Bochum-Mitte. In der Bochumer City gibt es künftig einen Laden weniger für nachhaltige Sachen. Warum die Inhaberin ihr Geschäft aufgab – und was sie ärgert.

Zum Schluss gab es Tage, da ist Arwen Takacs mit 20 oder 40 Euro in der Kasse nach Hause gegangen. Es gab Tage, da hat sie die Nacht im Laden durchgearbeitet und trotzdem kamen tagsüber immer weniger Kunden. Und solche Tage, als sie von befreundeten Unternehmern erfahren hat: Ich werde meinen Laden schließen

„Final ist die Entscheidung dann im März gefallen, dass ich meinen Laden auch zumache“, sagt die Inhaberin des Concept-Stores „Kata.lin“, der sich auf der Bochumer Huestraße befand. Neben nachhaltigen Körperpflegeprodukten, Geschenkartikeln und kleinen Gaumenfreuden gab es hier vor allem eins: nachhaltige Mode. 

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Kundenzahlen seit Mitte 2023 zurückgegangen

„Schon seit Mitte 2023 sind die Kundenzahlen immer weiter zurückgegangen“, blickt Takacs zurück. Sie hat mehrere Erklärungen dafür. „Viele Kunden müssen aktuell sparen. Da fangen viele bei sich selbst an“, sagt sie. Wenn es Seife auch für Cent-Beträge im Drogeriemarkt gebe, warum dann 10 Euro für ein handgemachtes, nachhaltiges Produkt ausgeben?

„Ich habe das Gefühl, dass die Nachhaltigkeit in Bochum gerade wieder wegrutscht“, fürchtet Takacs. 2022 sei noch ein gutes Jahr gewesen, obwohl da die Energiekosten dramatisch stiegen. Erst als die Nachzahlungen kamen, hätten sich viele immer weiter eingeschränkt. „Das Weihnachtsgeschäft 2023 ist fast ganz ausgeblieben. Wenn man dann mitkriegt, wie andere Läden schließen, sendet das natürlich auch ein Signal der Unsicherheit“, blickt die Bochumerin zurück.

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Traum vom eigenen Geschäft ist für Bochumerin geplatzt

Ihr Ziel sei es nie gewesen, Menschen etwas aufzuquatschen. „Ich habe in meiner Beratung auf Ehrlichkeit gesetzt anstatt den schnellen Gewinn“, sagt sie. Ausgezahlt hat sich das zum Schluss leider nicht mehr. „Das Problem zieht sich durch die gesamte Nachhaltigkeits-Branche“, beobachtet sie. Manche Labels hätten sie irgendwann gar nicht mehr beliefern können. 

Dass ihr Traum vom eigenen Laden geplatzt ist, ist für die Bochumerin nur schwer zu glauben. Noch 2022, kurz nach Ladeneröffnung war sie trotz Corona-Krise zuversichtlich gewesen: „„Es gibt keinen schlechten Zeitpunkt, um sich selbstständig zu machen. Es gibt nur schlechte Ideen.“

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Ein Arbeitspensum wie drei Vollzeitjobs – trotzdem blieb nicht genug übrig

Umso größer ist die Enttäuschung nun. „Ich habe alle Entbehrungen auf mich genommen, weil es mein großer Wunsch war“, berichtet sie. Ein Arbeitspensum wie drei Vollzeitjobs oder dauerhafte Erreichbarkeit auch im Urlaub – Takacs hat das gerne gemacht. „Die Kleidung hat aber den Hauptteil der Einnahmen ausgemacht, von den Mitnehm-Artikeln allein konnte ich zum Schluss nicht mehr leben“, sagt sie.

Auch Freundin und Unternehmerinnen-Kollegin Justine Spalik vom Seifengeschäft „Makery.care“ im Bermuda-Dreieck spürt die unsichere Stimmung unter Unternehmern. „Man fühlt sich allein gelassen und hat das Gefühl, dass Vorschriften und Regeln oft die Falschen treffen“, sagt sie. 

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Ärger mit dem Bochumer Ordnungsamt

Ein Ereignis ist ihr dabei besonders sauer aufgestoßen: „Als ich an einem verkaufsoffenen Sonntag geöffnet habe, stand prompt das Ordnungsamt im Laden und hat mich darum gebeten, sofort zu schließen“, erinnert sie sich. Der Grund dafür: Die Innenstadt beginne erst 10 Meter weiter, Spalik dürfe gar nicht öffnen. Auch eine Anhörung zum Bußgeldbescheid ist inzwischen eingetrudelt, theoretisch drohen mehrere tausend Euro Strafe. 

„Und da heißt es seitens der Stadt: Wir gehen mit unseren Unternehmern Hand in Hand und unterstützen den Einzelhandel“, ärgert sich die 41-Jährige. Ans Aufgeben denkt sie aktuell nicht: „Ich habe keine andere Wahl, ich lebe für mein Geschäft“, sagt sie.

Takacs hat sich bereits umorientiert, jobbt als Auszeit zunächst in einem Café und einem Bekleidungslabel. „Vielleicht finde ich eine neue Erfüllung in der Modebranche oder probiere mich im Tätowierbereich aus“, überlegt sie aktuell. „Kata.lin“ trägt sie weiterhin bei sich: Es ist schließlich ihr zweiter Vorname. 

Bislang 20 Schließungen im Jahr 2024

Laut Daten der Bochumer Wirtschaftsentwicklung hat es in der Bochumer Innenstadt im vergangenen Jahr insgesamt 28 Schließungen bzw. Auszüge gegeben. Bis Ende Juni 2024 gab es bereits 20 davon.

Allerdings gab es 2023 auch 41 Eröffnungen bzw. Einzüge, im jetzigen Jahr zählt die Wirtschaftsentwicklung bislang 19 davon. Die aktuelle Leerstandsquote liegt den Angaben zufolge bei sieben Prozent. Vor Corona seien es elf Prozent gewesen, heißt es.