Bochum. Trotz Corona ist der Ausbildungsmarkt in Bochum relativ stabil. Allerdings: Noch sind 347 Jugendliche unversorgt. Die Nachvermittlung geht weiter.
Trotz Corona ist die Zahl der bei der Agentur für Arbeit gemeldeten Ausbildungsstellen in Bochum in diesem Jahr fast stabil gegenüber dem Vorjahr. Das Bewerber-Stellen-Verhältnis hat sich statistisch sogar verbessert. Aber die Vermittlung von Lehrstellen für das laufende Ausbildungsjahr ist noch nicht beendet.
Insgesamt haben sich seit Beginn des Berufsberatungsjahres im Oktober 2019 bis zum Bilanzschluss Ende September dieses Jahres 2402 Bewerber auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz bei der Agentur für Arbeit gemeldet. Das sind gegenüber dem Vorjahr 171 Jugendliche oder 6,6 Prozent weniger. Die demografiebedingt sinkende Zahl der Schüler in den Abschlussklassen zeigt sich von Jahr zu Jahr deutlicher. Gegenüber den gemeldeten Bewerbern stehen derzeit 2195 betriebliche Ausbildungsstellen. Im Vergleich zum letzten Berufsausbildungsjahr ist das ein Rückgang um 80 Ausbildungsstellen oder 3,5 Prozent.
Besseres Bewerber-Stellen-Verhältnis
Rein rechnerisch kommen damit derzeit auf 100 Bewerber 91 Ausbildungsstellen. Im Jahr zuvor waren es nur 88 Stellen. Damit verbessert sich der Ausbildungsmarkt trotz Corona.
Dennoch, viele Unternehmen sind mit der Besetzung ihrer Ausbildungsstellen noch im coronabedingten zeitlichem Verzug. So gibt es aktuell noch immer 212 unbesetzte Ausbildungsstellen. Im Vergleich zum Vorjahr sind das 13,1 Prozent mehr unbesetzte Stellen. Die Anzahl der unversorgten Bewerber ist mit noch 347 Jugendlichen (71,8 Prozent) derzeit noch ungleich höher.
Robuste Wirtschaftslage in Bochum
Alle Beteiligten des Bochumer Ausbildungspakts betonen, wie wichtig die nachträgliche Lehrstellenvermittlung besonders in diesem Jahr ist. „In Anbetracht der Coronakrise haben wir in Bochum nicht nur einen stabilen Ausbildungsmarkt erhalten können, sondern die Bewerber-Stellen-Relation konnte sogar deutlich verbessert werden. Dies zeigt, die Bochumer Wirtschaftslage ist robust und die Unternehmen setzen auf die Zukunft mit Ausbildung“, so Arbeitsagentur-Chef Frank Neukirchen-Füsers.
Bochums Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) verweist auf die eigenen Anstrengungen der Stadtverwaltung: „Die Wirtschaft braucht Fachkräfte. Und die kriegt man am besten, indem man sie selber ausbildet. Auch bei der Stadtverwaltung: 150 Nachwuchskräfte haben in diesem Jahr ihre Ausbildung begonnen und in 2021 stellen wir ebenso viele ein. Der Fachkräftemangel bleibt gerade in der Zeit der Corona-Pandemie eine große Herausforderung. Deshalb ist es wichtig, den Ausbildungsmarkt zu stabilisieren und ein deutliches Zeichen zu setzen.“
Corona verschiebt den Fachkräftemangel nur
Dirk W. Erlhöfer, Hauptgeschäftsführer der Arbeitgeberverband, blickt bereits in die Zukunft: „Die allermeisten Unternehmen der Region haben sich zur eigenen Ausbildung bekannt und bilden auch in diesen – gerade auch für industriell geprägte Unternehmen – sehr schwierigen Zeiten aus. Das ist ein gutes Zeichen, denn die Pandemie wird uns nicht ewig im Griff haben. Der Auszubildende von heute ist die Fachkraft von morgen. Der Fachkräftebedarf - in manchen Berufen, Regionen oder Unternehmen auch bereits ein regelrechter Fachkräftemangel - hat sich durch die coronabedingten Einschränkungen nicht erledigt, ist durch Kurzarbeit und Restrukturierungsbedarf allenfalls aufgeschoben.“
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IHK-Hauptgeschäftsführer Eric Weik betont die Bedeutung von Berufswahl und -beratung: „Dass wir in den Sommermonaten in Bochum noch ein leichtes Plus bei den abgeschlossenen Ausbildungsverträgen im Vergleich zum Vorjahr hatten und Ende Oktober nun ein geringes Minus von drei Prozent feststellen müssen, zeigt dass einige Ausbildungsverträge in der Probezeit aufgelöst wurden. Dies dokumentiert, dass wir noch mehr Konzentration auf die Berufswahlorientierung richten müssen – was natürlich in Corona-Zeiten besonders schwierig war, weil viele Beratungsmöglichkeiten wegfielen.“
Das Beste aus der Situation machen
Derweil mahnt Kreishandwerksmeister Michael Mauer, sich nicht allzu viel mit Statistiken zu beschäftigen: „Es nützt kein Vergleich von Zahlen, denn jetzt heißt es einzig und allein: Das Beste aus der Situation machen. Meine Bewunderung gilt den jungen Menschen, die es gerade in dieser Zeit schaffen, ein hohes Maß an Flexibilität mitzubringen. Ebenso appelliere ich an die Unternehmen in ihrem Ausbildungsengagement nicht nachzulassen. Die Qualität im Handwerk ist ohne Qualität der Ausbildung kaum machbar.“
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Und DGB-Regionalchef Stefan Marx mahnt, dass aus dem Geschehenen der ersten Pandemiemonate jetzt gelernt werden muss und sagt: „Die Pandemie hat den Zugang zum Ausbildungsmarkt erheblich erschwert.“ Schulische Berufspraktika, Ausbildungsmessen und sonstige Angebote der Berufsberatung seien ersatzlos ausgefallen. Politik und Verbände müssten sorgsam bleiben, damit die junge Generation nicht die große Verliererin der Coronapandemie wird. „Dazu gehören auch neue Angebote und Bewerbungsverfahren für den kommenden Ausbildungsjahrgang 2021/2022.“ Außerdem müssten die gemeinsamen Anstrengungen im Bereich der beruflichen Orientierung – trotz der erheblichen Einschränkungen durch die Pandemie – fortgesetzt werden.
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