Essen. In NRW droht ein Rekord an unbesetzten Ausbildungsplätzen, noch sind 28.700 frei. Endspurt schwächelt im August. Arbeitsmarkt normalisiert sich.

Im Corona-Jahr drohen so viele Ausbildungsplätze wie nie unbesetzt zu bleiben. Im August waren in Nordrhein-Westfalen noch 28.700 angebotene Lehrstellen frei, rund 530 mehr als vor Jahresfrist, wie aus den am Dienstag veröffentlichten Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervorgeht. Dem standen 23.500 noch unversorgte Bewerber gegenüber. Vor einem Jahr blieben letztlich rund 10.000 Ausbildungsplätze unbesetzt, was den Fachkräftemangel vor allem im Handwerk weiter verschärfen wird.

Wie viele Betriebe in diesem vergeblich Nachwuchs suchen, wird sich aber erst am Jahresende zeigen, denn wegen der Corona-bedingten Verzögerungen können die Ausbildungen später starten. Die meisten freilich haben im August oder jetzt im September ihre Lehre begonnen. Torsten Withake, NRW-Chef der Bundesagentur, beschwört einen langen Endspurt: Die Jugendlichen hätten „in diesem Herbst noch viele Chancen für einen guten Einstieg in das Berufsleben“, betont er, und meint: „Alle jungen Menschen sollen ein passendes Angebot erhalten und einen guten Einstieg ins Berufsleben finden.“

Kleine Betriebe gehen oft leer aus

Das dürfte allerdings schwer werden, denn häufig finden Betriebe und Jugendliche nicht zusammen, vor allem kleinere Betriebe erhalten den Kammern zufolge auf viele Stellenangebote zuweilen nicht eine Bewerbung. Die verspäteten Abschlussprüfungen an den Schulen und die Pandemie-bedingte Zurückhaltung bei der Suche schieben auch auf dem Ausbildungsmarkt vieles nach hinten.

Doch den Bemühungen aller Beteiligten im NRW-Ausbildungskonsens zum Trotz hat die erhoffte Dynamik im August deutlich nachgelassen: Wusste Withake im Juli noch von spürbaren Nachholeffekten zu berichten, die sich in den Zahlen niederschlugen, hat sich die Tendenz im August gedreht: Es waren mehr Stellen unbesetzt als vor einem Jahr und mehr Bewerber unversorgt. Im Juli waren die Werte noch besser als im Vorjahresmonat.

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Große Probleme bei der Nachwuchssuche gibt es etwa auf dem Bau: Von den 7100 Lehrstellen sind noch 2900 unbesetzt – sieben Prozent mehr als vor einem Jahr. Ähnlich sieht es im Verkehrswesen und der Logistik aus. Im produzierenden Gewerbe gibt es insgesamt noch mehr als 6000 freie Lehrstellen, im Handel und Vertrieb gut 9000. Besonders der Lebensmittelverkauf in Bäckereien oder Metzgereien kann kaum Jugendliche für sich begeistern – von den 2900 Ausbildungsplätzen konnte bisher nicht einmal jeder zweite besetzt werden.

Arbeitsmarkt entwickelt sich im August besser

Gebessert hat sich im August dagegen die Lage am Arbeitsmarkt: Zwar stieg die Zahl der Arbeitslosen in NRW um 6.300 auf 799.900, doch im Sommer liegt das im Rahmen der saisonüblichen Entwicklung. Im Ruhrgebiet stieg die Zahl der Arbeitslosen leicht überdurchschnittlich um 2.300 Personen auf 268.600. „Die Dynamik am Arbeitsmarkt hat sich im August weitgehend normalisiert und lag wieder auf dem Niveau der Zeit vor der Corona-Virus-Pandemie“, sagte BA-NRW-Chef Withake. Besonders die Vermittlung laufe wieder normal: „So konnten im abgelaufenen Monat genauso viele Menschen eine Arbeit aufnehmen, wie vor einem Jahr.“

Auch die Zahl der Stellenangebote stieg wieder an – gegenüber Juli um gut 2000 auf 122.400. Das Ausmaß der Coronakrise zeigt sich aber im Vorjahresvergleich: Im August 2019 waren landesweit 44.600 Stellen mehr ausgeschrieben – ein gutes Viertel mehr als aktuell. Laut BA-Daten sind es vor allem das Gastgewerbe und die Logistik, die derzeit aufgrund ihrer aktuellen Probleme kaum einstellen.