer Leinwand wurden sie groß für alle Anwesenden dargestellt, auch für Zuschauer. „Das war sehr plastisch“, sagte Richter Volker Talarowski nach dem Gutachten der Ärztin.
So lange zugetreten, bis das Opfer das Bewusstsein verlor
Es geht um den tödlichen Gewaltexzess am Abend des 24. Januars auf dem Außengelände eines Kita-Spielplatzes an der Akademiestraße nahe der Innenstadt. Dort war ein Streit zwischen zwei Wohnungslosen bei einem Trinkgelage völlig eskaliert. Angeklagt ist ein 37-jähriger, suchtkranker Bochumer. Er soll seinen engen Freund mehrfach mit der Faust so stark ins Gesicht geschlagen haben, dass dieser zu Boden gegangen sei. Dort habe er ihn bis zur Bewusstlosigkeit gegen den Kopf getreten. Gesichtsknochen zerbrachen.
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Acht Tage später starb das Opfer an den Folgen eines Schädel-Hirn-Traumas mit Hirnblutungen. Für die Rechtsmedizinerin bestehen an dieser Todesursache „keine begründeten Zweifel“: „stumpfe Gewalteinwirkung“ durch Tritte.
Im Krankenhaus hatte der 47-Jährige auf der Intensivstation zunächst im Koma gelegen. Er erwachte aber wieder, stand sogar selbstständig auf und rauchte eine Zigarette. Danach ging es aber schnell bergab. Die Pupillen vergrößerten sich bedrohlich. „Das ist ein Zeichen, dass irgendwas nicht in Ordnung ist“, sagte ein Neurochirurg (44) den Richtern. Schwere Nachblutungen im Gehirn hatten eingesetzt, wie eine OP ergab. Der Arzt wusste: „Das wird kein Happy End.“
Angeklagter scheiterte in einer Entziehungsanstalt
Sowohl die Gerichtsmedizinerin als auch der Arzt schilderten im Gerichtssaal Einzelheiten, die jeden Anwesenden verstummen ließen – spätestens dann, als eine Großaufnahme von einem Teil aus der Obduktion auf der Leinwand erschien. Das Zeigen solcher Bilder ist extrem ungewöhnlich in Strafprozessen dieser Art.
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Vorgeworfen wird dem Angeklagten Totschlag. Zur Tatzeit soll er wegen Alkohols und Drogen vermindert schuldfähig gewesen sein. Im Raum steht, dass er neben einer Haftstrafe auch in eine geschlossene Entziehungsanstalt eingewiesen werden könnte. Allerdings: Eine solche Maßnahme ihm gegenüber hatte die Strafjustiz früher schon einmal verhängt. Sie scheiterte, der Bochumer wurde rückfällig und landete wieder auf der Straße.
„Er hatte das Herz auf der richtigen Seite, aber die Krankheitsproblematik war zu groß“
Eine Sozialarbeiterin (39) schilderte den Richtern, wie er früher in eine soziale Einrichtung für Wohnungslose aufgenommen worden war. 2022 flog er dort wieder raus. „Er hatte das Herz auf der richtigen Seite, aber die Krankheitsproblematik war zu groß.“ Als eine Psychiaterin die Zeugin fragte, ob der Angeklagte neben Heroin und Alkohol noch mehr konsumiert habe, antwortete sie: „Alles.“
Zu Prozessbeginn am 10. Juni hatte der 37-Jährige erklärt, dass er sich nicht daran erinnere, warum der Streit eskaliert sei. „24/7 waren wir zusammen, haben zusammen geweint, haben zusammen gelacht“, sagte er.
Der Prozess ist bis 25. Juli terminiert.