Bochum. Bis Mitte 2026 soll der Vertrag des Intendanten am Schauspielhaus Bochum verlängert werden. Wir blicken zurück auf Highlights und echte Gurken.
Um drei Jahre wird der Vertrag des Bochumer Intendanten Johan Simons verlängert, so erfuhr es die WAZ vorab. Somit wird der 75-jährige Niederländer die Geschicke des Schauspielhauses bis mindestens Mitte 2026 leiten. Wie so oft während seiner turbulenten, aber niemals spannungsarmen Intendanz sind die Reaktionen darauf gemischt: Während viele Simons-Fans den kommenden Jahren freudig entgegen blicken, sind all jene, die sich einen nahenden Generationenwechsel am Theater gewünscht hätten, enttäuscht.
Mit seinen oftmals schwer zugänglichen Inszenierungen und vielen sperrigen Stücken auf dem Spielplan hat Johan Simons so manche vor allem ältere Theatergänger verprellt. Wir blicken auf die größten Tops und Flops der letzten dreieinhalb Jahre.
Top: Hamlet
Als Simons Bochumer Meisterstück gilt nicht seine „Penthesilea“, die echte Ausdauer forderte, sondern sein „Hamlet“. Und dies gar nicht unbedingt wegen Theaterstar Sandra Hüller in der Titelrolle, die natürlich eine Bank war, sondern vor allem wegen eines wunderbar homogenen Ensembles um sie herum. Das muss man Johan Simons schon lassen: Wie er aus den vielen Schauspielern aus aller Herren Länder eine eingeschworene Truppe geformt hat, verdient Respekt. Der Lohn: Viel Kritikerlob und die erste Einladung zum Berliner Theatertreffen seit 20 Jahren (wieder am 11.2.).
Flop: Die Philosophie im Boudoir
Für den bislang größten Aufreger der Simons-Intendanz sorgte nach nur wenigen Monaten Regisseur Herbert Fritsch mit „Die Philosophie im Boudoir“ nach dem Skandal-Roman des Marquis de Sade. Nicht wenige Zuschauer verließen den Saal fluchtartig. Soviel Ekel und Perversion mag man auf der Bühne einfach nicht erleben, obwohl ja bekanntlich nie etwas gezeigt wurde. Auf Fritschs schon lange angekündigten nächsten Streich, das Musical „Herbert“ mit Songs von Herbert Grönemeyer, warten wir noch immer.
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Top: Das neue Leben
Wer es nicht gesehen hat: Es ist sagenhaft – und wirkt lange nach. Mit „Das neue Leben“ stellte sich Regisseur Christopher Rüping zu Beginn dieser Spielzeit vor. Seine Inszenierung hat eine ungeheure Leichtigkeit, sie ist spielerisch und hervorragend besetzt. Rüping steht für eine junge Regie-Generation, die neben den gewohnt harten Aufführungen des Hausherrn künftig für wesentlich frischeren Wind am Haus sorgen soll. Allein im Februar sind neue Stücke von vier jungen, höchst unterschiedlichen Regisseurinnen und Regisseuren geplant – eine gute Nachricht (wieder am 14./15.1. und 13./20.2.).
Flop: Alle Jahre wieder
Direkt das erste Familienstück entfachte Ende 2018 eine heftige Debatte. Wie „kindgerecht“ muss eine solche Aufführung sein? Nach den vielen grundsympathischen Weihnachtsmärchen in den Jahren zuvor glich die Aufführung diesmal eher einer intellektuellen Stückentwicklung. „Meine Fünfjährige hat noch kein Abitur“, bemerkte jemand in einem Leserbrief in der WAZ ganz passend. Um den Sinn und Unsinn dieser Inszenierung gab es am Ende sogar eine energisch geführte Podiumsdiskussion, was eindrucksvoll zeigt: Den Bochumern ist ihr Theater nicht egal.
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Top: Die unendliche Geschichte
Dass Weihnachtsstücke auch hervorragend funktionieren können, zeigte sich im vergangenen Herbst mit der „Unendlichen Geschichte“ nach dem ewig schönen Jugendbuch von Michael Ende. So viel Bühnenzauber, Musik, Spaß und Lust am Schabernack hat man schon lange nicht gesehen, verpackt in opulenten drei Stunden Spiellänge und garniert mit mindestens 1000 schillernden Ideen von Regisseurin Liesbeth Coltof, die im Frühsommer ein großes neues Stück auf dem Theatervorplatz plant. Sämtliche Vorstellungen waren ausverkauft, zumindest nach Corona-Regeln (letztmals am 23./24.1.).
Flop: Ein Fest für Mackie
Insgeheim muss man immer noch schmunzeln, wenn man an diese so herrlich vergurkte Aufführung im Musikforum denkt. Die erste Zusammenarbeit von Schauspielern und Symphonikern in 100 Jahren sollte Ende 2019 eine saftige Komödie mitten aus dem Kohlenpott werden. Doch was man schließlich zu sehen bekam, war ein an Langeweile kaum zu überbietendes Singspiel. Das Publikum war merklich auf Krawall gebürstet, Buh-Rufe für Simons und Steven Sloane. Nach vier Vorstellungen war Schluss.