Dortmund. Timm Ulrichs fehlte in der Fluxus- und Dada-Sammlung des Dortmunder Museums Ostwall. Nun besitzt es ein Konvolut von fast zwei Dutzend Werken.

Timm Ulrichs (81) gehört seit den frühen 60er-Jahren zu den markantesten, eigenwilligsten Figuren der deutschen Fluxus-, Neodada- und Konzeptkunstbewegung. Und obwohl das Dortmunder Ostwall-Museum genau hier den Schwerpunkt seiner Sammlung hat, waren Werke von Ulrichs äußerst rar darin.

Waren. Bislang. Denn in einer Art Coup ist dem Ostwall-Museum gelungen, ein Konvolut aus 26 Werken an Land zu ziehen – in einer Mischung aus Erwerbungen und Schenkungen von Seiten des Künstlers. Dazu gehören etwa die Serie „Die Welt im Wohnzimmer“ aus 50 Fotos, die zeigen, was Menschen auf Fernsehern stehen haben (oder stehen hatten, als die Bildschirme noch nicht flach waren). Das ist eine Mischung aus Alltagsarchäologie und bissigem Kommentar. Wir sehen Blumen und Heiligenfiguren aller Art, Piraten und Pandas, Elefanten und Schwäne aus Porzellan und Plastik, Teddies, Uhren, Wecker, ganze Hühnerfamilien und Hygrometer, Flugzeugmodelle und Kruzifixe. Die Pokal-Vase wird ergänzt durch ein Fußballspiel im Fernseher, ein erotisches Paar aus Holz durch ein nacktes Ferkel auf dem Bildschirm, ein kitschiger Friedensengel durch einen Gewehrschützen in Farbe.

Timm Ulrichs, seine Augenlid-Tätowierung und der „Künstlerhaarpinsel“

Heiter bis ironisch ist Ulrichs immer geblieben – und er hat nie vor Körpereinsatz zurückgeschreckt, vom „Künstlerhaarpinsel“, der mit noch nicht ergrautem Material vom eigenen Haupt bestückt wurde, bis zur Augenlid-Tätowierung „The End“ aus dem Film-Abspann aus den 80ern, von denen in Dortmund ein Foto zeugt.

Als ein zentrales Werk aber darf das Multiple „Bildrückseitenbild“ gelten, das zwischen 1961 und 1968 entstand: Hinten ein Bilderrahmen von hinten – und vorn ein Foto von einem Bilderrahmen von hinten! Und eine Schachtel voller Stecknadeln ist wunderbarer Weise erklärt mit der Aufschrift „Konzert der fallenden Stecknadeln“. Heitere Kunst mit Köpfchen – heute auch im Schaufenster des Museums Ostwall zu sehen.