Bochum. In „Das Raunen der Sammlung“ zeigt das Kunstmuseum Bochum 200 Grafiken aus dem eigenen Fundus. Ein unterhaltsamer Ritt durch die Kunstgeschichte.
Grafiken aus der eigenen Sammlung zeigt das Kunstmuseum Bochum in einer neuen Ausstellung, die am Freitag, 6. Mai, eröffnet wird. Was sich auf den ersten Blick wenig spektakulär anhört, ist bei näherer Betrachtung ein wahres Fest für jeden Kunstfreund.
Wohl selten zuvor wurden so viele völlig verschiedene Zeichnungen und so viele unterschiedliche künstlerische Positionen auf einmal eingefangen wie in dieser Sammelschau – und ökologisch nachhaltig gedacht ist das aufwendige Projekt obendrein: Denn für die Realisierung mussten keine Bilder um die Welt geflogen werden. Sämtliche Werke sind bereits vorhanden – in den faszinierenden Tiefen der städtischen Kunstsammlung.
Letzte Ausstellung für Sepp Hiekisch-Picard
Der erste Teil von „Das Raunen der Sammlung“ wird am Freitag, 6. Mai, um 19 Uhr im Kunstmuseum, Kortumstraße 147, eröffnet. Noor Mertens und Sepp Hiekisch-Picard geben eine Einführung. Zu sehen ist die Ausstellung bis 12. Juni.Nach einer zweiwöchigen Umbaupause wird der zweite Teil am 25. Juni mit einem Sommerfest eröffnet. Dies ist übrigens das letzte Ausstellungsprojekt von Sepp Hiekisch-Picard, der Ende Juni nach fast 40-jähriger Tätigkeit fürs Kunstmuseum in den Ruhestand geht.
Ausstellung wird am Freitag im Kunstmuseum Bochum eröffnet
„Das Raunen der Sammlung“, so der spitzfindige Titel, ist als längerfristiges Projekt angelegt. Zwei große Ausstellung in den weitläufigen Hallen des ersten Stocks sind zu diesem Thema geplant. Der erste Teil wird am Freitag eröffnet. Der zweite Teil folgt Ende Juni, wenn die Ausstellung noch einmal komplett neu gedacht und umgehängt wird.
Dabei können die Verantwortlichen um Museumsleiterin Noor Mertens auf einen schier endlosen Fundus an Zeichnungen und Grafiken zurückgreifen, die in der eigenen Schatzkammer schlummern. Über 4000 solcher Arbeiten von 1900 bis in die Gegenwart besitzt die Stadt Bochum, die teils über Jahrzehnte ausgesucht und angekauft wurden. Einiges wurde dem Museum auch als Schenkung überlassen. Dabei sind Werke prominenter Künstler wie Marc Chagall und Pablo Picasso ebenso vertreten wie Arbeiten aus der lokalen und regionalen Kunstszene.
Sammlung reicht zurück bis in die 1920er Jahre
Ihren Ursprung hat die Bochumer Kunstsammlung bereits in den 1920er Jahren, doch erst nach dem Zweiten Weltkrieg nahm die Sammelleidenschaft größere Fahrt auf. Zu verdanken ist dies vor allem dem ehemaligen Vorsitzenden des Künstlerbundes, Heinrich Döhmann, der ab 1952 mit dem Erwerb von Kunstwerken beauftragt wurde und dies bis zur Ernennung des ersten Museumsdirektors Peter Leo im Jahr 1960 auch leidenschaftlich tat. „Damals wurden einige spannende Sachen angekauft“, sagt Sepp Hiekisch-Picard, der stellvertretende Leiter des Kunstmuseums.
Groß war das Interesse damals auch, eine riesige Sammlung bekannter Expressionisten zu übernehmen, was aber im letzten Moment schief ging. „Da hat die Stadt echt eine Chance verpasst, denn die Sammlung wäre fast geschenkt gewesen“, sagt Hiekisch-Picard. Heute findet man sie zu Teilen im Museum Ostwall in Dortmund.
Grafiken und Zeichnungen aus aller Herren Länder
Ab den 1960er Jahren wuchs stattdessen vor allem die Sammlung im Papierbereich: Grafiken und Zeichnungen aus aller Herren Länder gingen nach Bochum und landeten hier in Passepartouts sicher verpackt in diversen Schubladen. Etwa 4000 Werke sind es bis heute: etwa von amerikanischen, südamerikanischen oder osteuropäischen Künstlern.
All dies nun erstmals gemeinsam (zumindest in Auszügen) zu präsentieren: Daran wird im Kunstmuseum gerade mit Hochdruck gearbeitet. Rund 200 Werke finden Eingang in den ersten Teil der Ausstellung, aufgeteilt werden sie in vier verschiedene Themenbereiche wie Körper, Krieg, Utopie und Dystopie. Der Eingangsbereich ist Arbeiten aus dem Böhmischen Symbolismus gewidmet.
Werke bieten eine erstaunliche Vielfalt
Auch interessant
Sepp Hiekisch-Picard, der mit der Sammlung seit Jahren vertraut ist, und die neue Direktorin Noor Mertens, die all die Schätze erst langsam kennenlernt, haben sich gemeinsam an die Arbeit gemacht, die unzähligen Blätter zu sichten, zu fotografieren und für die Ausstellung sinnvoll zusammenzusetzen. „Das war schon eine echte Herausforderung“, sagt Noor Mertens, „aber es sind auch unglaublich viele Entdeckungen dabei.“
Die Werke sind thematisch (nicht chronologisch) gruppiert und sollen eine bunte Vielfalt bieten. So hängen hier bewusst echte Weltstars direkt neben eher unbekannteren Künstlern. Vor allem der Teil zu „Krieg und Frieden“ im hinteren Teil der Ausstellung gewinnt angesichts der aktuellen Lage in der Ukraine erschreckende Aktualität.
Der Titel „Das Raunen der Sammlung“ ist dann auch wörtlich zu verstehen. Wenn all die Werke, die hier zusammenkommen, miteinander sprechen könnten: Was wäre das für ein Geschnatter!