Bochum. Nach mehr als acht Wochen Schriftverkehr hat Marc Wiemer (51) aus Bochum grünes Licht für seine Hochzeit. So kam es zum glücklichen Ende.

  • Update, 15. Juni 2024: „Endlich Unterlagen, die dem Standesamt reichen“ – nach mehr als acht Wochen und einigem Schriftverkehr mit den norwegischen Behörden hat die Geschichte ein Happy End: Marc Wiemer und Julia Dieckerhoff können heiraten, die Eheschließung ist nun für den 30. August angemeldet. Wiemer hat per Briefpost bei der norwegischen Steuerbehörde Skatteetaten eine ID beantragt und zugeschickt bekommen. Mit dieser konnte er dann wiederum einen Login-Code beantragen, der ebenfalls per Briefpost zugeschickt wurde. Letzten Endes konnte er damit einen aktuellen Auszug aus dem Geburtenregister anfordern und dem Standesamt vorlegen. Dies alles habe mehr als acht Wochen gedauert, acht Wochen Bangen, ob es wohl klappt. „Kein schöner Einstieg“, sagt Wiemer, aber nun hofften er und seine Freundin, „dass alles gut wird und der Rest gutgeht“.
  • Lesen Sie im Folgenden die Geschichte, warum die Hochzeit des Bochumer Paares auf der Kippe stand:

„Eine Hochzeit“, sagt Marc Wiemer, „soll doch was Schönes sein!“ Und eigentlich ist da doch so viel Vorfreude: Nach sieben Jahren Beziehung wollen der 51-Jährige und seine Freundin Julia Dieckerhoff heiraten. Ein Termin im August soll es sein, das Paar plant eine Feier mit 30, 40 Gästen. Allein: Das Bochumer Standesamt will seine Geburtsurkunde nicht anerkennen. „Ja, dann können Sie halt nicht heiraten“ – dieser Satz soll gefallen sein, der Bochumer ist immer noch baff darüber.

Wiemer ist am 21. Juli 1972 in Trondheim, Norwegen, geboren. Seine Oma mütterlicherseits ist Norwegerin, die Familie kurz vor seiner Geburt in deren Heimat gezogen. Zwei Jahre später geht es zurück nach Deutschland. Marc Wiemer hat nie die norwegische Staatsbürgerschaft besessen, ist Deutscher, bekommt hier Papiere wie Kinderausweis, später Personalausweis und Reisepass.

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„Dann können Sie halt nicht heiraten!“ – Bochumer ratlos
Marc Wiemer vor dem Bochumer Rathaus: Der 51-Jährige möchte seine langjährige Freundin heiraten, das Standesamt aber erkennt die Geburtsurkunde aus Norwegen nicht an. © WAZ Bochum | Sarah Kähler

Heiraten in Bochum: Geburtsurkunde muss beglaubigt übersetzt werden

Mit seiner norwegischen Geburtsurkunde gingen Wiemer und Dieckerhoff zum Standesamt in Bochum, wollten dort die Eheschließung anmelden. Die Beamtin habe ihn noch einmal weggeschickt. Auf Norwegisch könne sie das Dokument nicht lesen, er möge es übersetzen lassen.

So steht es auch in den Anforderungen, die Heiratswillige auf der Homepage der Stadt Bochum finden: „Sollten Sie im Ausland geboren sein, benötigen wir eine internationale Geburtsurkunde oder eine Geburtsurkunde mit beglaubigter Übersetzung.“ Wiemer erledigte seine Hausaufgaben, marschierte mit der beglaubigten Übersetzung seiner Dokumente erneut zum Standesamt.

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Geburtsurkunde aus Norwegen enthält keinen Namen

Diesmal habe ein anderer Mitarbeiter seinen Fall bearbeitet. „Alles gut soweit“, soll der gesagt haben, er müsse aber noch mal kurz Rücksprache halten. Dann kommt er zurück. Das Dokument könne er so nicht akzeptieren, das bräuchten sie noch mal neu.

Der Teufel steckt, wie so oft, im Detail: „In der Geburtsurkunde steht mein Name nicht“, erzählt Wiemer. „Ikke valgt“ – „nicht vergeben“, ist im Namensfeld des „Fødselsattest“ vermerkt. In Norwegen sei das nicht selten, erklärt der 51-Jährige. Dort würden die Namen erst nach der Taufe aktenkundig.

„Dann können Sie halt nicht heiraten!“ – Bochumer ratlos
Marc Wiemer mit seiner Geburtsurkunde aus Norwegen. Den Namen seiner Mutter und die Unterschrift des norwegischen Beamten haben wir unkenntlich gemacht. Das Dokument hat er beglaubigt übersetzen lassen – kommt aber trotzdem nicht weiter. © WAZ Bochum | Sarah Kähler

Stadt Bochum fordert aktuelles Dokument aus Norwegen

Zusätzlich zur Geburtsurkunde auf dem dünnen, leicht vergilbten Papier hat der selbstständige Tätowierer deshalb weitere Dokumente vorgelegt: Eine Bestätigung der Polizeikammer Trondheim aus dem Oktober 1973, dass es sich bei dem am 21. Juli 1972 geborenen namenlosen Kind um ihn handelte. Auch sie hat er beglaubigt übersetzen lassen.

Außerdem hat ihm am 18. März die Königlich-Norwegische Botschaft gleich zweierlei attestiert: Dass es in Norwegen „üblich“ sei, „dass die Geburtsurkunde ohne Namen sind“, heißt es in dem Schreiben. Und dass beigefügte Geburtsurkunde und Taufschein Herrn Wiemer gehörten.

„„Ich habe meinen Pass – woher denn? Ich will doch nur heiraten!““

Marc Wiemer aus Bochum ist ratlos

Der Stadt aber reicht das nicht. Er solle bei der norwegischen Finanzbehörde Skatteetaten, die auch fürs Geburtsregister zuständig ist, einen aktuellen Auszug besorgen. „Da ich kein norwegischer Staatsbürger bin, habe ich keine ID dort, keinen Zugriff auf die Online-Dienste“, sagt Wiemer. Er wisse nicht mehr weiter.

Was der 51-Jährige nicht versteht: Für all seine Papiere in Deutschland haben seine Dokumente gereicht, er lebte früher in einer anderen Stadt, dort haben die Ämter sie anerkannt. „Ich habe meinen Pass – woher denn?“ Er fühlt sich verloren zwischen den Behörden. „Ich will doch nur heiraten“, sagt er.

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Letzter Versuch: Ein Brief an die norwegische Behörde

Die Stadt Bochum kommentiert den Fall unter Verweis auf den Datenschutz nicht. Stadtsprecherin Tanja Wißing teilt auf WAZ-Anfrage mit: „Wir stehen im Kontakt mit der Botschaft, um zu klären, wie die erforderlichen Dokumente aus Norwegen beschafft werden können, und sind zuversichtlich, dass wir rechtzeitig eine Lösung haben.“

Marc Wiemer und seine Verlobte haben derweil selbst noch einen Versuch gestartet: Mit Hilfe seiner Mutter haben sie einen Brief an Skatteetaten geschickt und einen aktuellen Auszug aus dem Geburtenregister gebeten.

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