Bochum. Von Andy Warhol bis zur Karnevalsparty: Zehn Dinge, die den Bochumer Musentempel zu etwas Besonderem machen. Und wie viel ist die Sammlung wert?
Die Eigene Sammlung wurde eben neu eröffnet, dazu gesellt sich die aktuelle Ausstellung „Erde“ des international berühmten Bildhauers Abraham David Christian. Bochum kann stolz sein auf sein Kunstmuseum. Hier wird verraten, was es so besonders macht.
1. Seit wann gibt es das Bochumer Museum überhaupt?
Schon vor dem Krieg wurde in Bochum Kunst ausgestellt, gleichwohl gilt als Geburtsstunde der städtischen Kunstgalerie das Jahr 1960. Sie zog in die Villa Marckhoff-Rosenstein am Stadtpark ein. Schon zehn Jahre später war die Sammlung so angewachsen, das die Galerie zu Museum aufgewertet wurde. Weitere zehn Jahre später kam der Neubau (Entwurf: Jørgen Bo und Vilhelm Wohlert) dazu, der 1983 eröffnet wurde. Der strenge Bau mit seiner braunen Fassade gilt als herausragendes Beispiel der Museumsarchitektur der letzten 40 Jahre.
2. Was hat es mit der Museumsvilla auf sich?
In der Doppelvilla ist heute die Eigene Sammlung des Kunstmuseums zu Hause; das Gebäude wurde 1900 im Stil des Historismus erbaut und von den Familien Rosenstein und Marckhoff bewohnt. Angeblich ist die auffällige Stirnseite der (alten) Pariser Oper nachempfunden sei; das stimmt aber nicht. In Wirklichkeit war der Bau des Schaaffhausen’schen Bankvereins in Köln Vorbild. Warum? Diese Bank spielte 1854 bei der Gründung des „Bochumer Vereins für Bergbau und Gußstahlfabrikation“ eine Rolle.
3. Was macht die Bochumer Sammlung besonders?
Eine Spezialität des Kunstmuseums ist der Blick nach Osteuropa, den Gründungsdirektor Peter Leo bereits zur Zeit des Eisernen Vorhangs wagte. Er sammelte neben den westeuropäischen Zeitgenossen Kunst aus Polen, der Tschechoslowakei und Jugoslawien. Der zweite Direktor Peter Spielmann dehnte das Spektrum auf internationale (Gegenwarts-)Kunst aus. Exemplarische Beispiele wurden in die neu gestaltete Eigene Sammlung integriert.
4. Wieviel Kunst ist im Museum versammelt?
Der Bestandskatalog listet über 5.000 Werke auf, die außerhalb der Eigenen Sammlung nur wenig gezeigt werden. Vielmehr wird auf Wechselausstellungen internationaler Künstler gesetzt. Sie befassen sich oft mit der Beziehung zwischen der bildenden Kunst, anderen Kunstformen, der Religion oder den Wissenschaften. Die Idee dahinter: das Globale mit dem Lokalen zu verbinden. Und dabei ein gesellschaftlich kritischer, unangepasster Ort zu bleiben.
5. Welches ist das berühmteste Kunstwerk?
Die Frage kann man so nicht beantworten, die „Mona Lisa“ hängt hier jedenfalls nicht. Worüber sich viele einigen können ist, dass es mindestens fünf Werke gibt, die außergewöhnlich sind: Ernst Ludwig Kirchners expressionistisches Doppelgemälde „Gebirgslandschaft/Lawine“, Andy Warhols „Joseph-Beuys“-Siebdruck, Francis Bacons „Liegende Figur“, Gerhard Richters „Bildnis Helmut Klinker“ und Henry Moores Bronze-Skulptur „Helmkopf“.
6. Was ist die Sammlung wert?
Taxiert wird der Wert aller Kunstgegenstände auf 64 Millionen Euro. Eine sagenhafte Summe; umgerechnet 12.800 Euro wäre damit jedes der 5.000 Objekte wert. Welche die teuersten Bilder sind, wird geheim gehalten. Aus Sicherheitsgründen, um Diebstahl und Zerstörung nicht Vorschub und leisten.
7. Wieso leuchtet nachts ein blauer Lichtbogen am Museum?
Hier handelt es sich um eine Neon-Lichtskulptur des bedeutenden Künstlers François Morellet (1926-2016), die 2010 angebracht wurde. Die „Skyline“ besteht aus einem die Fassade überspannenden Kreissegment, das gedanklich zu einem Gesamtradius von 69 (!) Metern ergänzt werden kann. Auffällig: An Stelle der Lichtreflexion tritt die Lichtquelle selbst. Erst das macht die „Skyline“ zum Kunstobjekt.
8. Was ist das für ein „Ding“ rechts neben dem Museum?
Das ist die in Beton gegossene Skulptur „Olympia-Hymne“, eine ehemalige Fleischtheke, die der Künstler Wolf Vostell fluxusmäßig verfremdet hat. Sie entstand 1972, im Jahr der Olympischen Spiele in Deutschland. Daher der klingende, aber natürlich auch ironische Titel.
9. Stimmt es, dass das Kunstmuseum ein Karneval-Hotspot war?
Ja! Nachts im Museum fanden über Jahre Karnevalspartys statt, der „Mummenschanz“ war legendär. In den 80ern als Künstler-Ball erfunden, wurde er seit der Jahrtausendwende zum Kult-Event für alle, die kreativ Party machen wollten. Motto: Kostüme: ja! Karnevalsmusik: nein! 2017 ging der letzte „Mummenschanz“ im Museum übers Parkett.
10. Wann ist im Museum am meisten los?
Abgesehen von den Ausstellungseröffnungen (Vernissagen), die – wenn nicht gerade Corona herrscht – zum Teil mehrere hunderte Besucher anziehen, ist der Museum überraschenderweise in den Mittagsstunden am besten besucht. Der statistische Besucher-Peak liegt zwischen 13 und 14 Uhr. In der Regel verbringen Menschen bis zu 1,5 Stunden im Kunstmuseum Bochum.
Info: Öffnungszeiten und Eintrittspreise
Das Kunstmuseum Bochum befindet sich an der Kortumstraße 147, direkt gegenüber dem Eingang zum Stadtpark.
Die Öffnungszeiten sind aktuell Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr. Wegen der Corona-Vorsichtsmaßnahmen können zurzeit nur 50 Personen im Museum aufhalten.
Während der Pandemie erhebt das Kunstmuseum für den Besuch keinen Eintritt. Alle Infos auf www.kunstmuseumbochum.de